Untersuchungen zur Selektivität der Wechselwirkungen von ausgewählten G-Protein-gekoppelten Rezeptoren mit nachgeschalteten Effektoren und deren pharmakologische Beeinflussung

Mit über 800 Vertretern im menschlichen Genom stellen GPCRs die größte Gruppe der Membranrezeptoren dar. Sie sind involviert in eine Vielzahl physiologischer Vorgänge und stellen mit über 30 Prozent der zugelassenen Arzneimittel, die an GPCRs angreifen, ein wichtiges Arzneistofftarget dar. Die Entwi...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Becker, Katharina
Beteiligte: Bünemann, Moritz (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2023
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Mit über 800 Vertretern im menschlichen Genom stellen GPCRs die größte Gruppe der Membranrezeptoren dar. Sie sind involviert in eine Vielzahl physiologischer Vorgänge und stellen mit über 30 Prozent der zugelassenen Arzneimittel, die an GPCRs angreifen, ein wichtiges Arzneistofftarget dar. Die Entwicklung selektiver Arzneimittel ist bei Adressierung der orthosterischen, meist evolutionär hochkonservierten Bindetasche innerhalb einer Rezeptorfamilie, eine große Herausforderung. Dementsprechend ist das Interesse der Forschung und Pharmaindustrie an der Untersuchung und Entwicklung von einerseits allosterischen Modulatoren, die an alternative, weniger konservierte Epitope binden und die Rezeptoraktivität modulieren können und andererseits von biased-Agonisten, die zu einer selektiven und präferierten Aktivierung eines Signalweges führen, stark angestiegen. Beide Arten von Liganden sollen zu einer Erhöhung der Selektivität von Arzneistoffen, einhergehend mit weniger unerwünschten Arzneimittelwirkungen führen. In den ersten Teilen dieser Arbeit lag das Augenmerk auf der allosterischen Modulation von Rezeptoren. Dabei war das Ziel in Zusammenarbeit mit verschiedenen Arbeitsgruppen neue allosterische Liganden am EndothelinB-Rezeptor (ETB) zu identifizieren und deren Wirkung auf den Rezeptor zu untersuchen. Dazu wurden die mithilfe von Docking (AG Kolb) identifizierten niedermolekularen Compounds, die überwiegend in die intrazelluläre G-Protein-Bindetasche des ETB-Rezeptors gedockt wurden, in verschiedenen FRET-basierten Assays auf eine mögliche Modulation der Rezeptoraktivität hin untersucht. Bisher konnte jedoch kein Compound mit einem ausreichenden Effekt auf die Rezeptorfunktion identifiziert werden, was die Komplexität der allosterischen Wirkstoffentwicklung widerspiegelt. Für ein Compound, AW12, welches zur allosterischen Modulation des M2-Rezeptors durch Bindung an die intrazelluläre Kavität entwickelt wurde, konnte hingegen eine Abschwächung der G-Protein-Bindung an den M2-Rezeptor nachgewiesen werden. In einem weiteren Teil dieser Arbeit wurde die funktionale Relevanz neu identifizierter, zuvor nicht adressierter, allosterischer Bindetaschen am M3-Rezeptor nachgewiesen. Dazu wurden Punktmutationen im Bereich der beiden Bindetaschen in den Rezeptor eingeführt. Es konnte sowohl eine Änderung der Affinität von Acetylcholin als auch eine Verminderung der Effektivität des Partialagonisten Arecolin in der G-Protein-Aktivierung nachgewiesen werden. Zusätzlich führten die Mutationen zu einer Verringerung der Effektivität von Acetylcholin in der Arrestin-Rekrutierung. Alle Mutationen in den Regionen der beiden Bindetaschen am M3-Rezeptor führten zu deutlichen Änderungen in der Funktion des Rezeptors, was suggeriert, dass die Rezeptorfunktion durch Bindung von allosterischen Modulatoren in diese zu dem Zeitpunkt noch nicht adressierten Bindetaschen beeinflusst werden kann. In einem weiteren Kapitel wurde der Orphan-Rezeptor GPRC5B näher untersucht. Mithilfe von FRAP-basierten Messungen konnte eine Interaktion der Rezeptoren, die eine Dimerisierung suggeriert, nachgewiesen werden. Hingegen konnte eine mögliche G-Protein-Kopplung des Rezeptors unter Nukleotid-freien Bedingungen nicht identifiziert werden. Die über 800 GPCRs im menschlichen Genom koppeln an nur 16 verschiedene Gα-Proteine, die in 4 Familien eingeteilt sind. Trotz jahrelanger Forschung konnte bisher kein Mechanismus der Kopplungsselektivität identifiziert werden. Die vermehrten Kristall- und Kryo-EM-Strukturen der Rezeptor-G-Protein-Komplexe in den letzten Jahren konnten zwar einen Einblick in die Interaktion von G-Protein und GPCR bringen, jedoch sind sie nur Momentaufnahmen eines komplexen Vorgangs. Auch zur Adressierung der G-Protein-Bindetasche durch allosterische Modulatoren ist ein Verständnis der Rezeptorstrukturen, die in die Interaktionen mit dem G-Protein und die Kopplungsselektivität maßgeblich beteiligt sind, von großem Vorteil. Im Rahmen dieser Arbeit wurden M2- und M3-basierte Rezeptorchimären erstellt und in FRET- und BRET-basierten Assays vermessen, um wichtige Rezeptorstrukturen der selektiven Bindung von Gαo und/oder Gαq zu identifizieren. Dabei konnten die unteren Abschnitte der Transmembrandomänen 5 und 6, wie auch der polybasische Abschnitt am proximalen C-Terminus und der distale C-Terminus des M3-Rezeptors als wichtige Strukturen für die Kopplung der G-Proteine identifiziert werden. Im letzten Teil dieser Arbeit lag das Augenmerk auf einem Agonisten-Bias am M3-Rezeptor. Hierbei wurde die direkte Rekrutierung der Effektorproteine zum Rezeptor in FRET-basierten Assays unter Bedingungen, die eine klare Trennung der Signalwege voneinander erlaubten, untersucht. Dabei konnte ein Bias auf Ebene der Arrestin-Rekrutierung nachgewiesen werden, der jedoch nicht auf Ebene der GRK2-Rekrutierung nachzuweisen war. Dies brachte neue Erkenntnisse in die bisher wenig im Rahmen von Bias erforschte GRK2-Rekrutierung. Insgesamt ermöglicht die Arbeit neue Einblicke in die komplexen Vorgänge der allosterischen Modulation von GPCRS, der selektiven Bindung von G-Proteinen und der Agonist-induzierten funktionalen Selektivität von Rezeptoren.
DOI:10.17192/z2024.0065