Zu Leben und Wirken von August Eberhard (1887–1960)

Zu Leben und Wirken von August Eberhard (1887–1960) Die vorliegende Studie zu Leben und Wirken August Hugo Eberhards (1887–1960) leistet einen Beitrag zur Biografik und Geschichte der Pharmazie des 20. Jahrhunderts. Anhand zahlreicher Quellen aus siebzehn Archiven, verschiedenen Museen und persön...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Linzbach, Christina
Beteiligte: Friedrich, Christoph (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2023
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Zu Leben und Wirken von August Eberhard (1887–1960) Die vorliegende Studie zu Leben und Wirken August Hugo Eberhards (1887–1960) leistet einen Beitrag zur Biografik und Geschichte der Pharmazie des 20. Jahrhunderts. Anhand zahlreicher Quellen aus siebzehn Archiven, verschiedenen Museen und persönlichen Mitteilungen konnte die Biografie dieses Apothekers verfasst werden. Die Analyse der verschiedenen Lebensstationen Eberhards erfolgte chronologisch. Dabei wird insbesondere seine Diversität deutlich, die ihn auf dem Gebiet der Pharmazie auszeichnete. August Eberhard entschied sich wohl aus wirtschaftlichen Gründen für eine pharmazeutische Laufbahn, obwohl er ursprünglich Chemie hatte studieren wollen. Unterstützung erfuhr Eberhard durch seinen Lehrer und Doktorvater Ernst Albert Schmidt (1845–1921). Mit Schmidt gelang ihm erstmalig die Synthese des Ephedrins. Obgleich renommierte Vertreter der pharmazeutischen Wissenschaft August Eberhard Anerkennung für seine Verdienste auf dem Gebiet der Alkaloidforschung zollten, blieb der breite Ruhm aus. Zwar konnte zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass die Firma E. Merck aus Darmstadt ab 1926 Ephedrin nach Eberhards Methode synthetisch herstellte, eine Umsatzbeteiligung für Eberhard ließ sich aber nicht feststellen. 1919 wechselte Eberhard an die Technische Hochschule Darmstadt, um dort zunächst seine Habilitationsarbeit zu beenden und dann einen Ruf auf das Extraordinariat für Pharmazeutische Chemie anzunehmen. Hier widmete er sich ganz den Aufgaben eines Hochschullehrers, allerdings waren die Arbeitsverhältnisse nicht einfach. Angegliedert an das Chemische Institut, verfügte Eberhard weder über die notwendigen Räumlichkeiten noch über ausreichende finanzielle Mittel, sodass er selbst viele Lehrveranstaltungen übernehmen musste. Außerdem wurde er 1931 zum Referenten für pharmazeutische Angelegenheiten in Hessen ernannt und zeichnete damit verantwortlich für die ordnungsgemäßen Abläufe in über 150 Apotheken. Die überlieferten Visitationsprotokolle aus drei hessischen Apotheken boten die Möglichkeit, Eberhards Vorgehensweise und Schwerpunkte bei der Begehung der Apotheken darzustellen. Neben den apothekenrechtlichen Aufgaben war er als Hochschullehrer damit ausgelastet, die akademische Ausbildung seiner Studierenden zu organisieren, wobei er auch private Mittel in Materialien und apparative Ausstattung steckte. Für pharmazeutisch-chemische Forschung und Publikationen blieb dabei keine Zeit. Die Durchsicht der Kassenbücher ermöglichte es, 153 Pharmaziestudierende aus den Jahren 1920 bis 1938 zu identifizieren. Weitere Nachforschungen ergaben interessante Details zum Frauenanteil, zur geografischen Herkunft der Studierenden und in einigen Fällen zu deren weiterem Werdegang. Obwohl Eberhard trotz schwieriger Bedingungen versuchte, den Lehrplan an die gestiegenen Anforderungen der neuen Prüfungsordnung von 1934 anzupassen, musste auch in Darmstadt 1938 die Pharmazie schließen. Eberhard verblieb zwar an der Hochschule, hielt aber nur noch wenige Vorlesungen für Chemiestudierende. 1945 wurde August Eberhard wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP aus dem Hochschuldienst entlassen. Nach einigen Wochen erhielt er das Angebot, die Krankenhausapotheke am Klinikum Gießen zu leiten. Zunächst überwachte er die Rückführung der Apotheke nach Gießen, die während des Krieges ausgelagert worden war. Allen Widrigkeiten zum Trotz gelang es ihm innerhalb kurzer Zeit, die Gießener Krankenhausapotheke wieder voll betriebsfähig zu machen. Wenig später stufte die Spruchkammer Gießen August Eberhard im Entnazifizierungsverfahren als Mitläufer ein und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe. 1950 erhielt er sogar den Beamtenstatus zurück. 1954 schließlich trat er in den Ruhestand und zog wieder nach Darmstadt. Hier widmete er sich der Pharmaziegeschichte. Er war bemüht, eine Hessische Apothekengeschichte neu zu erstellen – ein Unterfangen, das sich sehr schwierig gestaltete, da sämtliche Unterlagen während des Krieges ein Raub der Flammen geworden waren. Ihm glückte dennoch die Veröffentlichung von Beiträgen zur Geschichte der Friedberger und der Gießener Apotheken. Auch seine Untersuchungen zu Justus Liebig (1803¬–1873) fanden vielfach Beachtung. Als man August Eberhard bat, die historische Museumsapotheke im Hessischen Landesmuseum Darmstadt wieder aufzubauen, nahm er den Auftrag gerne an. Allerdings sollte er die Eröffnung der Apothekenräumlichkeiten im Sockelgeschoss des Museums 1968 nicht mehr erleben. Die als Referent für das Apothekenwesen erlangte Kompetenz in pharmazierechtlichen Sachverhalten führte auch im Ruhestand dazu, dass ihn immer wieder diesbezügliche Fragen erreichten. Er bemühte sich um Klärung des jeweiligen Problems oder gab Empfehlungen zur weiteren Vorgehensweise. Als das Schicksal der „Gemeindeapotheker“ erneut diskutiert wurde, äußerte er sich öffentlich und trug so wohl maßgeblich zum späteren Wegfall der „Gemeindeapotheke“ als Betriebsform bei. Insgesamt umfasst das wissenschaftliche Werk August Eberhards drei Monografien, zwei Beiträge in Sammelbänden, 20 Aufsätze in Zeitschriften bzw. Tageszeitungen und acht Vorträge. Während 14 seiner Publikationen pharmazeutisch-chemisch sind, beschäftigen sich 19 mit pharmazie-historischen Themen. Das Leben und Wirken August Eberhards, der im Februar 1960 in Darmstadt verstarb, verdeutlicht seine Anpassungsfähigkeit, die er als pharmazeutischer Wissenschaftler, als Hochschullehrer, als Regierungs- und Klinikapotheker sowie als Pharmaziehistoriker bewiesen hatte. Gleichzeitig ist seine Biografie beispielhaft für das breite Spektrum der Pharmazie.
DOI:10.17192/z2023.0659