Eine Pilotstudie zur akustischen Langzeitanalyse nächtlicher respiratorischer Symptome bei dekompensierter chronischer Herzinsuffizienz mittels digitaler Auskultation

Einleitung: Die digitale Auskultation bietet eine objektive, ubiquitäre und kostengünstige Möglichkeit Lungen- und Herzerkrankungen anhand ihrer charakteristischen Atemgeräusche zu detektieren. Vorangegangene Studien haben sich mit der akustischen Analyse pathognomonischer Atemnebengeräusche beschäf...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Lumm, Julian
Beteiligte: Koehler, Ulrich (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2023
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Einleitung: Die digitale Auskultation bietet eine objektive, ubiquitäre und kostengünstige Möglichkeit Lungen- und Herzerkrankungen anhand ihrer charakteristischen Atemgeräusche zu detektieren. Vorangegangene Studien haben sich mit der akustischen Analyse pathognomonischer Atemnebengeräusche beschäftigt. Ihren Ergebnissen ist gemeinsam, dass Krankheiten spezifische differentialdiagnostische Charakteristika aufweisen, welche der Diagnosestellung behilflich sein können. Mit dem LEOSound-Langzeitrekorder ist es möglich geworden Atemgeräusche im Sinne eines Langzeit-Stethoskops aufzuzeichnen und anschließend auszuwerten. Die chronische Herzinsuffizienz ist heutzutage eine der häufigsten und kostenintensivsten Erkrankungen. Diese Arbeit untersucht erstmalig mittels digitaler Langzeitauskultation die Prävalenzen von Crackles und schlafbezogenen Atmungsstörungen bei Patienten mit dekomp. chronischer Herzinsuffizienz über einen nächtlichen Zeitraum von 8 Stunden. Die erhobenen Daten sollen in Zukunft dem Trainieren eines automatischen Crackles- Algorithmus dienen. Methodik: Die Atem- und Atemnebengeräusche von 13 Patienten mit dekomp. chron. Herzinsuffizienz (LVEF <40% oder BNP >35pg/ml) wurden mittels digitaler Auskultation über acht Stunden nachts aufgezeichnet. Anschließend erfolgte eine Analyse der Geräuschspektrogramme Epoche für Epoche durch einen Experten. Hierfür wurden 37.440 aufgezeichnete 30-Sekunden-Epochen audiovisuell vidiert und pathologische Ereignisse entsprechend erfasst. Die untersuchte Datenmenge enthielt bei jedem Patienten die Spektrogramme der Trachea, sowie die der basalen Anteile des linken und rechten Lungenflügels. Es wurden die Prävalenzen von Crackles-, Apnoe- und Cheyne-Stokes-Ereignissen ermittelt und statistisch ausgewertet. Eine statistische Analyse hinsichtlich Korrelationen mit der LVEF, dem BNP-Wert und dem BMI wurde durchgeführt. Ergebnisse: Alle Patienten wiesen in den akustischen Langzeitaufnahmen Rasselgeräusche auf. Im Median ließen sich 1614 Crackles pro Patient pro Nacht nachweisen (Q1 = 625; Q3 = 2087). Die mediane Crackles-Rate/h betrug 202 (Q1= 70; Q3 = 261). In 22% der nächtlichen Epochen (30s Abschnitte) fanden wir Crackles in der Aufnahme. Phasenweise gab es Epochen ohne Crackles. Der mittlere BMI der Studienteilnehmer lag bei 28,1 kg/m² ± 6,2. Die stärksten signifikanten Korrelationen wurden zwischen BMI und Cheyne-Stokes-Atmung (rS = 0.88; p < .001), sowie BMI und der Gesamtprävalenz schlafbezogener Atmungsstörungen gefunden (rS = 0.77; p = .003). Die Prävalenz von schlafbezogenen Atmungsstörungen mit einem AHI - Grenzwert von ≥ 15 lag bei 54%. Apnoe- und Cheyne-Stokes Phasen traten im Median mit einer Häufigkeit von 121-mal pro Patient pro Nacht auf (Q1 = 75; Q3 = 284). Stündlich wurden im Median 15 Atmungsstörungen (Q1 = 9; Q3 = 36) registriert. In 21% der Epochen wurden unspezifische Apnoen festgestellt. Eine geringere LVEF korrelierte signifikant mit mehr schlafbezogenen Atmungsstörungen (rS = -0.55; p = .05). Die Subgruppenanalyse zeigte einen ausgeprägten signifikanten Zusammenhang der LVEF mit der Häufigkeit einzelner unspezifischer Apnoen, welche länger als 10s andauerten (rS = -0.68; p = .01). Die NYHA-Gruppe korrelierte in dieser Messreihe weder signifikant mit Rassel- noch mit Apnoe-Ereignissen. Fazit: In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass sich Langzeitmessungen von Atem- und Atemnebengeräuschen mit dem LEOSound-Rekorder praktisch durchführen ließen und Crackles zuverlässig zu messen sind. Es gibt eine erhöhte Prävalenz von Rasselgeräuschen und schlafbezogenen Atmungsstörungen bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz, gemessen an der LVEF. Insbesondere unspezifische Apnoen mit einer Dauer von >10s korrelieren positiv mit der eingeschränkten linksventrikulären Dysfunktion. Es gibt Hinweise, dass die Crackles-Häufigkeit positiv zusammenhängt mit dem BNPWert und der Ausprägung der linksventrikulären Herzinsuffizienz eines Patienten. Ein hoher BMI scheint mit mehr Rasselereignissen und schlafbezogenen Atmungsstörungen assoziiert zu sein – insbesondere mit Cheyne-Stokes-Atmungen. Die digitale Langzeitauskultation bietet großes Potential im Bereich des Monitorings von Patienten mit kardiologischen und pneumologischen Erkrankungen. Sie stellt für die etablierte Medizin ein kostengünstiges, ubiquitäres und non-invasives Hilfsmittel dar.
Umfang:76 Seiten
DOI:10.17192/z2023.0343