Entwicklung und Evaluation des Selbstsicherheitstrainings für Studierende der Medizin. Eine randomisierte kontrollierte Interventionsstudie.

Diese Dissertation evaluiert ein Selbstsicherheitstrainingsprogramm („SST“) für Medizinstudenten an der Philipps Universität in Marburg („UMR“). Neueste Studien haben gezeigt, dass ein Training von Selbstsicherheit und Empathie mittels Videofeedback und Rollenspielen die soziale Intelligenz fördert...

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Main Author: Berger, Annemarie
Contributors: Thieme, Kati (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2021
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Description
Summary:Diese Dissertation evaluiert ein Selbstsicherheitstrainingsprogramm („SST“) für Medizinstudenten an der Philipps Universität in Marburg („UMR“). Neueste Studien haben gezeigt, dass ein Training von Selbstsicherheit und Empathie mittels Videofeedback und Rollenspielen die soziale Intelligenz fördert und es zu einer gesteigerten Sensibilisierung gegenüber Mitmenschen kommt. Das Ergebnis der Studie, welche ein theoretisches Seminar (“TS”), gefolgt von einem SST beinhaltet, wurde zu 3 unterschiedlichen Zeitpunkten untersucht: vor und nach einem TS, sowie nach einem SST. Das SST beinhaltete ein Training in Kleingruppen (12-18) von verschiedenen zielführenden Verhaltensstrategien mittels kooperativem, gehemmtem, gehemmt-aggressivem und aggressivem Verhalten. Ziel war es, die Empathie und die Sensibilität im Umgang mit Patienten zu fördern. Die vorliegende Studie wendete für eine standardisierte videobasierte Verhaltensbeobachtung während eines 8-minütigen Patienten-Simulationsgespräches (als Teil des UMR Lehrplans von 2012-2014) einen Kodierleitfaden an, welcher verbale, nonverbale, zielführende, nicht-zielführende, empathische und pathische Aspekte beinhaltet. 343 Studenten erhielten das SST, einen vorliegenden Fragebogen nach dem TS füllten jedoch nur 225 Teilnehmer aus. Basierend auf diesen standardisierten Fragebögen konnte die Gruppe in 4 Cluster (empathisch, ängstlich, emotional unreif, psychopathisch auffällig) unterteilt werden, auch wenn alle Teilnehmer zuvor das gleiche Training erhielten. Die Analyse zeigte, dass kooperatives Verhalten vor allem unter den empathischen Studierenden signifikant anstieg. Ängstliche und emotional unreife Studierende steigerten im Patienten-Simulationsgespräch sowohl ihr zielführendes (insbesondere nach Durchlaufen der Kombination SST und TS) verbales und nonverbales Verhalten, als auch empathisches Verhalten. Im Kontrast zur Gruppe der empatischen Studierenden, wendeten die Studierenden mit psychopathischen Auffälligkeiten in dem durchgeführten Gespräch insgesamt vermehrt nicht-zielführende Kriterien (P < 0,02) und psychopathische Strategien an. Im Rahmen des Studiums der Humanmedizin half das SST also Empathie zu fördern und Hemmungen zu überwinden. Hieraus folgend können zwei Empfehlungen gegeben werden. Als erstes sollte das SST zur Aufrechterhaltung der Empathie während des gesamten Studiums der Humanmedizin semesterübergreifend regelmäßig durchgeführt werden (einige internationale Studien zeigten ein Abfallen der Empathie während der Studienlaufzeit). Zweitens basiert die Auswahl zur Aufnahme für ein Medizinstudium vorrangig auf Leistungen und Testung des Wissens, obwohl grundsätzlich eine fürsorgliche Rolle im dem Berufsbild tragend ist. Das SST zeigte den geringsten Effekt bei Studierenden mit psychopathischen Auffälligkeiten. Zudem konnte dargelegt werden, dass empathisches Verhalten durch eine strukturierte, halbstandardisierten Verhaltensbeobachtung messbar ist. Dies könnte nun als Kriterium für die Aufnahme eines Medizinstudiums angewendet werden. Ein SST, basierend auf der hier angewendeten Methode scheint nötig zu sein, um junge Ärzte in ihrer emotionalen Kompetenz zu fördern, schwierige zwischenmenschliche Situationen zu meistern, den hohen Ansprüchen gerecht zu werden, sowie der täglichen Belastung im medizinischen Alltag Stand zu halten. Abschließend ist anzunehmen, dass eine hohe emotionale Kompetenz eine höhere Patientenzufriedenheit- und Compliance erwarten lassen. Zudem sind eine gesteigerte persönliche Zufriedenheit, effizienteres Arbeiten im klinischen Alltag, sowie eine verbesserte medizinische Versorgung und auch sinkende Gesundheitskosten zu erwarten. Empathie kann trainiert werden. Als Nebeneffekt können die durch das SST erlernten Skills zur Analyse und Optimierung zwischenmenschlicher Interaktionen genutzt werden. Auch wenn die Methode zeitintensiv ist und Training in Kleingruppen erfordert, so ist sie nötig, um ein hohes Maß an Empathie bei Ärzten zu trainieren und bewirkt als selbstbeschützendes Tool eine Minimierung von Burn-out im ärztlichen Beruf. Die UMR’s SST Methode und der Lehrplan sollten in weiteren Studien durch eine mögliche Analyse der Stimmfrequenz und Analysen emotionaler Gesichtsausdrücke, sowie durch weitere Optimierung des angewandten Trainings zukunftsperspektivisch ergänzt werden.
Physical Description:232 Pages
DOI:10.17192/z2022.0179