Analyse des Ebolavirus 3'-Leader-Promotors – mechanistische Beiträge von VP30, Promotorarchitektur, RNA-Sequenzelementen und RNA-Sekundärstrukturen zur viralen Transkriptions- und Replikationsinitiation

In den letzten Jahren sorgte das humanpathogene Ebola-Virus (EBOV) vermehrt für Epidemien vor allem in Zentral- und Westafrika mit Letalitätsraten von bis zu 90 %. Wirksame antivirale Kausaltherapien sind bis dato nicht verfügbar. Aktuell ist die Demokratische Republik Kongo von einer schweren EBOV-...

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Main Author: Bach, Simone
Contributors: Hartmann, Roland K. (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2019
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
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Description
Summary:In den letzten Jahren sorgte das humanpathogene Ebola-Virus (EBOV) vermehrt für Epidemien vor allem in Zentral- und Westafrika mit Letalitätsraten von bis zu 90 %. Wirksame antivirale Kausaltherapien sind bis dato nicht verfügbar. Aktuell ist die Demokratische Republik Kongo von einer schweren EBOV-Epidemie betroffen. Das EBOV-Genom ist eine nicht-segmentierte Negativstrang (NNS)-RNA. An den terminalen 3‘- und 5‘-Genomenden befinden sich regulatorische Elemente der EBOVReplikation und -Transkription (3‘-Leader, 5‘-Trailer). Die EBOV-Replikation wird durch einen Proteinkomplex aus drei viralen Proteinen gesteuert, der RNA-abhängigen RNA-Polymerase L, ihrem Kofaktor, dem viralen Protein 35 (VP35), und dem Nukleoprotein (NP). Die virale Transkription benötigt darüber hinaus das virale Protein 30 (VP30) als Transkriptionsaktivator. Vermutlich nutzt die Virus-Polymerase eine einzige Eintrittsstelle am 3‘-Genomende, von der aus sowohl Replikation als auch Transkription initiiert werden. Im Falle anderer NNS-Viren führt dies zur Synthese eines kurzen Abbruchtranskripts antisense zum 3‘-Leader vor der Initiation der mRNA-Synthese am ersten Genstartsignal. Der genomische Replikationspromoter ist zweigeteilt. Promoterelemente 1 und 2 (PE1, PE2) sind durch die Transkriptionsstartsequenz (TSS) und weitere Platzhalternukleotide (Spacer) getrennt. Entsprechend der „Rule of 6“ darf der Spacer lediglich um ein Vielfaches der Zahl 6 erweitert oder verkürzt werden, um eine effiziente Replikation zu gewährleisten. PE2 weist darüber hinaus 8 konsekutive 3'-UN5-Hexamere auf, von denen 3 obligat für eine residuale Replikationsaktivität sind. Auch der TSS-Spacer-Bereich enthält UN5-Hexamere. Diese sind jedoch an Nt -75 durch ein Guanosin anstelle eines Uridins vom PE2-UN5-Raster getrennt. Der Spacer kann sowohl auf genomischer als auch auf der komplementären mRNA-Ebene putative Haarnadelstrukturen unter Einbeziehung der TSS ausbilden (NP-Hairpin). Diesem NP-Hairpin wird eine Rolle in der VP30-abhängigen Transkriptionsregulation zugeschrieben. Ziel der vorliegenden Studie war es, ein besseres Verständnis der Polymerisationsinitiation am 3‘-Leader-Promotor zu erlangen. Im Fokus standen neben der Untersuchung der Replikations- und Transkriptionspromotorarchitektur die Analyse regulatorischer RNA-Sequenzen, die Rolle der TSS-Hairpin-Struktur sowie die Regulation der Transkription durch VP30. Mithilfe einer gezielten Verwendung Replikations-kompetenter und Replikations-defizienter Minigenomvarianten in Kombination mit Reportergenassays und qRT-PCR konnten wir demonstrieren, dass PE1 ebenfalls den Transkriptionspromotor kodiert. Darüber hinaus zeigen unsere Daten, dass die "Rule of 6“ in der Spacer-Region nicht nur für die Replikations- sondern auch für die Transkriptionsinitiation relevant ist. Eine Verlängerung des Spacer-Bereichs ist, abhängig vom Sequenz- und Strukturkontext, um mindestens 66 Nt ohne vollständigen Funktionsverlust möglich. Die Funktion der UN5-Hexamere in Spacer und PE2 ist nach wie vor spekulativ. Möglicherweise positionieren die Hexamere das Nukleoprotein während der RNA-Synthese in spezifischer Anordnung auf dem RNA-Templat, um eine produktive Promotorerkennung durch die virale Polymerase zu ermöglichen, oder sie koordinieren die NP-Dissoziation/Reassoziation am RNA-Templatstrang, während die RNA durch das aktive Zentrum der Polymerase gefädelt wird. Unsere Daten deuten darauf hin, dass ein kontinuierliches UN5-Hexamerraster zwischen PE1 und PE2 aufgrund einer G-75 zu U-Punktmutation die allgemeine Effizienz von Transkription und Replikation steigert, jedoch auf Kosten der selektiven Feinregulation beider Prozesse durch VP30 (Transkriptionsaktivierung und Replikationsrepression). Im Fall einer Spacer-Deletion von 12 Nt, die gleichzeitig die Ausbildung des NP-Hairpins verhindert, ist die Replikations- und Transkriptionsaktivität nach wie vor > 50 % und die Regulation durch VP30 bleibt grundsätzlich erhalten. Dies verdeutlicht, dass Sekundärstrukturen am Transkriptionsstart weder essenziell für die VP30-abhängige Transkription noch für die Replikation sind. Allerdings konnten wir zeigen, dass Hairpindestabilisierungen tendenziell die VP30-Abhängigkeit der Transkription relaxieren, während Stabilisierungen diese steigern. Eine schrittweise Stabilisierung der TSS-Hairpinstruktur durch strategische Insertion von G:C-Basenpaaren und die damit verbundene Ausweitung lokaler Doppelstrangbereiche führte, abhängig vom Ausmaß der Stabilisierung auf Antigenom/mRNA-Ebene, zu starken Aktivitätsverlusten bis hin zur Elimination der Transkriptions- als auch Replikationsaktivität. Damit konnten wir zum ersten Mal indirekt die Ausbildung von RNA-Strukturen während der viralen RNA-Synthese nachweisen. Allgemein führten jedwede Änderungen der Sequenz, Struktur, Stabilität oder Länge des nativen NP-Hairpins zu einer partiell verringerten VP30- Abhängigkeit der Transkription. Somit erscheint der NP-Hairpin optimiert für eine engmaschige Regulation durch VP30. Hochdurchsatz-RNA-Sequenzierung und Northern Blot-Analyse bestätigten darüber hinaus die Synthese abortiver leaderRNAs. Ihre Initiation erfolgte wie im Fall der Antigenomsynthese ausschließlich an Nt -2. Im Gegensatz dazu sorgte der Erhalt des ersten Genomnukleotids für eine Vervierfachung der Transkription. Sowohl die leaderRNA-Initiation an Nt -2 als auch die Termination in einem Längenbereich von ~ 60 - 80 Nt erfolgten unabhängig von RNA-Sequenz/-Struktur oder von VP30. In Anwesenheit von VP30 sind die leaderRNA-Spiegel allgemein reduziert. 24 h nach EBOV-Infektion bzw. 48 h nach Minigenom-Transfektion sind die leaderRNA-Spiegel 9-fach bzw. 68-fach geringer als die der ersten mRNA. Zusammenfassend deuten unsere Daten darauf hin, dass leaderRNAs Abbruchprodukte der Antigenomsynthese und möglicherweise keine obligaten Vorlauf-Produkte der viralen Transkription sind.
Physical Description:280 Pages
DOI:10.17192/z2020.0059