Odontogene pyogene Infektionen im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich. Eine retrospektive Studie von 2004 bis 2014 in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie - Plastische Operationen - am HELIOS Klinikum Erfurt GmbH

In der vorliegenden Arbeit wurde das Patientengut mit odontogenen pyogenen Infektionen der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am HELIOS Klinikum Erfurt vom 01.01.2004 bis 31.12.2014 retrospektiv analysiert und mit bereits vorhandenen Daten vom 01.01.1987 bis 31.12.1997 verglichen. Dabei...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Schmieder, Natalie
Beteiligte: Neff, Andreas (Prof. Dr. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2018
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:In der vorliegenden Arbeit wurde das Patientengut mit odontogenen pyogenen Infektionen der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am HELIOS Klinikum Erfurt vom 01.01.2004 bis 31.12.2014 retrospektiv analysiert und mit bereits vorhandenen Daten vom 01.01.1987 bis 31.12.1997 verglichen. Dabei wurden demographische Daten hinsichtlich der Altersstruktur und Geschlechtsverteilung und Angaben zu Diagnosehäufigkeiten und der Prävalenz von Nebenerkrankungen untersucht. Besonderes Augenmerk galt den stationär behandelten Patienten mit fortgeleiteten Infektionen und der Analyse des vorherrschenden therapeutischen Konzeptes hinsichtlich Keimspektrum, Erregerempfindlichkeit und Art sowie Anzahl der verabreichten Antibiotika. Von insgesamt 1744 Patienten mit dentogenen Abszessen von 2004 bis 2014 wurden 686 ambulant zur Ausheilung gebracht. Bei 1058 Fällen war eine stationäre Behandlung mit weiterführenden Maßnahmen notwendig. Hierbei war hauptsächlich ein primär operatives Vorgehen in Verbindung mit der Gabe von Breitspektrumantibiotika indiziert, was auch von 1987 bis 1997 die am häufigsten durchgeführte Maßnahme darstellte. Hinsichtlich der Altersstruktur und Geschlechtsverteilung beider untersuchter Kollektive konnten mit einem Altersgipfel von 31 bis 40 Jahren und der Dominanz des männlichen Geschlechtes mit 1,6 : 1 keine Unterschiede festgestellt werden. Dennoch gab es Abweichungen in der Geschlechtsverteilung zum vorangegangenen Beobachtungs-zeitraum. So wurden 5% mehr Kinder von 0 bis 10 Jahren, 9% mehr Heranwachsende von 11 bis 20 Jahren und 25% mehr ältere Menschen und Senioren behandelt. Die peri- und submandibulären Logen (25%) waren von 1987 bis 1997 am häufigsten von fortgeleiteten Infektionen betroffen. Im Gegensatz dazu wurden von 2004 bis 2014 ausgedehnte submuköse Abszesse am zahlreichsten (39%) behandelt. Auffallend waren die um 44% gestiegenen Fallzahlen im stationären Bereich, bei einer um 51% signifikant sinkenden mittleren Verweildauer im Zeitraum von 2004 bis 2014. Gleichzeitig war mit 18% eine deutliche Zunahme der Prävalenz schwerwiegender, den Behandlungsablauf beeinflussender Nebendiagnosen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insulinpflichtiger Diabetes mellitus und neurologische Erkrankungen nachzuweisen. Das typische Keimspektrum umfasste in beiden Untersuchungsabschnitten hauptsächlich orale Streptokokken (jeweils 40%), gefolgt von Staphylokokken (27% und 7%) und Beta-hämolysierenden Streptokokken (7% und 4%). Im strikt anaeroben Bereich waren von 1987 bis 1997 mit 9% die Peptostreptokokken und von 2004 bis 2014 eindeutig die Prevotella ssp. mit 24% vorherrschend. Andere Erregergattungen waren nur vereinzelt nachweisbar. Die angewendeten Antibiotikagruppen zeichneten sich generell durch eine hohe Wirksamkeit auf die nachgewiesenen Erregergattungen aus und stützen somit die aktuellen Empfehlungen der Fachgesellschaften. So wurden von 1987 bis 1997 vorrangig (38%) Aminopenizilline in Verbindung mit Beta-Laktamase-Hemmern bei einer Erregerempfindlichkeit von 91,1% eingesetzt. Danach folgten die Tetrazykline (21%) mit 80% Keimsensibilität. Von 2004 bis 2014 kamen hauptsächlich Cephalosporine in Verbindung mit Metronidazol (44%) oder als Alleingabe (39%) zur Anwendung. Die in beiden Kollektiven in ähnlicher Menge verabreichten Makrolide und Lincosamine wiesen sogar um ca. 20% sinkende Resistenzraten auf. Carbapeneme wurden in beiden Beobachtungsabschnitten mit der geringsten Resistenzrate nur selten als Reserveantibiotika verwendet. Es vollzog sich von 2004 bis 2014 ein Paradigmenwechsel hinsichtlich der Anwendung der Beta-Laktam-Antibiotika, der nicht ganz unkritisch betrachtet werden kann. Die gesteigerte Erfolgsrate der begleitenden Antibiotikatherapie von odontogenen pyogenen Infektionen durch die Anwendung von Cephalosporinen der zweiten Generation ist angesichts der nachgewiesenen Erregerempfindlichkeiten unstrittig. Dennoch ist aufgrund des hohen Selektionsdrucks, den diese Substanzen auf ESBL-bildende Bakterienstämme ausüben, eine regelmäßige Analyse der Behandlungsstrategien in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Helios Klinikum Erfurt empfehlenswert.
Umfang:101 Seiten
DOI:10.17192/z2018.0312