25 Jahre sonografisches Screening der Säuglingshüfte am Universitätsklinikum Marburg - Eine kritische Analyse

Am Universitätsklinikum Marburg erfolgt seit 1985 das sonografische Screening der Säuglingshüfte nach Graf. Diese retrospektive Analyse der ersten 25 Jahre wurde mit dem Ziel durchgeführt, epidemiologische Daten über die Hüfttypverteilung zu gewinnen und die Risikofaktoren für eine Hüftdysplasie zu...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Penner, Tobias
Beteiligte: Peterlein, Christian-Dominik (PD Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2018
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Am Universitätsklinikum Marburg erfolgt seit 1985 das sonografische Screening der Säuglingshüfte nach Graf. Diese retrospektive Analyse der ersten 25 Jahre wurde mit dem Ziel durchgeführt, epidemiologische Daten über die Hüfttypverteilung zu gewinnen und die Risikofaktoren für eine Hüftdysplasie zu überprüfen. Weiterhin wurden die klinikinterne Methodik des Screenings kritisch hinterfragt und die Diagnose sowie auch die Therapieempfehlung in Abhängigkeit von der Erfahrung des Untersuchers betrachtet. Zur Evaluierung des sonografischen Screenings der Säuglingshüfte wurden die Befunddokumentationen der postnatalen Untersuchung von 18.247 Säuglingen aus den Jahren 1985 bis 2009 ausgewertet. Dokumentiert und entsprechend analysiert wurden anamnestische Angaben wie die Familienanamnese und Besonderheiten bei der Geburt (Beckenendlage, Sectio, Frühgeburt). Auch der klinische Untersuchungsbefund bezüglich der Hüfte und weiterer orthopädischer Auffälligkeiten wurde mitberücksichtigt (z.B. Spreizhemmung der Hüfte, Fußdeformitäten). Als sonographisches Untersuchungsergebnis wurden die morphologischen Kriterien sowie der α- und β-Winkel nach Graf mit dem daraus folgenden Hüfttyp und entsprechender Therapieempfehlung dokumentiert. Vergleiche auf Unterschiede oder Zusammenhänge zwischen den bestimmten Variablen wurden mittels adäquater inferenzstatistischer Verfahren durchgeführt. Im gesamten Zeitraum wurde die Hüftdysplasie (Typ IIc-IV nach Graf) in 0,8 % der Fälle nachgewiesen. Die IIa-Hüfte (physiologisch unreif) machte 15,7 % der Hüften aus, bei 83,4 % reifer Hüftgelenke. Im zeitlichen Verlauf lassen sich signifikante Änderungen der Hüfttypen erkennen. In den Jahren 1985-89 wurden über 40% der Hüften als „physiologisch unreif“ oder schlechter beschrieben. 1990-94 sank die Anzahl der IIa-Hüften auf 16%, im zuletzt bestimmten Zeitraum 2005-2009 betrug der Anteil 9%. Auch der Anteil der pathologischen Hüftbefunde (Typ IIc-IV) betrug in den Jahren 1985-88 noch um die 3%, ab 1989 waren es 0-1 % der Fälle pro Jahr. Es lässt sich eine geringe aber statistisch nicht signifikante Seitendifferenz zuungunsten der linken Seite beobachten. Die Familienanamnese gibt hierbei keine eindeutigen Hinweise. Festzustellen ist, dass das weibliche Geschlecht und die Geburt aus Beckenendlage signifikant mit dem Auftreten dysplastischer Gelenke korrelieren. Insgesamt 55 Mitarbeiter der orthopädischen Klinik führten durchschnittlich ca. 350 Untersuchungen durch. Die Dokumentationssorgfalt hat im Laufe der Jahre deutlich zugenommen. Es ist davon auszugehen, dass in den Anfängen des Screenings der Hüfttyp mittels „Blickdiagnose“ bzw. nach morphologischen Kriterien bestimmt wurde. Die Winkelmessung an den eingezeichneten Kennlinien wurde ab ca. 1993 nachvollziehbar dokumentiert. Unerfahrene Mitarbeiter, sprich Untersucher mit geringer Anzahl an durchgeführten sonographischen Untersuchungen, stellten signifikant häufiger auffällige Befunde fest und leiteten entsprechend häufiger therapeutische Maßnahmen ein. Die Behandlungsstrategie war über den gesamten Zeitraum eher uneinheitlich. Die Daten über die Inzidenz der Hüftdysplasie lassen sich durch diese Arbeit bestätigen, wobei besonders in den ersten Jahren große Schwankungen bemerkt wurden. Insgesamt ist eher ein Rückgang der Inzidenz der Hüftdysplasie zu beobachten. Diese Analyse zeigt, dass die klinische Untersuchung oder ein Risikoscreening nicht ausreichend sind. Die Notwendigkeit einer standardisierten sonographischen Diagnostik der Säuglingshüfte wird hier deutlich. Das nicht zielführende „bed side teaching“ muss durch strukturierte Ausbildung der ärztlichen Mitarbeiter abgelöst werden und es sollten klare und einheitliche Therapie- bzw. Behandlungsalgorithmen, wie sie bereits in der Literatur vorliegen, in den Kliniken etabliert werden.
Umfang:110 Seiten
DOI:10.17192/z2018.0180