Behandlungsergebnisse bei Patienten mit lumbaler Spinalstenose nach dynamischer Stabilisierung mittels interspinöser Implantate

Als lumbale Spinalkanalstenose wird eine Enge des Spinalkanals verstanden. Häufig ist diese durch schmerzhafte degenerative Veränderungen der Wirbelsäule bedingt. Primär wird eine konservative, stabilisierende Therapie versucht. Beim Versagen der konservativen Therapie, Verschlechterung der Symptoma...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Ajez, Yasin
Beteiligte: Pfeiffer, M. (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2016
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Als lumbale Spinalkanalstenose wird eine Enge des Spinalkanals verstanden. Häufig ist diese durch schmerzhafte degenerative Veränderungen der Wirbelsäule bedingt. Primär wird eine konservative, stabilisierende Therapie versucht. Beim Versagen der konservativen Therapie, Verschlechterung der Symptomatik oder deutlichen Verschlechterung der Lebensqualität ist die operative Sanierung indiziert. Aufgrund des demographischen Wandels sind es oft ältere Patienten, die sich einer Operation der Wirbelsäule unterziehen. Der entscheidende Schritt dieser Operation ist die Dekompression des entsprechenden Segmentes. Diese kann mit der Gefahr einer Instabilität einhergehen, die wiederum die Belastung im entsprechenden Segment steigert und damit die degenerative Veränderung verstärkt. Um diese Problematik zu vermeiden, kann eine Fusion dieses Segmentes durchgeführt werden. Auch eine Fusion ist problematisch, da sie die Beweglichkeit im entsprechenden Bereich komplett aufhebt und die degenerative Veränderung der Nachbarsegmente vorantreibt. Ein Ausweg aus dieser Situation soll in der Dekompression und ggf. Distraktion mit dynamischer Stabilisierung der Wirbelsäule liegen. Hier werden die Wirbelkörper nicht fusioniert und lassen eine Restbewegung zu. Hierzu können alternativ zu pedikelschraubengestützten Systemen interspinöse Implantate verwendet werden. Fragestellung: Interspinöse Implantate (Wallis, X-Stop, LeU/Coflex, In-SWing, DIAM, etc.) fanden und finden klinisch zahlreiche Anwendung in der Chirurgie der Lendenwirbelsäule. Trotzdem gibt es hierzu nur äußerst weni-ge klinisch-radiologisch veröffentlichte Studien. Ziel dieser Studie war es, die radiologischen und klinischen Ergebnisse der Operationen an zwischen L1 und S1 operierten Patienten mit besonderem Schwerpunkt auf ihre kinematischen Effekte hin zu untersuchen. Methodik: Es handelt sich um eine retrospektive, nicht randomisierte klinische und radiologische Studie auf der Basis von Routinedaten. Im Zeitraum wurden Daten von Patienten mit Lumbalgien und/oder Lumboischialgien, zum Teil mit sensiblen Störungen oder deutlichen Paresen, die zwischen März 2008 und Juli 2009 in der Helios Rosmann Klinik Breisach mit einem interspinösen Implantat versorgt worden waren, ausgewertet. Die Patienten wurden vor und nach der Operation, sowie 6-12 Monate postoperativ klinisch und radiologisch untersucht. Die klinische Situation wurde mittels Visueller Analogskala (VAS) und Oswestry-Disability-Index (ODI) beurteilt. Die radiologische Untersuchung beinhaltete Röntgenaufnahmen der LWS a.p und seitliche Funktionsaufnahmen in In- und Reklination vor der Operation sowie seitliche Funktionsaufnahmen bei Follow-up. Es wurden drei benachbarte Segmente näher untersucht und folgende Punkte bestimmt: Winkel, Hinterkanten- und Dornfortsatzabstände in In- und Reklination im operierten Segment sowie in den Segmenten ober- und unterhalb des operierten Segmentes, jeweils vor und nach der Operation. Ergebnisse: Es konnten 33 Patienten in die Studie eingeschlossen werden. Hierbei handelte es sich um 14 weibliche (42,4 %) und 19 männliche 57,6 %) Patienten. Der Mittelwert der Gesamtgruppe zum Zeitpunkt der Operation lag bei 62,1 ± 13,7 Jahren, der Mittelwert der Frauen bei 59,6 ± 16,0 Jahren und der Männer bei 65,6 ± 11,6 Jahren. Das Alter der Patienten betrug bei der Operation zwischen 20 und 85 Jahren. Bei 8 Patienten erfolgte eine bisegmentale und bei 25 Patienten eine monosegmentale Versorgung. Das bei der Nachuntersuchung durchschnittlich erreichte Schmerzniveau lag bei 3,5 auf der VAS. 30 von 33 Patienten erfuhren eine deutliche Schmerzreduktion, 21 von 24 mit sensiblen Störungen fanden diese beseitigt und bei 12 von 13 Patienten mit Claudicatio spinalis war diese nicht mehr vorhanden. Eine Operationszufriedenheit von 81,8 % ist als hoch zu bewerten. Bei 3 Patienten wurde das Implantat bei Persistenz der Beschwerden später wieder entfernt und durch eine dorsolaterale Spondylodese ersetzt. Es kam im untersuchten Zeitraum zu keiner radiologisch nachweisbaren Implantatdislokation. Die Implantate verminderten die Bewegungsamplitude im Implantatsegment und kyphosierten es signifikant über das gesamte Bewegungsausmaß. Gegensinnig zum Implantatsegment verstärkte sich die Lordose im oberen und unteren Anschluss-Segment. Das Gesamtbewegungsausmaß des Komplexes der drei untersuchten Segmente blieb weitgehend konstant, was bedeutet, dass interspinöse Implantate nicht allein das operierte Segment stabilisieren, sondern auch Anschluss-Segmente beeinflussen und Auswirkungen auf die sagittale Balance der Wirbelsäule haben können. Dies wird in der vorliegenden Arbeit erstmals in vivo nachgewiesen. Effekte auf die sagittale Translation der Segmente bei Flexion und Extension können indirekt vermutet, aber nicht direkt nachgewiesen werden. Schlussfolgerungen: Die interspinösen Implantate führen bei bis zum vorletzten Lumbalsegment an der LWS instrumentierten Patienten zu Fusionsimplantaten nicht unähnlichen, radiologisch nachweisbaren Auswirkungen bei der dynamischen Segmentstabilisierung nach Dekompression bei Bandscheibenvorfall oder Spinalkanalstenose. Sie sind im Literaturvergleich ihrer klinischen Ergebnisse reinen Dekompressionseingriffen, mit denen sie konkurrieren, zumindest nicht unterlegen. Bei richtiger Indikation und Respektierung akzeptierter Ausschlusskriterien sind sie nach Datenlage als Therapiemaßnahme nicht von vornherein abzulehnen. Weitere Studien an größeren und prospektiv randomisierten Patientengruppen sind auch in Anbetracht der durch sie erhöhten Versorgungskosten nichtsdestoweniger anzuraten.
DOI:10.17192/z2017.0453