Nachweis von DNA-Doppelstrangbrüchen bei computertomographischen Untersuchungen - Einfluss von Kontrastmittelgabe

Die Computertomographie stellt die Hauptquelle der gegenwärtigen Strahlenexposition der Bevölkerung dar. Nach Bestrahlung sind Doppelstrangbrüche (DSBs) die gravierendsten Läsionen der DNA, da hierbei die genetische Information auf beiden DNA-Strängen unterbrochen wird. Werden Doppelstrangbrüche nic...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Pathe, Caroline
Beteiligte: Heverhagen, Johannes (Prof. Dr. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2011
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die Computertomographie stellt die Hauptquelle der gegenwärtigen Strahlenexposition der Bevölkerung dar. Nach Bestrahlung sind Doppelstrangbrüche (DSBs) die gravierendsten Läsionen der DNA, da hierbei die genetische Information auf beiden DNA-Strängen unterbrochen wird. Werden Doppelstrangbrüche nicht oder fehlerhaft repariert, kann es zur Entstehung von Mutationen und zur malignen Entartung von Zellen kommen. Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wurde die Induktion und Reparatur von Doppelstrangbrüchen nach Computertomographie in vivo untersucht. Um die Bildgebung zu unterstützen, werden im Rahmen von Computertomographieuntersuchungen häufig Kontrastmittel appliziert. Deren Wirkung auf die Induktion und Reparatur von Doppelstrangbrüchen in vivo wurde im zweiten Teil dieser Arbeit evaluiert. Seit einigen Jahren wird γH2AX als Marker für Doppelstrangbrüche herangezogen. Da allein diese Methode im Bereich von wenigen mGy sensitiv ist, ist sie zur Zeit der Goldstandard für die Detektion von DSBs im Niedrigdosisbereich der Computertomographie. Mit Hilfe eines spezifischen Antikörpers werden die Doppelstrangbrüche mittels Immunfluoreszenzmikroskopie in Form von deutlich sichtbaren Foci dargestellt. Dabei entspricht ein Focus genau einem DSB. Der Verlust von γ-H2AX-Foci in Zellkernen entspricht der Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen. 47 Patienten im Alter von durchschnittlich 56,8 ± 17,38 Jahren (Mittelwert ± Standardabweichung) wurde nach einer klinisch indizierten Computertomographieuntersuchung zu definierten Zeitpunkten Blut abgenommen (vor der Computertomographie als Kontrolle zur Bestimmung des „Hintergrundfocuslevels“, 5 min post CT, 1 h, 2 h sowie 24 h nach der CT-Untersuchung). Die Lymphozyten des Blutes wurden isoliert und mittels der γ-H2AX-Methode die Focusanzahl untersucht. Im Vergleich zum direkt vor der CT-Untersuchung ermittelten Hintergrundfocuslevel, welches das permanente Schadenslevel der DNA vor Röntgenstrahlenexposition reflektiert, stieg 5 min nach Computertomographie die Focusanzahl um den Faktor 4,2 an. Dies bestätigt, dass Computertomographieuntersuchungen DNA-Schäden in Form von Doppelstrangbrüchen induzieren und diese mit Hilfe der γ-H2AX-Methode erfolgreich in vivo detektiert werden können. Die ermittelte Focusanzahl entspricht Ergebnissen anderer Studien. Zu den nachfolgenden Untersuchungszeitpunkten zeigte sich ein linearer Rückgang der Focuswerte, welcher der Reparatur der Doppelstrangbrüche entspricht. Um den Effekt von Kontrastmittel auf die DSB-Entstehung und -Reparatur zu prüfen, wurden zwei Patientengruppen gebildet. Gruppe I setzte sich aus den 21 Patienten zusammen, die ausschließlich native CT-Untersuchungen erhalten hatten und wies ein mittleres Alter von 59 ± 18,88 Jahren (Mittelwert ± Standardabweichung) auf. Gruppe II bestand aus den 26 Patienten, die während der Computertomographieuntersuchung Kontrastmittel appliziert bekommen hatten und im Mittel 55,04 ± 15,84 Jahre alt wa-ren (Mittelwert ± Standardabweichung). Bei Kontrastmittelapplikation in Gruppe II zeigte sich im Vergleich zur Nativcomputertomographie von Gruppe I 5 min post CT eine um 29% erhöhte Focusanzahl. Dieses Ergebnis sollte Anlass geben, bei der Einschätzung der Strahlenbelastung durch Computertomographie die Kontrastmittelapplikation zu berücksichtigen, da durch sie vermehrt DNA-Schäden entstehen. Vermutlich ist die Ursache ein gesteigerter Photoeffekt, der durch die hohe Ordungszahl (Z) des im KM enthaltenen Jods verursacht wird. Damit kommt es zu einer vermehrten Bildung von sekundären Radikalionen, die die DNA schädigen. Nach 24 h wiesen beide Gruppen ähnliche residuale Focuswerte auf. Die zusätzlich entstandenen Doppelstrangbrüche bei Kontrastmittelapplikation sind demnach repariert worden. Hervorzuheben sind die großen interindividuellen Unterschiede der Focuszahlen in unserer Patientenstudie, deren Ursachen in zukünftigen Studien untersucht werden sollten. Diese Studie ist eine präliminäre Studie. Um definitive Aussagen v.a. zum Kontrastmitteleffekt treffen zu können, bedarf es einer Folgestudie mit einer größeren Patientenanzahl. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Patientengruppen die gleiche Altersstruktur, das gleiche Geschlecht, die gleichen klinischen Vorerkrankungen, die gleiche CT-Untersuchung mit ähnlichen DLP-Werten und die gleiche verabreichte Kontrastmittelmenge aufweisen. Da bisher nicht bekannt ist, inwiefern die genannten Parameter die Ergebnisse beeinflussen, könnte dies Gegenstand zukünftiger Studien sein.
DOI:10.17192/z2011.0448