Entwicklung eines Leitfadens zur Durchführung nicht-interventioneller Studien in Apotheken

In der Selbstmedikation ist für viele Patienten die Apotheke der erste Anlaufpunkt. Durch Information und Beratung leisten Apotheken einen wichtigen Beitrag zur Entscheidungsfindung und Sicherheit der Selbstbehandlung. Der Interaktionsprozess zwischen Patient und Apotheker profitiert dabei von der l...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Häcker, Franziska
Beteiligte: Morck, Hartmut (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2010
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:In der Selbstmedikation ist für viele Patienten die Apotheke der erste Anlaufpunkt. Durch Information und Beratung leisten Apotheken einen wichtigen Beitrag zur Entscheidungsfindung und Sicherheit der Selbstbehandlung. Der Interaktionsprozess zwischen Patient und Apotheker profitiert dabei von der leichten Zugänglichkeit zu den Beratungsangeboten. Trotz Eignung der öffentlichen Apotheke als Ausgangspunkt pharmakoepidemiologischer Studien werden apothekenbasierte Untersuchungen in Deutschland bisher kaum durchgeführt. Eine Möglichkeit in Apotheken systematisch Daten zum Arzneimittelgebrauch und zur -sicherheit unter Routinebedingungen zu gewinnen, bietet die Methode der nicht-interventionellen Studie (NIS) im Sinne einer Anwendungsbeobachtung (AWB). Bisherige Empfehlungen fokussieren jedoch in erster Linie auf die Durchführung in Zusammenarbeit mit Ärzten. Das Ziel der Arbeit war es, ausgehend von der Analyse regulatorischer Anforderungen auf europäischer und nationaler Ebene, der Evaluierung apothekenbasierter, arzneimittelorientierter AWB/NIS in Deutschland und der Auswertung internationaler Beobachtungsstudien in Apotheken erstmalig einen Leitfaden für die Planung und Durchführung von AWB/NIS zu formulieren, der Kriterien für das Studienfeld der öffentlichen Apotheke festschreibt. Im ersten Schritt wurden die regulatorischen Rahmenbedingungen einschließlich bisher publizierter Empfehlungen zu AWB/NIS ausgewertet. Auf Basis einer systematischen Literaturrecherche wurden zum einen in Deutschland durchgeführte AWB/NIS sowie internationale Beobachtungsstudien in Apotheken anhand definierter Ein- und Ausschlusskriterien ausfindig gemacht und per standardisiertem Erhebungsbogen analysiert. Auf Basis dieser Schritte wurden Anforderungen an apothekenbasierte AWB/NIS in einem Kriterienkatalog zusammengefasst. Unterschiedliche Aspekte des Kataloges wurden in zwei Pilotprojekten hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit überprüft (Längsschnittstudie zur Anwendung eines Komplexmittels bei Erkältungsbeschwerden, Querschnittsstudie zur Anwendung eines Antacidums bei magensäurebedingten Beschwerden). Auf Basis der Resultate wurden die formulierten Kriterien diskutiert und in einem Leitfaden für Apotheken zusammengefasst. Die rechtliche Basis für NIS bilden europäische Richtlinien sowie das deutsche Arzneimittelgesetz. Diese Grundlagen definieren für NIS in Apotheken Folgendes: Durch Vorgaben der Studie darf kein Einfluss auf die Beratung des Apothekers und die Information des Patienten zur Anwendung des Arzneimittels erfolgen; die Entscheidung einen Patienten in die Studie einzubeziehen liegt allein beim Apotheker. Apothekenbasierte AWB/NIS in Deutschland werden in erster Linie zur Selbstmedikation von Erkältungen, Kopfschmerzen oder Hautproblemen durchgeführt. Von arztgestützten AWB/NIS unterscheiden sie sich vor allem in folgenden Aspekten: Untersuchung verschreibungspflichtiger Arzneimittel, Indikationsgebiet, Therapie-/Beobachtungsdauer. Bisherige deutsche Publikationen wiesen oftmals folgende Defizite auf: Unzureichende Beschreibung der einbezogenen Patienten/Apotheken, Nichtteilnehmer und Nonresponder, ungenügende Umsetzung qualitätssichernder Maßnahmen, Über- oder Fehlinterpretation der Ergebnisse und mangelnde Diskussion methodischer Schwächen. Aus den Publikationen zu internationalen Beobachtungsstudien in Apotheken ließen sich folgende Schwerpunkte extrahieren, die in vielen Aspekten mit den Problemfeldern deutscher AWB/NIS übereinstimmen: Auswahl bzw. Rekrutierung von Patienten/Apotheken, Antwortraten, Nichtteilnehmer und Nonresponder, Pilotierung, Bias, Schulung/Qualifizierung der Apotheken, Finanzierung, Honorierung, Datenerhebung und Ethik. Aus den internationalen Studien lassen sich daher Lösungsansätze ableiten, die für die Durchführung von AWB/NIS in Deutschland genutzt werden können. Die Prüfung zahlreicher abgeleiteter methodischer Kriterien in den Pilotprojekten zeigte eine gute Umsetzbarkeit. Zudem konnten für das Umfeld der öffentlichen Apotheke in Deutschland neue Aspekte untersucht werden, z. B. bei der Rekrutierung von Patienten oder der Dokumentation von Nichtteilnehmern. Aufbauend auf den Ergebnissen wurde ein Leitfaden zur Planung und Durchführung von NIS im spezifischen Umfeld der öffentlichen Apotheke entwickelt. AWB/NIS können einen wertvollen Beitrag zur praxisorientierten Forschung in Apotheken leisten und zur Erweiterung von Daten aus der Versorgungsrealität beitragen, sofern sie sorgfältig geplant und durchgeführt werden. Die in der Auswertung apothekenbasierter NIS in Deutschland aufgefundenen methodischen Schwächen verdeutlichen die Notwendigkeit Anforderungen festzuschreiben. Zur Förderung der qualitativen Umsetzung dieser Studien konnten im Rahmen der vorliegenden Arbeit erstmals methodische Anforderungen in einem Leitfaden für die öffentliche Apotheke formuliert werden.
DOI:10.17192/z2010.0397