Protokoll der 53. Abendaussprache


Quelle: Berlin, Landesarchiv: Rep. 140, Acc. 4573: Schulfarm Insel Scharfenberg: Chronik der Schulfarm Insel Scharfenberg, Bd. V, S. 115-117

[Datum: , 07.01.1925 - Protokollant: Wilhelm Blume]


[...]. Am 7. Januar fanden in der 53. Abendaussprache, die vom Vorsitzenden mit einem Nachruf auf Handtke [Anm. 1] eingeleitet wurde, dessen Andenken durch Erheben von den Sitzen geehrt wurde, die Semesterwahlen statt.

Zu den Ausschußmitgliedern wurden gewählt außer Herrn Wolff (44 Stimmen), Walter Schramm (43 Stimmen), Hans Woldt (26 Stimmen): Fritz Geister nach doppelter Stichwahl gegen W. Jandt und P. Heinrichsdorff.

Für Verwaltung der Malerutensilien soll fortan ein eigener Beamter sorgen; eine Stichwahl zwischen Pewesin und Opalka betraute ersteren damit.

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Bei Besetzung des Bullenbauwarts war Stichwahl zwischen Samter und Metz, beim Tafel[??]/Inselamt zwischen Voigt und Berisch, beim Feuilletonberichterstatteramt zwischen Völkner und Berisch [Anm. 2]. Berisch ward vom Ausschuß nach der Auszählung energisches Befremden ausgesprochen, weil er dieses Geschäft durch spielerische Umstellung der Ämter auf den Wahlzetteln arg verzögert hatte.

Hauswart wurde an Stelle W. Grundschöttels, der ohne Angabe von Gründen quais ablehnte, W. Jandt (29 Stimmen), um das Haus-Wart der für die Ordnung um das Haus herum, für die dortigen Anlagen etc. verantwortlich ist, G. Metz (38 St.).

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SaalwartFr. Geister (43 St.)
Lesesaalwart H. Röhrborn (42 St.)
KultursaalwartFr. Blümel (47 St.)
GartensaalwartW. Schramm (44 St.)
1. HeizerW. Schramm (47 St.)
2. Heizer H. Reschke (44 St.)
3. Heizer K. Grundschöttel (44 St.)
Lichtwart Bruno Opalka (23 St.)
LampenwartP. Heinrichsdorff (42 St.)
FährkassenwartP. Heirichsdorff (30 St.)
Laboratoriumswart R. Wernecke (32)
WerkzeugwartH. J. Noeggerath (25)
BuchbinderwartA. Fritz (37)
PostagentE. Kroll (29)
Badewart E. Kroll (28)
1. Geflügelwart H. Link (40)
2. GeflügelwartH. Hobus (31)
ZiegenwartH. Hobus (45)
Mahlzeitenchef G. Krampe (40)
Politische BerichterstattungFr. Blümel (46)
Apotheker Reschke (45)


Während der Auszählung der Zettel im Lesesaal ward oben die obligate Sommernachtstraummusik gespielt; daß es schließlich auch bei "Oma, mein Häuschen" landete, ist von einigen nicht angenehm empfunden in einer Aussprache, die mit dem Nachruf auf einen Toten begonnen hatte. Aus Anlaß des Fährunglücks wurden folgende Sicherheitsmaßregeln beschlossen:

1. Im 2. Kahn sind stets Dollen zu belassen; im Korridor des Braunhauses erhält ein Paar Ersatzruder seinen Platz,

2. Kein Fährmann darf in einer Fahrt mehr als 6 Personen mitnehmen; 1 Rad ist einer Person dabei gleichzuzählen,

3. Während der Eiszeit soll eine Leiter am Ufer stets bereitliegen,

4. Die Anschaffung eines Rettungsringes soll in Erwägung gezogen werden.

Um ein besseres Funktionieren des Fährdienstes zu gewährleisten, erklären sich physikalische Bastler wie Rudi Frey bereit, vom Braunhause eine Klingelleitung zum Bollehaus zu legen, damit die dort Wohnenden, die das Rufen hören, den

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etwa drüben beheimateten Fährdienst alamieren können; denn es ist von den im Braunhaus Wohnenden zu viel verlangt, daß sie jedem Ruf Genüge leisten.

Auf Antrag Walter Schramms beschließt man, beim Mittagessen erst nach dem Hereinkommen des Chroniden die Plätze einzunehmen, vorher den Saal möglichst noch gar nicht zu betreten; der Tischspruch ist dann das Zeichen zum Setzen. Es soll auf diese Weise der Tischdienst von lästigen Herumstehenden entlastet und die Unruhe im Saal vor dem Essen gedämpft werden; der schöne neue Saal verlangt von selbst etwas anständigere Formen!

Auf Anregung Blumes wird beschlossen, daß die Musik zur Abendaussprache in der Regel von den Schülern dargeboten werden soll; wenn man sie sowohl am Anfang als am Schluß Herrn Bandmann überlasse, möge sie lieber ausfallen. Der Antragsteller empfindet es mit der Mehrheit als unnatürlich, wenn unsere Abendaussprache, die dem Schüler soviel Rechte gewähre, wie in keinem anderen Heime es üblich sei, nicht auch in dieser Beziehung von Selbsttätigkeit zeuge. Auch für die Feierlichkeit des Tischspruchs wird bei dieser Gelegenheit gegen die Gewohnheit angekämpft, sie mehr und mehr dem Chroniden zu überlassen.


Anmerkungen::

Anm. 1:
Am 30.12.1924 hatte sich der erste große Unglücksfall auf Scharfenberg ereignet: Der landwirtschaftliche Helfer Helmut Handtke, 8 Wochen vorher von Herrn Glasenapp angenommen, fiel beim Übersetzen vom Festland ins Wasser und ertrank.

Anm. 2:
Die unterstrichenen Namen bezeichnen die Wahlsieger.



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