Protokoll der 13. Abendaussprache


Quelle: Berlin, Landesarchiv: Rep. 140, Acc. 4573: Schulfarm Insel Scharfenberg: Chronik der Schulfarm Insel Scharfenberg, Bd. I, o.S.

[Datum: So, 10.09.1922 - Protokollant: Martin Grotjahn]


Die 13. Abendaussprache begann mit einer Mozartsonate.

Als erstes konnten der Gemeinschaft die von Herrn Lange gestifteten Chemikalien und die von Herrn Netzband geschenkten Bücher gezeigt werden. Dann ging man zur Tagesordnung über.

I. Die Ernte der Früchte. Blume: Es handelt sich um Äpfel, Pflaum- und Nußbäume, die der Gemeinschaft zugesprochen worden sind. Soll die Gemeinschaft ernten, oder sollen die Früchte dem Raubzuge Einzelner überlassen werden? Man beschloß einstimmig, die Ernte nur der Gemeinschaft zu gestatten. Der Vorschlag Blume, einen Obstwart zu wählen, wird angenommen, nachdem ein Vorschlag, dieses Amt dem Ackerwart zu übertragen, abgelehnt worden war. Da Ulm und Röhrborn ablehnten, fielen auf Geister 11 Stimmen, Berisch 6, Kraemer 4, Ewerth 1.

II. Das Wecken am Montag (Antrag Baader). Baader: Der Unterricht beginnt nicht wie sonst um 7, sondern um 8.30. Deshalb soll an statt um 5.45 um 7 geweckt werden, um 7.45 Kaffee trinken, um 8.35 mit Freiübungen die Schule beginnen. Wird ohne Diskussion angenommen.

III. Die Holzfrage: Blume: Dem Reden muß endlich das Arbeiten folgen! Einige haben sich zwar schon die größte Mühe gegeben, den Keller mit Holz zu füllen - allen voran hat sich Ulm verdient gemacht - aber trotzdem müssen wir einen Mann für die gröbste Arbeit nehmen. Ulm: Ein Mann ist zu teuer. Wir wollen lieber Spielen und Baden (große Unruhe und Widerspruch) ausfallen lassen. Die Gemeinschaft soll lieber 3 Gruppen von je 8 Mann bilden, die nacheinander je einen Nachmittag sich obligatorisch den Holzarbeiten widmen. Dorn hält viele zu schwach für derartige Arbeiten. Außerdem kämen dann die wissenschaftlichen Arbeiten zu kurz. Grotjahn: Zum Stapeln z.B. ist keiner zu schwach. Zwischen Wissenschaft und Körperarbeit wählen wir das für uns im Augenblick Wichtigere: Die Körperarbeit. Antrag Ulm wird mit 8:12 Stimmen abgelehnt.

IV. Spielen. Antrag Blume, nur an 1 Nachmittag in der Woche zu spielen. Ulm, Schramm dagegen. Abstimmung ergibt einstimmig, bis auf Weiteres nicht mehr täglich zu spielen. 15 stimmen für 1 Tag (Vorschlag Baader: Donnerstag). Antrag Baader, einen Spielrichter zu wählen, wird mit 12:7 Stimmen in der Abänderung angenommen, die Wahl nur bei Abwesenheit des Spielwarts vorzunehmen.

V. Neuwahl eines Ausschußmitgliedes und des Spielwartes. Baader gibt die (persönlichen) Gründe für seinen Rücktritt nicht an. Schlägt vor, einen Zwischenstüfler in den Ausschuß zu wählen. Man beschließt mit 15 Stimmen, diesmal das passive Wahlrecht für den Ausschuß nur der Zwischenstufe zu erteilen. Wahlergebnis: Ausschuß: Metz 14 Stimmen, Woldt 5, Dehne 1, Böhm 1, Geister 1. Spielwart: Ulm 16, Metz 4, Schramm, Geister, Woldt, Böhm, Frey, Ewerth je 1 (26 Stimmen).

VI. Antrag Wernecke: Sparsamerer Umgang mit der Apotheke. Den 1. Verband soll die Schule liefern. Den 2. der Unglücksmann. Stenger will die Versicherung haftbar machen. Grotjahn hält die Gerätekammer nicht für den geeigneten Ort für Verbandsmaterial. Man beschließt: 1.) Böhm, Ewerth, Schramm bauen Werneckes Schrank um, so daß er zur Aufnahme der Apotheke fähig ist. 2.) Der Schrankschlüssel wird öffentlich ausgehängt. 3.) Den Ersatz für verbrauchte Verbandsstoffe übernimmt die Versicherung.

Einen inzwischen gestellten Schlußantrag begründet Kraemer: Zu Montag soll man sich ausschlafen. Nur 6 sind für den Antrag. Man geht zum

VII. Punkt über. Blume macht die Anregung, Studien über Reformschulversuche zu machen. Wir wollen keine Arbeitsgemeinschaft für Pädagogik gründen, sondern über uns ähnliche Unternehmen lesen, die uns vielleicht Wertvolles geben.

VIII. Lampenfrage. Blume: Es sind noch nicht genug Lampen vorhanden. Für Küche und Küchendienst wird noch eine benötigt. Es wird festgestellt: Die Lampe im Zimmer Kraemer - Wernecke ist reparaturbedürftig. Im gelben Zimmer brennt man eine Gemeinschaftslampe. Zimmer Gawronski - Grotjahn - Frey ist nicht ausreichend versorgt. Die anderen Zimmer sind versorgt. Antrag Grotjahn, betrifft Petroleumversorgung, wurde mit 12:10 Stimmen beschlossen, der Schulgemeinde vorzulegen.

Nach Ablehnung eine 2. Schlußantrags Kraemer (8 Stimmen dafür) wurde der

IX. Punkt beraten. Antrag Wernecke - Grotjahn auf Abschaffung des 2. Saaldienstes. Begründung: Er hat nichts zu tun. Blume, Wahle, Dorn sprechen als Chroniden gegen Antrag. Antrag wird abgelehnt (4 Stimmen dafür).

Ein dritter Schlußantrag (Baader) fand nur 3 Mann Unterstützung.

X. Wie soll man den Geburtstag von Mitgliedern der Gemeinschaft feiern? Berisch: In Wickersdorf feierte man ihn nur in den einzelnen Kameradschaften. Die Weiterberatung der Frage wird vertagt.

XI. Anregungen. Woldt: Muß der Flügel immer abgeschlossen werden? Dorn: Fürchtet Profanisierung des Klavierspielens. Beschluß: Der Flügel wird auch in Zukunft abgeschlossen. Wenn gespielt wird, sollen auf Anregung Wahle Fenster und Tür geschlossen werden. Wernecke: Woher soll ich neues Material für die Apotheke nehmen? Der Stifter, Herr Jacobowitz, will neues liefern. In Zukunft die Versicherung. Frey bittet um neue Tassen, Baader um mehr Brotkarten. Markenfreies Brot kostet bis 90,- M.! Die Bitte[n] um Lampen und Brotkarten soll[en] in der am nächsten Sonntag, den 17. Sept. stattfindenden Schulgemeinde wieder vorgebracht werden.

Dauer der Abendaussprache von 8.35 - 9.35

14. Sept. 1922



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