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Titel:Das Konzept ‛am ausgehend von Jesaja 1-12
Autor:Martínez Muñoz, Milton Joel
Weitere Beteiligte: Kessler, Rainer (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2012
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2013/0086
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2013-00867
DOI: https://doi.org/10.17192/z2013.0086
DDC:220 Bibel
Titel (trans.):The Concept of ‛am According to Isaiah 1-12
Publikationsdatum:2013-03-12
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Israel, people, Israel, justice, prophecy, Gerechtigkeit, Prophetie, Volk, Isaiah, Jesaja <Buch> 6

Zusammenfassung:
Die Arbeit untersucht die Frage, welches Konzept mit dem hebräischen Wort ‘am im Buch des Propheten Jesaja in den Kap. 1-12 verbunden ist. Die hebräische Vokabel wird gewöhnlich in den modernen Sprachen mit „Volk“ wiedergegeben. Dahinter verbergen sich jedoch unterschiedliche Vorstellungen. „Volk“ kann die Bedeutung von „Nation“ haben. Daneben wird „Volk“ aber auch für eine klassenbewusste Distanzierung zwischen den gewöhnlichen Leuten (eben dem „Volk“) und den Personen, die bestimmte soziale Ränge inne haben, gebraucht, wodurch ein deutlicher Unterschied zwischen Regierenden und Regierten, Herrscher und Beherrschten, Gebieter und Unterdrückten oder Täter und Opfer erzeugt wird. „Das Volk“ sind dann diejenigen, die keinen Zugang zu den Machtpositionen haben. Die Arbeit konzentriert sich aus praktischen Gründen auf den ersten Teil des Buches Jesaja, also die Kapitel 1 bis 12. Diese lassen sich in vier Blöcke unterteilen: Jes 1,1 – 2,5 / Jes 2,6 – 4,6 / Jes 5,1 – 9,6 / Jes 9,7 – 12,6. Jeder der Blöcke enthält im Wesentlichen zwei Grundelemente: Anklage (manchmal mit Mahnung) und Versprechen. Dabei schließen die Blöcke immer mit einem Wort, welches das Versprechen der Erneuerung enthält. In diesen Blöcken lässt sich zugleich eine progressive thematische Entwicklung feststellen, wobei jeder Block einen charakteristischen Schwerpunkt enthält: Anklage / Der Tag Jhwhs / Der Beauftragte / Restauration. Die vier Blöcke finden ihre Mitte in dem Konzept ‘am. Dieses Konzept ist über den gesamten Verlauf des Textes hinweg gegenwärtig. In allen Fällen ist ‘am ein Kollektiv. Block 1 konzentriert sich auf die Anklage. Das Konzept ‘am schließt sowohl die Führer als auch die zeitgenössische Bevölkerung, das einfache Volk, ein. Die Gesellschaft besteht aus diesen beiden Teilen, die sich beide in einem bedauerlichen Zustand der Auflösung befinden. Dabei sind weder die Führer aufgrund ihrer Ungerechtigkeit noch die Bevölkerung wegen ihrer Armut bzw. als Opfer ausgenommen. Die Folgen schlechter Taten und das Tun von Unrecht betreffen die gesamte Gesellschaft. Weder Opfer noch Täter sind davon ausgeschlossen. Block 2 mit der Ankündigung des Tages Jhwhs bringt zum Ausdruck, dass ‘am kein statisches Wort, sondern ein belebtes Konzept ist. Dabei sprechen die Kap. 2-3 von Vergehen, die nur von einer führenden Schicht begangen worden sein können. Ihnen stehen die Opfer der Ungerechtigkeit und der Verbrechen gegenüber. Diese werden «der Rest» genannt. Hier wird also eine Unterscheidung innerhalb des Kollektivs getroffen. Trotz alledem bilden die einen wie die anderen die Ganzheit des ‘am. Mit Block 3 und 4 erreichen wir den Höhepunkt des Textes. Es zeigt sich, dass es sich bei ‘am nicht um eine statische Größe, sondern um ein Projekt handelt. ‘am ist ein Projekt. Es ist ein nationales und ein soziales Projekt. Das Fundament und der Körper dieses Projekts sind Gerechtigkeit und Recht. Zu Beginn des Blockes werden sie genannt, um auf die Gründe für das Scheitern des Projektes hinzuweisen, und zum Schluss, um die Gründe für die Wiederherstellung desselben aufzuzeigen. ‘am sind nicht nur die Armen und Unterdrückten. ‘am ist das gesamte Kollektiv. Dieses Kollektiv ist aber keine statische Größe, sondern ein belebtes Konzept. Es ist das soziale Projekt Jhwhs. Nur wenn dieses Projekt zustande kommt, gibt es die Hoffnung für das Volk auf ein menschenwürdiges Leben. Das Projekt ‘am in Jes 1-12 lässt sich im Bild eines Baumes beschreiben. Das Blattwerk ist das Kollektiv, das das Leben des Baumes sichtbar werden lässt. Stamm und Äste sind die Gerechtigkeit und das Recht. Wenn sie nicht bewahrt werden, wird das Blattwerk nicht fortbestehen können. Wenn andererseits der Baum aber keine Wurzel hat, nämlich das Wort, die ihn nährt und hält, kann dieser nicht fortbestehen und sich aufrecht halten. Der Verwirklichung des Projekts ‘am steht eine Reihe institutioneller Strukturen entgegen: die monarchische Regierungsform, die Interessen wirtschaftlicher Gruppen, das Streben nach Besitz und die Manipulation des Gesetzes. Um dieses Projekt zu verwirklichen, muss die gesellschaftliche Pyramide, bei der das gewöhnliche Volk unten und der König oben stehen, umgekehrt werden. Die Basis bildet das Wort Gottes, und die Baumkrone ist das Kollektiv, das durch Recht und Gerechtigkeit gehalten wird. ‘am wird im Verlauf von Jes 1-12 als ein soziales Projekt vorgestellt, in dem Einheit und Versöhnung möglich sind. Es bietet ein ideales Umfeld für das Zusammenleben des Kollektivs und kann als globales Modell bezeichnet werden. Das Leben in der Gemeinschaft innerhalb des ‘am ist eine heilvolle Alternative, da es sich um ein Leben handelt, das auf menschliche Weise geführt werden kann, ein Zustand, in dem das Kollektiv eine hohe Lebensqualität genießen kann.

Bibliographie / References

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  4. Definition der sozialen Kodizes versuchte, Konflikte, die Risiken, Aufwand oder Anstrengung für die Krone darstellen könnten, zu vermeiden. Also war das Hauptziel nicht das Kollektiv; das letzte Ziel war die Krone. Betrachten wir beispielsweise die Rechtfertigung, die Hammurapi für die Auferlegung seines
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  6. Jesaja vermittelt uns den traurigen Eindruck, dass jeder, der Macht egal welcher Art hat, diese für das Schlechte verwendet, um den armen Bürgern zu schaden. Aus diesem Grund erhalten diese Personen sehr harte Bezeichnungen von dem Propheten. In Bezug zu ihren Mitbürgern sind sie " Mörder " (1,21) und " Diebe " (1,23), in Bezug zu Gott " seine Feinde " und " Widersacher " (1,24), die er vernichten wird (1,24-25), indem er über sie ürteilt (3,14), ihre Häuser verwüstet und ihre Felder unfruchtbar werden lässt (5,9-10), ihren Festgelagen ein Ende setzt (5,13) und sie in die Verbannung schickt (10,4))
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  9. Ein kurzer Blick auf die Geschichten in den Büchern der Könige und den Chroniken erlaubt uns festzustellen, dass es in Israel tatsächlich auch so war, sogar in den Zeiten der aus religiöser Sicht " besten " Könige, z.B. im Fall Davids, wo – trotz seiner politischen Wichtigkeit – der Autoritarismus, die gewaltsame Durchsetzung und die diktatorische Regierung über die Gemeinschaft offensichtlich waren. 48
  10. Vielleicht ist die Frau des Urias der erwähnenswerteste Fall, dennoch zeigt sich sein diktatorischer Charakter auch in der Reaktion des Arauna, die in 2 Sam 24 festgehalten wurde. David wollte ihm sein Eigentum abkaufen, doch Arauna fürchtete um sein Leben und schenkte dem König sein Land. In derselben Erzählung findet sich auch die Volkszählung als ein Akt des persönlichen Stolzes. Oder es gibt die Konflikte, die er mit seinem Sohn Absalom durchlebte, der das geringe Interesse des Königs für sein Volk für einen populistischen Diskurs nutzte, um daraus seinen eigenen Nutzen zu ziehen.
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  12. Aus diesem Grund wurde dieser Bezugsrahmen, der Rahmen der Monarchie, der vereinten wie der geteilten, zur direkten Quelle, aus der die mutigen Propheten des 8.Jh. v.Chr. die Umstände aufgriffen, die zum Ziel ihrer Sozialkritik wurden.
  13. Sicre, Con los pobres, S.242. (Die Mächtigen im weitesten Sinne des Wortes (die bürgerlichen, königlichen, militärischen und religiösen Autoritäten; Richter, Potentaten, Großgrundbesitzer) sind die Verursacher und Verantwortlichen der Ungerechtigkeiten.
  14. Kelsen, Was ist Gerechtigkeit?, S.23. Dieser Gedanke ist iim Laufe der Geschichte aufgetaucht und wird auch heute noch von vielen akzeptiert. Dies ist auch in Kaiser, Isaiah 1-12, der Fall, der Anhänger des Gedankens ist, dass Gerechtigkeit bedeutet, einem jeden das zu geben, was ihm gehört. S.103.
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  28. Jesaja stellt die führende Schicht vollkommen bloß und deckt die wahren Motive und Interessen auf, die eine Person dazu führt, ein Regierungsamt anzustreben. " Son los poderosos, en el sentido más amplio de la palabra (las 47
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  37. Kodex gab: " um die Götter zu befriedigen " , während er versicherte, dass er, obwohl er mit keiner Gottheit verwandt sei, der " Günstling der Gottheit " sei, oder lesen wir u.a. die Autobiographie des Herkhuf, Khety oder Rekh-mi-re, 47 von Ägypten, wird deutlich, dass die Gerechtigkeit, die sie bewirkten, auf gewisse Weise ein Akt von Populismus war, um das Wohlwollen des Volkes zu erreichen. Ausgehend von diesen Dokumenten, können wir verstehen, dass der Herrscher das Zentrum der Gemeinschaft war und nicht die Gemeinschaft der Daseinsgrund des Herrschers.
  38. BRUNET, Gilbert, Essai sur l'Isaïe de l'histoire: étude de quelques textes notamment dans Isa. VII, VIII & XXII, Picard, Paris, 1975


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