Zusammenfassung:
Pflegekräfte gehören zu einer der Hochrisikogruppen für beruflich bedingte
irritative Handekzeme. Als Ursache wird hierbei u.a. die häufige Durchführung
von Handhygienemaßnahmen angesehen. Diese sind jedoch unverzichtbar für
die Vermeidung und Reduktion nosokomialer Infektionen. Eine hohe
Compliance beim Pflegepersonal ist daher unverzichtbar.
Die Compliance für Handhygienemaßnahmen hängt abgesehen von Faktoren
wie Wirksamkeit und Verfügbarkeit maßgeblich davon ab, wie die Pflegekräfte
notwendige Handhygieneprozeduren hinsichtlich ihrer Hautverträglichkeit
wahrnehmen, da nur bei einer positiven Einschätzung die empfohlenen
Maßnahmen auch umgesetzt werden.
Ziel unserer Studie war es, die Einschätzung der Pflegekräfte bezüglich der
Verträglichkeit der zwei Standardhandhygienemaßnahmen, die alkoholische
Händedesinfektion und die Händewaschung mit desinfizierenden Detergentien,
zu untersuchen. Des weiteren sollten Daten zur Prävalenz von beruflich
bedingten, irritativen Handekzemen beim Pflegepersonal sowie zur
Sensibilisierungsrate auf Alkohole und alkoholische Händedesinfektionsmittel
gewonnen werden.
Hierzu erfolgte zunächst in Marburg im Rahmen einer Pilotstudie eine erste
Fragebogenaktion mit einem selbst entworfenen Fragebogen. Anschließend
konnten sich Pflegekräfte mit Hautveränderungen der Hände mittels einem
Epikutantest untersuchen lassen, um mögliche Sensibilisierungen aufzudecken.
Im Anschluss wurde die Untersuchung auf 5 weitere Zentren der Deutschen
Kontaktallergiegruppe (DKG) ausgedehnt. Der Fragebogen wurde hierfür
modifiziert und auf eine Seite gekürzt. Eine anschließende Epikutantestung
wurde für Alkohole und alkoholische Desinfektionsmittel angeboten. Insgesamt
50 Probanden wurden in Marburg und den weiteren Testzentren mittels
Epikutantest untersucht.
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Die Ergebnisse des Fragebogens der Pilot- und der Multicenterstudie zeigten,
dass die Mehrzahl der Pflegekräfte (Pilotstudie: 60,1%/ Multicenterstudie:
69,5%) die alkoholische Händedesinfektion trotz nachgewiesener besserer
Verträglichkeit für die schädlichere der beiden Handhygieneprozeduren hält. Als
Schädigungsursache wurde überwiegend ein direkt irritativer Mechanismus
(79,2%/ 52,1% hinsichtlich der alkoholische Händedesinfektion, 65,5%/ 36,2%
hinsichtlich der hygienischen Händewaschung) und nur selten eine echte
allergische Reaktion vermutet (alkoholische Händedesinfektion: 10.4%/5,8%,
hygienische Händewaschung: 7,77%/ 3,9%). Die Prävalenz von irritativen
Handekzemen der Multicenterstudie lag zwischen 13.4% (Selbstdiagnose) und
22.4% (symptom-basiert). 43,2% litten innerhalb des letzten Jahres an milderen
Hautveränderungen. Es konnten keine Sensibilisierungen auf Alkohole in den
50 Testpersonen und nur 2 positive, und hiervon nur eine bestätigte
Testreaktionen auf alkoholische Händedesinfektionsmittel (einmal auf
Desmanol, einmal auf Sterillium) festgestellt werden. Keine dieser
Sensibilisierungen stand im Zusammenhang mit den in den alkoholischen
Händedesinfektionsmitteln enthaltenen Alkoholen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass obwohl die alkoholische
Händedesinfektion die hautverträglichere Handhygieneprozedur darstellt, die
Mehrzahl der Pflegekräfte diese für schädlicher als die Waschung hält. Es ist
daher zu empfehlen nicht nur zu Beginn der Ausbildung, sondern auch in
regelmäßigen Abständen diesbezüglich Schulungsprogramme bei Pflegekräften
durchzuführen. Diese sollten in einem multimodalen Ansatz die Wichtigkeit der
Händedesinfektion zur Reduktion nosokomialer Infektionen sowie die gute
Wirksamkeit und insbesondere im Vergleich zur hygienischen Händewaschung
bessere Hautverträglichkeit alkoholischer Händedesinfektionsmittel betonen.
Ziel ist es, durch die Anwendung von besser verträglichen Handhygienemaßnahmen
die Compliance zur Handhygiene zu steigern,
nosokomiale Infektionen zu minimieren und gleichzeitig Handekzemen bei
Pflegekräften vorzubeugen.