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Titel:Langzeit-Elektroenzephalographie bei Parkinson-Patienten mit und ohne Schlafattacken
Autor:Unger, Miriam
Weitere Beteiligte: Möller, Jens Carsten (Dr.)
Veröffentlicht:2008
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2008/0354
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2008-03547
DOI: https://doi.org/10.17192/z2008.0354
DDC: Medizin
Titel (trans.):Continuous polysomnography in PD patients with and without sleep attacks
Publikationsdatum:2008-05-23
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Mikroschlaf, Schlafattacke, Schlafstörung, Tagesmüdigkeit, Schlaf-Wach-Rhythmus, NREM-Schlaf, Schlaf, Sudden onset of sleep, Langzeit-Elektroencephalographie, Sleepiness, EEG, Parkinson’s disease, Parkinson-Krankheit, Sleep attack

Zusammenfassung:
1999 berichteten Frucht und Mitarbeiter von acht Parkinson-Patienten, die plötzlich am Steuer eines Kraftfahrzeuges einschliefen und dadurch Verkehrsunfälle verursachten. Die Autoren gaben dem Einschlafereignis den Begriff der „Schlafattacke“. Daraufhin folgten zahlreiche weitere Publikationen, die sich mit „plötzlichem Einschlafen“ (Sudden Onset of Sleep, SOS), Tagesmüdigkeit und Nachtschlaf bei Morbus Parkinson beschäftigten. Klinisch können zwei Arten von „plötzlichem Einschlafen“ unterschieden werden: SOS mit und ohne vorhergehender Müdigkeit. Bei letzterem wird postuliert, dass die Tagesmüdigkeit zwar vorhanden ist, aber nicht wahrgenommen wird. Bisher gibt es nur wenige und zudem widersprüchliche Publikationen über polysomnographische Aufzeichnung von SOS. Bei einem Patienten entsprach „plötzliches Einschlafen“ im EEG REM-Schlaf und bei insgesamt sieben Patienten Non-REM-Schlaf. Hauptziel der vorliegenden Arbeit war es, „plötzliches Einschlafen“ im EEG zu charakterisieren. Zudem sollte herausgefunden werden, ob sich Parkinson-Patienten mit und ohne Einschlafereignisse im Nachtschlaf, der Tagesmüdigkeit oder der Aufmerksamkeitsleistung unterscheiden. Zur Klärung dieser Fragen wurde eine Fall-Kontroll-Studie konzipiert, bei der wir 7 Patienten mit und 7 ohne SOS einander gegenüberstellten. Aus einem Pool von 6620 Patienten wurden die Studienpatienten rekrutiert und nach verschiedenen Kriterien einander zugeordnet. Tagesmüdigkeit war nur in der Fallgruppe zugelassen. Zur Gewährleistung der Ein- und Ausschlusskriterien und zur Beurteilung von Krankheitsschwere und Tagesmüdigkeit wurden verschiedene Tests durchgeführt und Fragebögen ausgefüllt. Für die Erfassung von Vigilanz und Aufmerksamkeit kamen verschiedene Computertests (TAP) zum Einsatz. Schließlich wurden bei allen Studienpatienten über einen Zeitraum von circa 24 bis 48 Stunden Tagesschläfrigkeit, Schlafattacken, Mikroschlaf, längerer Tagesschlaf und Nachtschlaf mittels EEG, EMG und EOG erfasst. Beim Auftreten von Schlafattacken wurden die Patienten angewiesen, einen Eventmarker zu betätigen. Schlafattacken wurden zu 18 Zeitpunkten von den Patienten der Fallgruppe durch Betätigen des Eventmarkers im EEG markiert. Diese EEG-Abschnitte zeigten Intrusionen von Non-REM-Stadien 1 und 2 in den Wachzustand. Zudem konnte kein Unterschied zwischen den Schlafparametern der Fall- und Kontrollgruppe gefunden werden. Beides spricht dafür, dass Schlafattacken nicht vorzugsweise bei dem Narkolepsie-ähnlichen Typ (mit SOREM-Episoden und gesteigerter Schlafeffizienz) auftreten. Unsere Ergebnisse zeigen weiter, dass Schlafattacken häufig die Kriterien von Mikroschlaf-Episoden erfüllen. Mikroschlaf trat jedoch bei allen Patienten auf und wurde nur von wenigen und nur in geringer Menge bewusst wahrgenommen. Eine Erklärung könnte in dem von uns gezeigten häufigeren Vorkommen von Mikroschlaf-Episoden in der Fallgruppe liegen. Möglicherweise steigt damit die Wahrscheinlichkeit, diese als Schlafattacken wahrzunehmen. In der Literatur wurde beschrieben, dass manche Parkinson-Patienten, die Tagesschlaf-Episoden nicht bemerkten, ihre Tagesmüdigkeit im ESS unterschätzten. Somit könnte die Wahrnehmung von Schlafattacken darin liegen, dass diese Patienten vermehrt Mikroschlaf erleben und sich zudem noch nicht an das Gefühl von Tagesmüdigkeit gewöhnt haben. Unsere Daten lieferten zudem Hinweise darauf, dass Schlafattacken mit gesteigerter Tagesmüdigkeit einhergehen: objektiv mittels Nachweis eines erhöhten Mikroschlaf-Vorkommens und subjektiv mit Hilfe höherer Werte auf der Schläfrigkeitsskala (ESS) in der Fallgruppe. Auch war eine reduzierte Aufmerksamkeit mit dem Vorkommen von Schlafattacken korreliert. Dagegen konnte kein Zusammenhang zwischen SOS und einem gestörten Nachtschlaf gefunden werden. In zukünftigen Studien sollten die Ursachen für Schlafattacken weiter geklärt werden. Zudem müssen Parkinson-Patienten über einen gestörten Nachtschlaf, Tagesmüdigkeit und bewusste, aber auch unbewusste Schlafereignisse tagsüber und die Möglichkeiten zur Reduktion dieser Symptome gründlicher aufgeklärt werden.


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