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Titel:Charakterisierung eines ABC-Transporters für kompatible Solute in dem hyperthermophilen Archaeon Archaeoglobus fulgidus und Untersuchungen zur thermoprotektiven Wirkung kompatibler Solute in Bacillus subtilis
Autor:Holtmann, Gudrun
Veröffentlicht:2002
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2003/0070
DOI: https://doi.org/10.17192/z2003.0070
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2003-00700
DDC:570 Biowissenschaften, Biologie
Titel (trans.):Charakterisierung eines ABC-Transporters für kompatible Solute in dem hyperthermophilen Archaeon Archaeoglobus fulgidus und Untersuchungen zur thermoprotektiven Wirkung kompatibler Solute in Bacillus subtilis
Publikationsdatum:2003-03-27
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Archaeoglobus fulgidus, Bacillus subtilis

Zusammenfassung:
Kompatible Solute wurden erstmals in Zusammenhang mit der Osmostressantwort verschiedener Organismen identifiziert und seitdem auch als Osmoprotektiva bezeichnet. In den letzten Jahren wurde jedoch deutlich, dass ihnen auch bei der Anpassung an andere widrige Bedingungen (Kälte, Hitze, Trockenheit) eine bedeutende Rolle zukommt und sie daher eher als generelle Stressprotektiva zu sehen sind. Im Reich der Bacteria sind Aufnahmesysteme für diese Verbindungen sehr gut charakterisiert, in Archaea wurde aber bislang nur ein Transporter für Glycin Betain auf molekularer Ebene identifiziert und näher untersucht. Gegenstand der vorliegenden Arbeit war die biochemische und physiologische Analyse eines putativen Transporters (ProU) aus dem hyperthermophilen Archaeon Archaeoglobus fulgidus, der auf Proteinebene signifikante Sequenzidentitäten zu bereits charakterisierten Aufnahmesystemen für kompatible Solute aufweist und zur Familie der ABC-Transporter zählt. Zur näheren Analyse der Substratspezifität und der kinetischen Parameter des extrazellulären Substratbindeproteins ProX, gelang es im Rahmen dieser Arbeit, das Protein funktionell in Escherichia coli überzuproduzieren und zu reinigen. ProX hat Glycin Betain und Prolin Betain als Substrat und weist für beide Verbindungen Affinitätskonstanten im unteren nanomolaren Bereich auf. Darüber hinaus zeigt es ein interessantes Temperaturverhalten, da es bereits bei 25C seine Substrate bindet und selbst bei 100C nicht thermisch inaktiviert wird. Um Aufschluss über die Struktur des Proteins und die Art der Substratbindung zu erhalten, wurden Kristallisationsexperimente mit dem heterolog exprimierten ProX durchgefhrt. Die Struktur von ProX wurde von André Schiefner (AG Welte, Universitt Konstanz) gelöst. Die Eigenschaften des Bindeproteins lassen darauf schließen, dass A. fulgidus mit dem ProUTransporter ein hochaffines Aufnahmesystem für kompatible Solute zur Verfügung steht und damit konnte ProU als erster ABC-Transporter für diese Verbindungen in einem hyperthermophilen Archaeon identifiziert werden. Eine Analyse hinsichtlich der physiologischen Bedeutung von Glycin Betain in A. fulgidus führte zu dem unerwarteten Ergebnis, dass Glycin Betain diesem Organismus nicht zu osmoprotektiven Zwecken dient, sondern Glycin Betain die Hitzetoleranz von A. fulgidus steigert. Westernblot Analysen mit einem ProX spezifischen Antikörper zeigten, dass die Menge von ProX in A. fulgidus Zellextrakten abhängig von Hitzestress, aber nicht osmotisch reguliert wird. Obwohl es nicht möglich ist, in A. fulgidus Deletionsmutanten zu generieren, lässt sich die Glycin Betain Aufnahme unter diesen Bedingungen vermutlich allein auf ProU zurckführen, da dem Organismus basierend auf Datenbankanalysen keine weiteren Aufnahmesysteme für diese Verbindung zur Verfügung stehen. Um nähere Einblicke in die Rolle kompatibler Solute als Thermoprotektiva zu erhalten, wurde die Nutzung kompatibler Solute in dem mesophilen Bodenbakterium Bacillus subtilis zur Thermoprotektion näher untersucht. Die meisten kompatiblen Solute, die von B. subtilis als Osmoprotektiva genutzt werden, wirken in diesem Organismus auch thermoprotektiv. Eine nähere Analyse der involvierten Aufnahmesysteme zeigte, dass B. subtilis für die Aufnahme kompatibler Solute bei Hitzestress dieselben Transporter nutzt wie unter osmotischem Stress. Mittels Northernblot-Analysen konnte eine durch Hitzestress induzierte Transkription der für die involvierten Transporter codierenden Gene nachgewiesen werden. Ein Vergleich des Glycin Betain-Pools ungestresster B. subtilis-Zellen und B. subtilis-Kulturen, die bei 52C kultiviert wurden lieferte Erkenntnisse darüber, welche Konzentrationen kompatibler Solute unter Hitzestress intrazellulär akkumuliert werden. In B. subtilis ist der Glycin Betain-Pool sowohl bei 37C als auch bei 52C nahezu identisch. Kompatible Solute müssen demnach bei supraoptimalen Temperaturen nicht, wie bei osmotischem Stress, bis zu molaren Konzentrationen angehäuft werden, sondern es reichen offenbar deutlich geringere Mengen aus, um eine effektive Thermoprotektion zu gewhärleisten. Einige Organismen synthetisieren unter Hitzestress dieselben kompatiblen Solute de novo wie unter hyperosmotischen Bedingungen. Da B. subtilis unter hyperosmotischen Bedingungen Prolin mittels de novo Synthese akkumuliert, wurde der osmotisch kontrollierte Prolinsyntheseweg (ProHJ) in B. subtilis im Zusammenhang mit Hitzestress näher beleuchtet. In Northernblot Analysen zeigte sich, dass die Gene für die Enzyme der osmotisch kontrollierten Synthese von Prolin auch unter Hitzestress deutlich induziert sind und Primerextension Analysen zeigten, dass die Transkription unter diesen Bedingungen unter der Kontrolle desselben A-abhängigen Promotors erfolgte wie bei hoher Salinitt. Eine ProHJ-Mutante wies aber bei 52C keinerlei Wachstumsnachteil im Vergleich zum Wildtyp auf und HPLC-Analysen von B. subtilis Zellextrakten belegten eine fehlende Prolin-Akkumulation bei 52C. B. subtilis nutzt bei Hitzestress also exogen vorhandene kompatible Solute und akkumuliert diese durch die bereits aus der Osmostressantwort bekannten Opu-Transporter. Eine Anhäufung kompatibler Solute durch de novo Synthese findet bei 52C jedoch nicht statt. Neben der allgemein bekannten Synthese sogenannter Hitzeschockproteine als Antwort auf Hitzestress kommt offenbar auch der Akkumulation kompatibler Solute aus der Umwelt als Anpassungsstrategie an supraoptimale Temperaturen eine fundamentale Bedeutung zu.


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