Evaluierung der Nutzbarkeit verschiedener Celluloseether zur Herstellung von peroralen Arzneiformen mittels Fused deposition modeling (FDM) 3D-Druck

Der „One size fits all“-Ansatz der medizinisch-pharmazeutischen Industrie basiert auf standardisierten Dosierungen und Arzneiformen und berücksichtigt nicht die individuellen Bedürfnisse von Patienten. Dies führt oft zu unzureichendem Therapieerfolg oder unerwünschten Nebenwirkungen. Besonders bei W...

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Main Author: Hartzke, David
Contributors: Runkel, Frank (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2025
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
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Description
Summary:Der „One size fits all“-Ansatz der medizinisch-pharmazeutischen Industrie basiert auf standardisierten Dosierungen und Arzneiformen und berücksichtigt nicht die individuellen Bedürfnisse von Patienten. Dies führt oft zu unzureichendem Therapieerfolg oder unerwünschten Nebenwirkungen. Besonders bei Wirkstoffen mit enger therapeutischer Breite ist die Standarddosierung problematisch. Des Weiteren ist die konventionelle Arzneimittelherstellung auf Massenproduktion optimiert und kaum flexibel genug, um personalisierte Arzneiformen in kleinen Chargen oder variabler Dosierung überhaupt zu produzieren. Zielsetzung dieser Arbeit war es die Palette an nutzbaren Hilfsstoffen für eine aufstrebende Herstellungstechnologie von personalisierten Arzneiformen, das Fused Deposition Modeling 3D-Druckverfahren, zu erweitern, um eine flexiblere Formulierungsentwicklung von individuellen Darreichungsformen zu ermöglichen. Das Fused Deposition Modeling (FDM) ist ein additiver Fertigungsprozess, bei dem ein thermoplastisches Material schichtweise aufgetragen wird, um ein dreidimensionales Objekt zu erzeugen. Dabei wird ein Filament erhitzt, durch eine Düse extrudiert und präzise auf eine Bauplattform aufgebracht, wo es abkühlt und aushärtet. In dieser Arbeit wurden verschiedene pharmazeutische Polymere (u.a. verschiedene Hydroxyethylcellulosen (HEC) und Hydroxypropylcellulosen (HPC)) und weitere Hilfsstoffe auf ihre Nutzbarkeit im FDM untersucht. Hierzu wurden sie zunächst auf verschiedene thermische Eigenschaften (Glasübergangs-, Schmelz- und Zersetzungstemperatur) untersucht und anschließend mittels Heißschmelzextrusion (HSE) in Filamente extrudiert. Nachfolgend wurden die Reinstofffilamente auf 3D-Druck-relevante Eigenschaften (u.a. Flexibilität, Oberflächenbeschaffenheit, Durchmesser) untersucht und im 3D-Druck auf ihre Druckbarkeit getestet. Binäre sowie ternäre Mischungen der untersuchten Polymere mit weiteren, weichmachenden Hilfsstoffen wurden ebenfalls extrudiert und unter gleichen 3D-Druck-relevanten Gesichtspunkten analysiert. Abgeschlossen wurde der experimentelle Teil mit der Inkorporation von zwei verschiedenen Wirkstoffmodellen (Diclofenac-Natrium und Fischsperma DNA) in quaternären Mischungen. Diese wurden extrudiert, auf ihre Verwendbarkeit im 3D-Druck analysiert und resultierende 3D-gedruckte Tabletten auf ihre Wirkstofffreisetzung aus den hergestellten Arzneiformen untersucht. Die Untersuchung zeigten, dass sich Celluloseether hervorragend für die Anwendung in der HSE und im FDM 3D-Druck eignen. Sie können als Reinstoffe bei moderaten Temperaturen zwischen 120 – 155 °C extrudiert werden und bieten des Weiteren auch vielfältige Möglichkeiten in der Formulierungsentwicklung in Kombination mit weiteren weichmachenden Hilfsstoffen wie Glycerol oder Triethylcitrat, so dass eine Extrusion sogar bei Temperaturen unterhalb von 100 °C möglich ist. Die resultierenden Filamente besaßen eine gute Oberflächenbeschaffenheit bei konstantem Durchmesser und guter Flexibilität. In Kombination mit thermosensitiver DNA, welche stellvertretend für Nukleinsäure-basierte Wirkstoffe als Model genutzt wurde, zeigte sich jedoch, dass der Einsatz im 3D-Druck mit Celluloseethern limitiert ist. Aufgrund der unterschiedlichen technischen Beschaffenheit von Heißschmelzextruder und 3D-Drucker waren die benötigten 3D-Drucktemperaturen für die Formulierungen mit 180 °C deutlich höher als bei der zuvor erwähnten Extrusion und sorgten dafür, dass der Wirkstoff thermisch degradierte. Die Formulierungsentwicklung für das thermisch resistentere Diclofenac-Natrium hingegen verdeutlichte, das Potential von HEC und HPC für den 3D-Druck. So konnten in ternären Mischungen aus verschiedenen HEC-Varianten mit 20 % (w/w) HPC SSL und 5 % (w/w) Diclofenac-Natrium Filamente mit konstantem Durchmesser, guter Oberflächenbeschaffenheit und teilweise hervorragenden mechanischen Eigenschaften extrudiert werden, die im Anschluss bei 195 °C – 200 °C in reproduzierbare Tabletten verdruckt werden konnten. Darüber hinaus verdeutlichten die Ergebnisse der Freisetzungsuntersuchungen, dass die unterschiedlichen HEC-Varianten eine Steuerung der Freisetzungsdauer und -geschwindigkeit ermöglichen und somit für kontrollierte Freisetzungssysteme aus dem 3D-Drucker mit individualisierbarer Dosierung hervorragend geeignet sind.
DOI:10.17192/z2025.0084