Die visuelle Konstruktion des Patrimoniums: Mittelalterliche Denkmäler in deutsch-, polnisch- und tschechischsprachigen Bänden zur Architekturgeschichte (1840-1940)

Die Kunstgeschichte - und insbesondere die Architekturgeschichte - ist untrennbar mit Bildern, Reproduktionen und Repräsentationen der untersuchten Objekte verbunden. Kunsthistoriker:innen sind gezwungen, Visualisierungen, mediale Übersetzungen zu verwenden, wenn es um die Größe, den Raum und die Mu...

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Main Author: Schlegel, Gaia Irina
Contributors: Mondini, Daniela (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2023
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
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Description
Summary:Die Kunstgeschichte - und insbesondere die Architekturgeschichte - ist untrennbar mit Bildern, Reproduktionen und Repräsentationen der untersuchten Objekte verbunden. Kunsthistoriker:innen sind gezwungen, Visualisierungen, mediale Übersetzungen zu verwenden, wenn es um die Größe, den Raum und die Multiperspektivität von Kunstwerken geht, insbesondere wenn sie sich mit Architektur beschäftigt. Die vorliegende Studie untersucht illustrierte kunsthistorische Bände, die zwischen 1840 und 1940 im polnischen, tschechischen und deutschen Sprachraum erschienen sind. Ab dem 19. Jahrhundert entwickelte sich die Architekturgeschichte zu einem wissenschaftlichen Feld, das eine wichtige Rolle in Prozessen der nationalen Identitätsbildung spielte. Je nach den komplexen Machtverhältnissen und den politischen Rahmenbedingungen innerhalb des gewählten Zeitraums repräsentieren die Bücher unterschiedliche kunsthistorische und nationale Kanones. Insbesondere die darin enthaltenen Bilder wurden als notwendiges Instrument zur Verbreitung des kunsthistorischen Wissens angesehen. Als "visuelle Archive" dienten sie als Sammlung wissenschaftlicher Arbeitsobjekte für die Kunstgeschichte. Darüber hinaus wurden sie zu visuellen Repräsentanten des Patrimoniums und konstruierten (nationale) Identitäten in Mitteleuropa. Indem die untersuchten Objekte auf Diskursräume ausgedehnt werden, die in der deutschsprachigen Kunstgeschichtsschreibung bislang eher unsichtbar waren, und einzelne Aspekte dieses komplexen, verflochtenen gesamteuropäischen Kontextes analysiert werden, kann die Formierung von wissenschaftlichem, kulturellem und visuellem Wissen revidiert werden. Das Verständnis dieser Prozesse wird auch die heutigen Herausforderungen der (Re-)Formierung eines adäquaten und vertretbaren Kanons für die Kunstgeschichte im Hinblick auf postkoloniale Studien und transkulturelle, interkontinentale, globale Kunstgeschichten beleuchten. Darüber hinaus besteht eine der Hauptaufgaben der Kunstgeschichte darin, Kunst zu benennen, zu analysieren und somit zu bewahren. Die Suche nach angemessenen und zeitgemäßen Lösungen zur visuellen Vermittlung von Wissen über Kunst geht also weiter - nicht zuletzt in den digitalen Medien. Die vorliegende Dissertation basiert auf einem Katalog ausgewählter Publikationen, die exemplarisch für die Visualisierungsstrategien der verschiedenen Akteure des kunsthistorischen Diskurses in dieser Zeit stehen. Den einzelnen Fallstudien ist eine allgemeinere Analyse des deutsch-, polnisch- und tschechischsprachigen Diskurses über Kunstgeschichte und Patrimonium sowie eine historische Einführung vorangestellt. Die Analyse bestätigt den Einfluss der Bilder von mittelalterlichen Denkmälern auf die Konstruktion von Patrimonium in Abhängigkeit vom jeweiligen kulturellen und politischen Umfeld und die nachhaltige Wirkung derselben im kunsthistorischen Diskurs.
DOI:10.17192/z2024.0475