Strahlentherapie und Palliativmedizin Eine Untersuchung zur interdisziplinären Zusammenarbeit
Einleitung Radioonkologen sind oft in die Palliativversorgung von nicht heilbaren Krebspatienten involviert. Ziel dieser Arbeit ist die Erfassung der strahlentherapeutischen Einstellungen, Kompetenzen und des potenziellen Unterstützungsbedarfs in der palliativmedizinischen Versorgung. Zudem solle...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2024
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Einleitung Radioonkologen sind oft in die Palliativversorgung von nicht heilbaren
Krebspatienten involviert. Ziel dieser Arbeit ist die Erfassung der
strahlentherapeutischen Einstellungen, Kompetenzen und des potenziellen
Unterstützungsbedarfs in der palliativmedizinischen Versorgung. Zudem sollen
mögliche Barrieren für die Integration der Palliativmedizin in die Strahlentherapie
identifiziert werden, um die Zusammenarbeit zwischen der Strahlentherapie und der
Palliativmedizin zu verbessern.
Material und Methoden Eine Online-Befragung der ärztlichen DEGRO-Mitglieder wurde
von November 2016 bis Februar 2017 durchgeführt. Der Fragebogen mit 27 Fragen ist
in fünf Abschnitte unterteilt: Einleitung, Qualifikation, Einstellungen, Fort- und
Weiterbildung sowie Demografie. Neben vorgegebenen Antwortmöglichkeiten wie
Multiple Choice und Likert-Skalen wurden offene Fragen integriert. Für den neu
entwickelten Fragebogen sind spezielle Fragen entwickelt und von erfahrenen Kollegen
überprüft sowie präzisiert worden. Die anderen Fragen sind gestützt auf vorherige
Umfragen und wurden, den Zielsetzungen der Arbeit entsprechend, angepasst. Um eine
möglichst hohe Teilnehmerzahl unter Strahlentherapeuten zu erreichen und zugleich
Anonymität zu gewährleisten, wurde für die Datenerhebung ein quantitativer Ansatz in
Form einer webbasierten Umfrage gewählt.
Ergebnisse Von 1.110 Anfragen wurden 205 Fragebögen vollständig beantwortet; dies
entspricht einer Rücklaufquote von 18 Prozent. 51 Prozent der Befragten waren
weiblich, wobei die Altersgruppe 50 Jahre und älter mit 51 Prozent am stärksten
vertreten war. Diese schloss signifikant häufiger Befragte mit der Zusatzbezeichnung
Palliativmedizin ein (89 Prozent vs. 72 Prozent, p = .033). Für 82 Prozent der Befragten
hatte die palliativmedizinische Versorgung einen hohen Stellenwert, 84 Prozent gaben
an, in ihrem beruflichen Alltag häufig die Notwendigkeit palliativmedizinischer
Versorgung zu erleben. 18 Prozent der Befragten berichteten über Schwierigkeiten bei
der Betreuung von Tumorpatienten im Endstadium, insbesondere Strahlentherapeuten
unter 50 Jahren (26/101, 25 Prozent vs. 10/104, 10 Prozent, p = .017). Befragte mit der
Zusatzbezeichnung Palliativmedizin fühlten sich signifikant häufiger sicher in
palliativmedizinischen Fähigkeiten.
Die Hauptfaktoren für den qualifizierenden Erwerb palliativmedizinischer Kompetenzen
waren: die eigene Praxiserfahrung, der Austausch mit Kollegen sowie die Teilnahme an
Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen. Die am häufigsten wahrgenommenen
Hindernisse waren: Zeitaspekte, Stigmatisierung, interdisziplinäre Zusammenarbeit,
Unerfahrenheit und Unwissenheit. 42 Prozent der Befragten gaben an, in der
Strahlentherapie mit den Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten in palliativer Medizin
zufrieden zu sein. 39 Prozent der befragten Strahlentherapeuten zeigten sich neutral,
18 Prozent waren nicht zufrieden. Auffällig war, dass signifikant mehr Befragte unter 50
Jahren sich unzufrieden äußerten (20/101, 20 Prozent vs. 14/104, 13 Prozent, p = .023,
Vorhandensein ZPM n.s.).
Als potenzielle Maßnahmen zur Verbesserung der palliativmedizinischen Versorgung in
der Strahlentherapie wurden das Streben nach einer intensiveren Zusammenarbeit mit
palliativmedizinisch ausgebildeten Kollegen, eine frühzeitige Einbindung des
multiprofessionell agierenden palliativmedizinischen Teams und die Integration der
Palliativmedizin in die onkologische Betreuung bereits zum Zeitpunkt der
Diagnosestellung in Betracht gezogen.
Schlussfolgerung Die niedrige Rücklaufquote erlaubte keine umfassenden
Schlussfolgerungen für die Gesamtheit der Strahlentherapeuten. Die Studie verdeutlicht
jedoch den hohen Stellenwert, den die palliativmedizinische Versorgung für die
befragten Strahlentherapeuten einnimmt. Die aufgedeckten Schwierigkeiten im
psychosozialen Bereich sowie existierende Barrieren wie Zeitmangel, Stigmata und
mangelnde interdisziplinäre Zusammenarbeit könnten die adäquate palliative
Versorgung in der Strahlentherapie erschweren und deren erfolgreiche Integration
beeinträchtigen. Die Untersuchung zeigte außerdem, dass erworbene
palliativmedizinische Kenntnisse und Fertigkeiten zu einer markant erhöhten
Zufriedenheit mit den eigenen palliativmedizinischen Kompetenzen und zu häufigeren
Konsultationen von Spezialisten führten. Insbesondere jüngere Strahlentherapeuten
benötigen weitere Unterstützungsangebote und sollten ermutigt werden,
palliativmedizinische Erfahrungen und Kenntnisse zu erwerben. Die Aufnahme
palliativer Lehrveranstaltungen in die Assistenzarztzeit kann die palliative Ausbildung
stärken. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Palliativmedizin sowie die
Überwindung der identifizierten, vorhandenen Barrieren sind entscheidend für die
erfolgreiche Integration der Palliativmedizin in die Strahlentherapie. Letztendlich kann
die Zusatzausbildung in der Palliativmedizin Ärzte für die Komplexität der
palliativmedizinischen Versorgung sensibilisieren, das palliative Bewusstsein schärfen
und die Integration der Palliativmedizin in die Strahlentherapie weiter vorantreiben. |
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DOI: | 10.17192/z2024.0367 |