Identifizierung prognostischer Zellpopulationen bei Patienten mit Chronischer lymphatischer Leukämie durch Anwendung von erklärbarer künstlicher Intelligenz auf durchflusszytometrische Daten

Einleitung: Die Chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste leukämische Erkrankung in den westlichen Ländern. Ein etabliertes Prognosemodell für CLL-Patienten ist der International Prognostic Index (CLL-IPI), der auf fünf Prognosefaktoren basiert (TP53-Status, IGHV-Mutationsstatus, beta...

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Main Author: Eminovic, Semil
Contributors: Hoffmann, Jörg (Priv.-Doz. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2024
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Online Access:PDF Full Text
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Description
Summary:Einleitung: Die Chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste leukämische Erkrankung in den westlichen Ländern. Ein etabliertes Prognosemodell für CLL-Patienten ist der International Prognostic Index (CLL-IPI), der auf fünf Prognosefaktoren basiert (TP53-Status, IGHV-Mutationsstatus, beta2-Mikroglobulin im Serum, klinisches Stadium und das Alter). In dieser Arbeit wird untersucht, ob eine CLL-Prognose möglich ist, indem ausschließlich Multiparameter-Durchflusszytometriedaten (MPFC) von CLL-Patienten mit Hilfe von einer erklärbaren künstlichen Intelligenz (XAI) analysiert werden. Dabei sollte die XAI die Ergebnisse basierend auf der Darstellung von unterschiedlichen, für die Prognose relevanten Zellpopulationen in MPFC-Punktdiagrammen erklären können. Material und Methoden: Insgesamt erfolgte die Analyse von MPFC-Daten aus dem peripheren Blut von 157 Patienten mit CLL und der Abgleich mit klinischen Daten (Parameter des CLL-IPI, Geschlecht, ECOG-Stadium, Richter-Transformation ja/nein, Behandlung ja/nein, Todesdatum, Behandlungsversagen und Datum der letzten Nachuntersuchung). Die MPFC-Daten wurden erhoben für die routinemäßige diagnostische Analyse am Universitätsklinikum Marburg von 2014 bis 2020. Die Patienten wurden in eine Gruppe mit schlechterem und eine Gruppe mit besserem klinischen Verlauf eingeteilt. Patienten, die während der Nachbeobachtung verstarben sowie diejenigen bei denen die systemische Erstlinientherapie nicht angesprochen hat, wurden als TTF 1 (Time-to-First-Line-Treatment-Failure bzw. Zeit bis zum Versagen der Erstlinientherapie) kategorisiert, d. h. der Gruppe mit schlechterem klinischen Verlauf zugewiesen. Alle anderen Patienten wurden mit TTF 0 einem besseren Ergebnis zugeordnet. Anschließend wurde der XAI-Algorithmus ALPODS verwendet, um Zellpopulationen zu identifizieren, die bei Patienten mit schlechterem (TTF 1) oder besserem klinischen Verlauf (TTF 0) über- oder unterrepräsentiert waren und damit eine Vorhersage zur Prognose treffen können. Dabei wurde die prädiktive Fähigkeit jeder einzelnen XAI-Population mit Hilfe von Receiver-Operating-Characteristic-Kurven (ROC-Kurven) ausgewertet. Zur Überprüfung wurde dieser prädiktive Wert der XAI-Populationen mit der Häufigkeit von CD38-positiven CLL-Zellen und CLL-IPI auf den ROC-Kurven verglichen. Ergebnisse: ALPODS definierte 17 XAI-Populationen, die zusammengenommen eine genauere Prognose als der CLL-IPI-Score treffen können (AUC der XAI-Populationen: 0,95 [95%KI 0,91-0,98; p <0,0001] vs. AUC von CLL-IPI: 0,78 [95%KI 0,70-0,86; p<0,0001]). Der beste Einzelklassifikator war eine XAI-Population bestehend aus CD4+ T-Zellen (AUC 0,78; 95%KI 0,70–0,86; p<0,0001). Patienten mit weniger CD4+ T-Zellen zeigten einen schlechteren klinischen Verlauf. Bei Hinzufügen der CD4+ T-Zellpopulation steigerte sich die Vorhersagefähigkeit des CLL-IPI-Scores (AUC 0,83; [95%KI 0,77–0,90; p<0,0001]). Alleine mit einer Kombination der CD4+ mit der CD8+ T-Zellpopulation ließ sich in 79% der Fälle der betrachteten Patientenkohorte korrekt unterscheiden zwischen TTF 0 und TTF 1 (AUC 0,79; [95%KI 0,71-0,87; p<0,0001]). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass sich diese beiden Zellpopulationen manuell leicht in durchflusszytometrischen Punktdiagrammen erfassen ließen, gerade im Vergleich zu anderen von ALPODS definierten Zellpopulationen, deren korrektes manuelles Gating zum Teil sehr anspruchsvoll ist (insbesondere das der CLL-Untergruppen). Schlussfolgerung: Der ALPODS-XAI-Algorithmus war in der Lage prädiktive Immunzellpopulationen zu identifizieren, die den klinischen Verlauf einer CLL signifikant vorhersagen können. CD4+ T-Zellen wurden als bester Einzelklassifikator identifiziert, wobei sie in Kombination mit dem CLL-IPI-Score die Vorhersagefähigkeit nochmal verbessern konnten. Darüber hinaus konnte mit dieser Arbeit gezeigt werden, dass mit dem in der Klinik relativ einfach durchführbarem Gating von CD4+ T-Zellen in Kombination mit den CD8+ T-Zellen ebenfalls eine klinische Prognose getroffen werden kann. Die Ergebnisse müssen an einer wesentlich größeren Patientenkohorte validiert werden, sind aber sehr vielversprechend was die Verfeinerung konventioneller Prognosemodelle wie den CLL-IPI betrifft.
Physical Description:161 Pages
DOI:10.17192/z2024.0329