Kognitive, emotionale und Verhaltenscharakteristik von Patientinnen mit Fibromyalgie und ihren Lebenspartnern in Abhängigkeit von der Verarbeitungsstrategie vor und nach operant- und kognitiv-verhaltenstherapeutischer Schmerztherapie - Eine RCT Studie.
Auf welche Weise nehmen die Partner und die Verarbeitungsstrategien innerhalb der Beziehung Einfluss auf die Erkrankung von Fibromyalgiepatientinnen? In welchen Bereichen profitieren die Patientinnen und ihre Partner von einer operanten oder einer kognitiven Verhaltenstherapie? In zwei Teilstudie...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2024
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Auf welche Weise nehmen die Partner und die Verarbeitungsstrategien innerhalb der
Beziehung Einfluss auf die Erkrankung von Fibromyalgiepatientinnen? In welchen Bereichen
profitieren die Patientinnen und ihre Partner von einer operanten oder einer kognitiven
Verhaltenstherapie? In zwei Teilstudien ist diesen beiden Fragestellungen nachgegangen
worden.
In Teilstudie 1 wurden die krankheitsbedingten Wechselwirkungen zwischen Patientin
und Partner untersucht unter Berücksichtigung der jeweiligen Verarbeitungsstrategie:
Der dysfunktional-verarbeitenden, der interpersonell-beeinträchtigten sowie der aktivverarbeitenden
Gruppe. Während sich unter den Partnern der dysfunktional-verarbeitenden
Gruppe vermehrt Angststörungen und unter den Partnern der interpersonellbeeinträchtigten
Gruppe vermehrt Depressionen finden lassen sowie unter den Partnern
in diesen beiden Gruppen vermehrt schwere physische Erkrankungen festgestellt
werden können, zeigen die Partner der aktiv-verarbeitenden Gruppe deutlich geringere
Prävalenzen für schwerwiegendere psychische und physische Erkrankungen. Die Partner
aller Gruppen schätzen die Beeinträchtigung der Patientinnen niedriger ein als die Patientinnen
selbst, erkannten deren Beeinträchtigung somit möglicherweise nicht. Die
Schmerzintensität und die Beeinträchtigung werden insgesamt von der aktiv-verarbeitenden
Gruppe am niedrigsten bewertet. Einzig die Partner der Patientinnen der interpersonell-
beeinträchtigten Gruppe schätzen ihr zuwendendes Verhalten höher ein, als
die Patientinnen es empfinden. Die Bestrafung wird ebenfalls von den Partnern der dysfunktional-
und der aktiv-verarbeitenden Gruppe höher bewertet als von den zugehörigen
Patientinnen, was die fehlerhafte Reflexion des eigenen Verhaltens und die Defizite
in der Kommunikation verdeutlicht sowie den Effekt der noch verstärkten Hilfe zum Ausdruck
bringt. Die Untersuchung möglicher Stressoren hat ergeben, dass, unabhängig von
der Verarbeitungsstrategie, die Partner die Partnerschaft und soziale Beziehungen als
Stress auslösender empfinden als die Patientinnen, hingegen für die Patientinnen der
Alltag und die Arbeit größere Stressoren darstellen als für die Partner. Hierbei stellen
der Alltag und die Arbeit vor allem einen enormen Stressfaktor für die Patientinnen der
interpersonell-beeinträchtigten Gruppe dar. Die aktiv verarbeitende Gruppe weist bezüglich
nahezu aller untersuchten Faktoren das niedrigste Ausmaß an Stress auf. Das eigene aktive Coping wird von den Patientinnen aller Gruppen höher bewertet als von
ihren Partnern, ebenso die Katastrophisierung. In der dysfunktional-verarbeitenden
Gruppe ist aus Sicht der Partner und der Patientinnen das geringste aktive Coping und
aus Sicht der Patientinnen auch das höchste Ausmaß an Katastrophisierung vorhanden.
Das höchste aktive Coping und die geringste Katastrophisierung liegt sowohl für die Patientinnen
als auch für ihre Partner in der aktiv-verarbeitenden Gruppe vor. Hinsichtlich
der Zufriedenheit fällt auf, dass in allen Gruppen die Patientinnen zufriedener sind als
die Partner. Insgesamt ist die Zufriedenheit in der aktiv-verarbeitenden und darauffolgend
in der dysfunktional-verarbeitenden Gruppe am höchsten. In der dysfunktionalverarbeitenden
Gruppe findet sich jedoch auch die größte Differenz zwischen Patientin
und Partner, was Rückschlüsse darauf zulässt, dass die Patientin, statt ihre eigene Zufriedenheit
mitzuteilen, vielmehr Hilfsbedürftigkeit äußert, was zu weniger Zufriedenheit
bei dem Partner führen kann. Diese Erkenntnis zeigt die misslungene Interaktion
von Patientin und Partner unter dieser Verarbeitungsstrategie. Auch in der aktiv-verarbeitenden
Gruppe scheinen die Patientinnen zufriedener als ihre Partner zu sein, was
als Auswirkung des Mehraufwandes der Partner durch die Hilfestellungen gesehen werden
kann.
Im Vergleich verschiedener Therapien aus Sicht des Partners, wie es Teilstudie 2 untersucht
hat, lässt sich festhalten, dass nach operanter Verhaltenstherapie und kognitiver
Verhaltenstherapie die Schmerzintensität der Patientinnen langfristig in vergleichbarem
Ausmaß (-6%) abnimmt. Die Beeinträchtigung der Patientinnen und ihrer Partner wird
nach Einschätzung der Partner langfristig nur durch die operante Verhaltenstherapie gesenkt,
wenn auch nur in geringem Maße (-10%). Das eigene Coping aus Sicht des Partners
nimmt am stärksten nach operanter Verhaltenstherapie bis nach sechs Monaten zu
(+14%). Nach kognitiver Verhaltenstherapie sind die Therapieeffekte nur langfristig nach
zwölf Monaten, jedoch in geringem Ausmaß (+6%) erkennbar. Langfristig erfolgreich erweist
sich die operante Therapie auch auf die Stresswahrnehmung im Alltag aus Sicht
der Partner (-22%), wo die kognitive Therapie keine Verbesserungen erreicht. Hinsichtlich
des zuwendenden Verhaltens, das schmerzverstärkend wirkt, fällt die operante Verhaltenstherapie
mit der stärksten langfristigen, wenn auch nicht signifikanten Abnahme
um 13% auf. Bei vom Schmerz ablenkendem Verhalten durch den Partner überzeugt die
kognitive Verhaltenstherapie mit einer 23%igen Zunahme nach sechs Monaten. In der
Placebogruppe entwickelten sich alle untersuchten Parameter entgegengesetzt der gewünschten
Richtung.
Zusammenfassend lassen die beschriebenen Ergebnisse die Schlussfolgerung zu, dass
Patientinnen und ihre Partner langfristig von einer aktiven Krankheitsverarbeitung sowie
einer operanten Verhaltenstherapie am besten profitieren, was ihre Schmerzintensität,
die Beeinträchtigung, eine verminderte Katastrophisierung in der Beziehung und
folglich auch ihre Lebensqualität betrifft. Wie in den Eingangshypothesen vermutet, lassen
sich vielfältige Wechselwirkungen zwischen den Patientinnen und ihren Partnern
feststellen. Die Partner geben in vieler Hinsicht zu gleichem Ausmaß oder noch verstärkt
an, beeinträchtigt zu sein, was den Einfluss einer chronischen Schmerzerkrankung auf
die Partner betont. In zukünftigen Studien können die Partner vermehrt in Therapie-
Programme eingebunden werden und es können mithilfe einer indikativen Zuteilung in
Abhängigkeit von der jeweiligen Verarbeitungsgruppe in weiteren Studien optimale Therapiezuteilungen
herausgearbeitet werden. |
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Physical Description: | 174 Pages |
DOI: | 10.17192/z2024.0326 |