Erfahrungen und Erwartungen von Angehörigen von Menschen mit Migrationshintergrund mit Gedächtnisproblemen oder Demenz in der Hausarztpraxis: Eine Interviewstudie
Hintergrund: In Deutschland leben zunehmend Menschen mit Demenz und Migrationshintergrund, die häufig von Angehörigen zuhause gepflegt werden. Die Bedarfe von pflegende Angehörigen mit Migrationshintergrund an Hausärzt*innen sind unklar und die Erfahrungen und Erwartungen dieser Bevölkerungsgruppe i...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2024
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Hintergrund: In Deutschland leben zunehmend Menschen mit Demenz und Migrationshintergrund, die häufig von Angehörigen zuhause gepflegt werden. Die Bedarfe von pflegende Angehörigen mit Migrationshintergrund an Hausärzt*innen sind unklar und die Erfahrungen und Erwartungen dieser Bevölkerungsgruppe in Deutschland nicht hinreichend untersucht.
Fragestellung: Wie erleben und erfahren pflegende Angehörige von Menschen mit Gedächtnisproblemen oder Demenz, die einen Migrationshintergrund haben, die hausärztliche Versorgung in Deutschland? Welche Erwartungen haben sie an Hausärzt*innen?
Methoden: 18 pflegende Angehörige mit nicht-deutschsprachigem Migrationshintergrund wurden über Hausarztpraxen oder Hilfsorganisationen rekrutiert, die einen Menschen mit Gedächtnisproblemen oder Demenz zuhause pflegen. Es wurden semistrukturierte leitfadengestützte Interviews (3 persönlich, 15 telefonisch), durchgeführt. Die Interviews wurden aufgezeichnet, wörtlich transkribiert und thematisch mithilfe der Software MAXQDA analysiert.
Ergebnisse: Es konnten 5 Hauptthemen identifiziert werden. (1) Hausärzt*innen als Koordinationszentren (2) Vertrauen (3) Initiative (4) Barrieren bzgl. der Beratung (5) Belastung.
Hausärzt*innen werden als Vertrauenspersonen und medizinische Koordinationszentren gesehen, die als erste Ansprechpersonen gelten. Es bestehen für die pflegende Angehörige Barrieren bezüglich ärztlicher Beratung, bei denen die Hausärzt*innen unterstützend wirken können. Pflegende Angehörige bemängeln teilweise ungenügende Informationen und mangelnde Berücksichtigung in ihrer Rolle als Pflegende. Eine hilfsbereite und kultursensible Haltung von Hausärzt*innen wird geschätzt. Pflegende Angehörige fühlen sich verpflichtet, selbst Initiative zu zeigen, um angemessene Demenzversorgung zu erhalten. Es wird oft erwartet, dass mehr Initiative von Hausärzt*innen kommt. Die Proband*innen geben hohe Pflegebelastungen an. Häusliche Pflege wird bevorzugt, jedoch auch als alternativlos gesehen, beispielsweise weil kultur- und demenzspezifische Angebote fehlen.
Diskussion: Hausärzt*innen spielen eine zentrale Rolle für die befragten pflegenden Angehörigen. Die Proband*innen schätzen vor allem einen vertrauensvolle Versorgung, die proaktiv ist sowie die Barrieren und Belastungen der pflegenden Angehörigen berücksichtigt. Sie erwarten Informierung, Berücksichtigung, Hilfsbereitschaft sowie eine ganzheitliche Versorgung. Kultursensible Unterstützung sowie patientenzentrierte Medizin ist erforderlich. Die große Bandbreite an Migrationshintergründen sowie Demenzformen in dieser Studie konnte sowohl limitierend wirken, aber waren aufgrund gewünschter Heterogenität ebenso vorteilhaft. Weitere Studien über diese komplexe Versorgungssituation sind nötig. |
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DOI: | 10.17192/z2024.0308 |