Die toxische Innenohrläsion bei viraler Otitis media mit subakuter Mastoiditis: eine retrospektive Studie zur Therapie und zu CT-morphologischen Merkmalen

Eine Otitis media acuta kann infolge eines viralen Infektes der oberen Atemwege auftreten. Eine bekannte Komplikation der Entzündung der Mittelohrräume stellt die toxische Innenohrläsion dar. Hierbei kommt es, durch Übertreten von toxischen Substanzen aus dem Paukenerguss ins Labyrinth, zu einer...

Full description

Saved in:
Bibliographic Details
Main Author: Fahr, Lukas
Contributors: Wilhelm, Thomas (Prof. Dr. med.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2023
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
Tags: Add Tag
No Tags, Be the first to tag this record!
Description
Summary:Eine Otitis media acuta kann infolge eines viralen Infektes der oberen Atemwege auftreten. Eine bekannte Komplikation der Entzündung der Mittelohrräume stellt die toxische Innenohrläsion dar. Hierbei kommt es, durch Übertreten von toxischen Substanzen aus dem Paukenerguss ins Labyrinth, zu einer sensoneurinalen Hörstörung. Die toxische Innenohrläsion soll gehäuft bei der viralen Otitis media auftreten. In der Literatur wird die Rundfenstermembran vorherrschend als Übertrittsregion für eine ganze Reihe von toxische Substanzen beschrieben. Darüber hinaus wurde auch eine ossäre Diffusion über Schwachstellen im knöchernen Labyrinth diskutiert. Anlass für diese Überlegung gaben histologische Arbeiten, welche stark ausgeprägte kanalartige Strukturen in der knöchernen Struktur des Innenohres nachweisen konnten. Andere Untersuchungen konnten die Fissula ante fenestram als zumindest semipermeable Verbindung zwischen Mittelohr und Innenohr ausmachen. Eine vorangegangene Arbeit sammelte darüber hinaus erste Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einer verminderten Knochendichte und dem Auftreten einer toxischen Innenohrläsion. Ein spezifisches Therapieschema für die akute Otitis media mit toxischer Innenohrläsion gibt es bis heute nicht. Trotz vorherrschender konservativer Therapie, finden sich in der Literatur auch Publikationen zu operativen Behandlungserfolgen. In dieser Arbeit wurden drei konservative Therapieschemata vergleichen, sowie die konservative Therapie mit der chirurgischen Therapie gegenübergestellt. Um weitere Erkenntnisse über anatomische Besonderheiten in diesem Patientenkollektiv zu erlangen, wurden CT-Datensätze erfasst und auf Unterschiede in ihrer Knochenstruktur sowie weiterer anatomischer Merkmale hin untersucht. Bezüglich der drei konservativen Therapieschemata ließen sich in der Auswertung der einzelnen Frequenzen nur geringe Unterschiede feststellen. Insbesondere im Vergleich der gemittelten Differenzbeträge, welche als Parameter für die Gesamthörerholung herangezogen werden sollte, zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede. Nichtsdestotrotz zeigten alle konservativen Therapiegruppen eine deutliche Verbesserung der Innenohrleistung. Im Vergleich der operativen mit der konservativen Therapie konnten statistische Unterschiede im Verlauf festgestellt werden. Im vorliegenden Patientenkollektiv wurde die chirurgische Behandlung als eine Art Salvage-Therapie bei stagnierender Hörerholung im klinischen Verlauf herangezogen. So zeigte die statistische Untersuchung, dass beide Gruppen zu Beginn der Behandlung noch gleichauf waren. Die Patienten, welche später zur chirurgischen Gruppe gezählt wurden, fielen im Verlauf aber deutlich zurück, sodass die Entscheidung zur Mastoidektomie gefällt wurde. In der Folge kam es in dieser Gruppe zu einer starken Erholung des Hörvermögens. Dadurch erzielten die Patienten im konservativen als auch im operativen Therapiearm vergleichbare Ergebnisse. Im Vergleich der erkrankten Felsenbeine mit denen von ohrgesunden Kontrollen, konnten mehrere anatomische Auffälligkeiten aufgezeigt werden. Zum einen zeigten die Felsenbeine mit toxischer Innenohrläsion eine deutlich verminderte Pneumatisation. Zum anderen konnten deutlich engere anatomische Verhältnisse im Aditus ad antrum der Erkrankten nachgewiesen werden. Im Verlauf des lateralen Bogenganges konnte ein ausgedünnter Knochen statistisch bestätigt werden. Die Flächenauswertung der Houndsfield Units am Labrinthblock ergab deutlich niedrigere Werte an der Fissula ante fenestram sowie an der Präcochlea, was sich insofern mit den vorangegangenen Vermutungen um Schwachstellen in diesem Bereich deckt. In dieser Untersuchung konnte gezeigt werden, dass besonders Therapieversager unter konservativer Therapie eine deutliche Hörerholung durch die operative Therapie erfahren können. Bezüglich der hier untersuchten konservativen Therapieschemata konnten jedoch keine relevanten Vorteile einer Variante festgestellt werden. Um einen potentiellen neuen Standard für die Behandlung dieses Patientenkollektives zu etablieren, bedarf es noch weiterer Untersuchungen. Die in dieser Arbeit gewonnen Erkenntnisse zu den Mikrostrukturen am Felsenbein von Patienten mit toxischer Innenohrläsion sollten ebenfalls Anlass sein, weitere Untersuchungen durchzuführen. Die Rolle des Kanalsystems, bestehend aus chondro-ossären und Volkmann Kanälen, im knöchernen Labyrinth bleibt bis heute unklar. Auch über die konkrete Funktion der Fissula ante fenestram konnten bisher nur Vermutungen angestellt werden. Zusammenhänge mit weiteren Ohrerkrankungen, wie der Otosklerose, bleiben Bestandteil der aktuellen Diskussion.
DOI:10.17192/z2024.0306