Die Bedeutung von MAGED2 für die Regulation von HIF-1α

Mutationen des MAGED2-Gens, welches für das gleichnamige Protein MAGED2 kodiert, verursachen bei Betroffenen das transiente antenatale Bartter-Syndrom, welches sich phänotypisch mit schwersten renalen Salzverlusten präsentiert, die zu massiver Polyurie und somit zum ausgeprägten Polyhydramnion führe...

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Main Author: Quell, Lea
Contributors: Kömhoff, Martin (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2024
Subjects:
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Description
Summary:Mutationen des MAGED2-Gens, welches für das gleichnamige Protein MAGED2 kodiert, verursachen bei Betroffenen das transiente antenatale Bartter-Syndrom, welches sich phänotypisch mit schwersten renalen Salzverlusten präsentiert, die zu massiver Polyurie und somit zum ausgeprägten Polyhydramnion führen. Die besondere Schwere dieser Erkrankung wird durch die hohe Frühgeburtlichkeitsrate und die hohe Mortalität deutlich. Im Unterschied zu den anderen Formen des Bartter-Syndroms zeigt diese Erkrankung einen transienten Charakter und die Symptome verschwinden einige Wochen nach der Geburt bzw. ab der 30. Schwangerschaftswoche. Der Zeitpunkt des Symptomendes überschneidet sich mit dem Zeitpunkt, ab dem HIF-1α, welches als Indikator für hypoxische Bedingungen gilt, nicht mehr in fetalen Nieren nachweisbar ist und somit von einem ausreichenden Sauerstoffangebot auszugehen ist. Es ist bekannt, dass MAGE-Proteine Zellen vor unterschiedlichen Stressoren schützen. Auf Basis dieses Wissens wurde folgende Hypothese zur Pathophysiologie des transienten antenatalen Bartter-Syndroms verfasst: MAGED2 ist für den Schutz und die Funktion der renalen Salztransportmechanismen unter hypoxischen Bedingungen essentiell. Die Beobachtungen, dass bei Mutationen von MAGED2 ein schnellerer Abbau von NKCC2 stattfindet und auch die Menge von NCC an der apikalen Tubulusmembran reduziert ist, unterstützen diese These. Der zugrundeliegende, detaillierte Pathomechanismus ist bisher nicht geklärt und die weitere Untersuchung Bestandteil dieser Arbeit. Aufgrund der Beobachtung, dass wt-MAGED2 mit Gαs interagiert, während diese Interaktion zwischen Gαs und mt-MAGED2 nicht nachweisbar ist, ist die Vermutung, dass diese Wechselwirkung wesentlich für die Adaptation der Zellen an hypoxische Bedingungen ist. Gαs wirkt stimulierend auf den cAMP/PKA-Signalweg, der wiederum für den Erhalt der Salztransportprozesse unter hypoxischen Bedingungen notwendig ist, da dieser unter anderem stabilisierend auf den Transkriptionsfaktor HIF-1α wirkt. Die Ergebnisse der Untersuchungen bestätigten diese Annahme und machten eine reziproke Beeinflussung zwischen MAGED2, dem cAMP/PKA-Signalweg und HIF-1α deutlich, wobei Gαs als gemeinsame Schnittstelle agiert. Dabei kommt MAGED2 eine Schlüsselrolle zu, die insbesondere in Situationen, in denen die Zellen Hypoxie ausgesetzt sind, zum Tragen kommt. Durch die fehlende Interaktion von MAGED2 und Gαs bei Depletion bzw. Funktionsverlust von MAGED2 kommt es zur fehlregulierten Internalisierung von Gαs. Dies führt zu einer gestörten Aktivierung des cAMP/PKA-Signalwegs sowie einer unzureichenden Stabilisierung von HIF-1α. Um die Bedeutung des cAMP/PKA-Signalwegs und MAGED2 für die hypoxische Induktion von HIF-1α genauer zu untersuchen, wurde in weiteren Experimenten versucht, die beeinträchtigte HIF-1α-Induktion wiederherzustellen. Dabei kamen Isoproterenol und Forskolin zum Einsatz, wobei Ersteres upstream und Letzteres downstream von Gαs wirkt. Forskolin war in der Lage, die HIF-1α-Expression in den MAGED2-depletierten Zellen deutlich über die Kontrollwerte zu steigern, während die Exposition mit Isoproterenol keine erkennbare Wirkung zeigte. Um die beteiligte PKA-Isoform der beschriebenen Prozesse zu identifizieren, wurde der Einfluss zweier PKA-Inhibitoren untersucht. Die Ergebnisse machten deutlich, dass PKA-Isoform II an der Regulation von HIF-1α beteiligt ist. Interessanterweise konnte außerdem eine Erhöhung der MAGED2-mRNA und -Proteinexpression durch den Einfluss des cAMP-Mimetikums Forskolin unter Hypoxie beobachtet werden. Außerdem zeigte sich die Abhängigkeit der MAGED2-Proteinexpression von HIF-1α, was zusätzlich die Beobachtung der wechselseitigen Regulation von MAGED2 und HIF-1α unter hypoxischen Bedingungen unterstützt. Die dargestellten Ergebnisse erklären in Teilen die unzureichende Anpassung der MAGED2-depletierten Zellen an hypoxische Bedingungen. Bei Patienten mit der transienten Form des antenatalen Bartter-Syndroms macht sich die unzureichende Anpassung an hypoxische Bedingungen anhand des Zusammenbruchs der Salztransportprozesse während der hypoxischen Phase in der Fetalperiode bemerkbar, was zumindest in Teilen eine Erklärung für den transienten Charakter ist. Auf Grundlage der Ergebnisse ist es denkbar, dass Betroffene im Verlauf ihres Lebens erneut Phasen erleben, in denen die Salztransportmechanismen aufgrund von Hypoxie, beispielsweise bei Aufenthalt in großen Höhen oder bei entzündlichen Prozessen, nicht aufrechterhalten werden können. Die Schwere des Phänotyps lässt sich vermutlich nicht allein auf Grundlage der oben dargestellten Mechanismen erklären und bedarf ebenso wie die Erforschung möglicher Therapieoptionen beispielweise mit Forskolin weitere Untersuchungen. Neben der bedeutenden Rolle von MAGED2 für die beschriebene Erkrankung sollte MAGED2 auch im Zusammenhang mit anderen Krankheiten nicht vernachlässigt werden. So wird MAGED2 in vielen Tumoren überexprimiert. Im Zusammenhang mit unseren Ergebnissen ist eine Überlegung, dass MAGED2 in der Tumorgenese eine bedeutende Rolle für die Anpassung der Tumorzellen an hypoxische Bedingungen hat und somit zum Progress und Wachstum von Tumoren beiträgt. Somit sollte ebenfalls die Rolle von MAGED2 für die Tumorgenese erforscht werden und MAGED2 als Angriffspunkt neuer Therapieansätze in Betracht gezogen werden.
DOI:10.17192/z2024.0287