Prospektive Kohortenstudie über den Zusammenhang zwischen frühem Hautkontakt zwischen Mutter und Kind nach primärer Sectio und der Stilldauer des vollen Stillens sowie dem Auftreten einer atopischen Dermatitis innerhalb der ersten 12 Lebensmonate
Hintergrund: Bisherige Bestrebungen, stillförderliche Programme in Kliniken in Deutschland umzusetzen, haben sich trotz der Empfehlungen zur Förderung des ersten frühen Hautkontaktes innerhalb der Klinikroutinen noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Forschungen, die die Bedeutung des ersten frü...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2023
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Hintergrund: Bisherige Bestrebungen, stillförderliche Programme in Kliniken in
Deutschland umzusetzen, haben sich trotz der Empfehlungen zur Förderung des
ersten frühen Hautkontaktes innerhalb der Klinikroutinen noch nicht flächendeckend
durchgesetzt. Forschungen, die die Bedeutung des ersten frühen Hautkontaktes
untersuchen, kommt deshalb besondere Relevanz zu. Es stellt sich die
Frage des Zusammenhangs zwischen frühem Hautkontakt und der Entstehung
von Krankheiten beim Säugling, etwa atopisch-allergischen Erkrankungen. Die
Entstehung von atopisch-allergischen Erkrankungen ist sehr komplex und wird
derzeit aus verschiedenen Forschungsblickwinkeln betrachtet. In der Theorie
wurde die Rolle des frühen Hautkontaktes nach primärer Sectio auf die Entstehung
von atopisch-allergischen Erkrankungen bisher nicht berücksichtigt – ein
Desiderat, dem sich diese Arbeit widmet.
Zielsetzung: Das primäre Ziel dieser Arbeit war es, eine mögliche Assoziation
des ersten frühen Hautkontaktes mit der Stilldauer bis zum 6. Lebensmonat zu
untersuchen. In der Forschung wird ein Zusammenhang zwischen Ernährung
des Säuglings und Entstehung atopischer Erkrankungen diskutiert. Dies leitet
zum 2. Fokus der Arbeit: der Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen
dem ersten frühen Hautkontakt und der Entstehung von atopischer Dermatitis
innerhalb der ersten 12 Lebensmonate. Darüber hinaus wurden verschiedene
Einflussfaktoren bezüglich der Stilldauer und der Entstehung atopisch-allergischer
Erkrankungen im Zusammenhang mit dem frühen Hautkontakt analysiert.
Design und Methoden: Die vorliegende Studie wurde als bizentrische prospektive
Kohortenstudie mit 15 Monaten Rekrutierungszeitraum durchgeführt. Die
Rekrutierung fand in 2 Universitätskliniken statt. Die Daten von 198 Mutter-Kind-
Paaren wurden in die Studie einbezogen. Die Studienpopulation bestand aus
Müttern > 18 Jahre, in der > 37. + 0. Schwangerschaftswoche, die per primärer
Sectio entbunden wurden. Zu 5 Messzeitpunkten wurden die Daten prospektiv
mittels telefonischem Interviewleitfaden mit einem Follow-up von 12 Monaten erhoben.
Die Follow-up-Quote betrug 87,87 % zum 12. Lebensmonat.
Ergebnisse: Es wurde herausgefunden, dass Mütter, die innerhalb der ersten 30
Minuten nach der Geburt Hautkontakt haben, ihre Kinder länger stillen. Außerdem
stillen Mütter ihre Kinder länger, wenn der erste Hautkontakt mehr als eine
Stunde dauert. Im Krankenhaus ist der Anteil der stillenden Mütter höher, wenn
der Hautkontakt ermöglicht und durchgeführt wird. Weiterhin wird die Ernährung
des Säuglings mit Muttermilch begünstigt, wenn Hautkontakt stattfindet. Je früher
die Mütter ihre Neugeborenen nach der Geburt erstmals anlegen und stillen,
desto länger ist die Stillzeit. Wenn eine Intubationsnarkose angewendet wurde
oder Mutter und Kind getrennt wurden, ist die Stilldauer verkürzt. Nikotinkonsum
oder Medikamenteneinnahme verkürzen ebenfalls die Stillzeit. Hinsichtlich atopisch-
allergischer Erkrankungen konnte festgestellt werden, dass der Hautkontakt
weder einen positiven noch einen negativen Effekt auf die Krankheitsentwicklung
hat. Das Stillen und die Dauer der Stillzeit haben ebenfalls keinen Einfluss
auf die Entstehung atopisch-allergischer Erkrankungen.
Fazit: Die klinische Praxis zur Ermöglichung des ersten frühen Hautkontaktes
erwies sich als ungenügend. Um das Bonding zu fördern und ein frühzeitiges
Stillen zu ermöglichen, wird empfohlen, ein ganzheitliches Betreuungskonzept
zur prä-, peri- und postoperativen Versorgung einzuführen. Bezüglich der Entstehung
von atopisch-allergischen Erkrankungen wurden keine Nachteile des
Fehlens des ersten frühen Hautkontaktes festgestellt. Dennoch wird aufgrund der
Vorteile des ersten frühen Hautkontaktes und des Stillens generell geraten, bis
zum Beginn des 6. Lebensmonats zu stillen. Die aktuellen wissenschaftlichen
Erkenntnisse in Bezug auf Hautkontakt und die Entwicklung atopisch-allergischer
Erkrankungen sollten erweitert und vertieft werden. Beispielsweise besteht die
Möglichkeit, dass sich eine Langzeitstudie bis zum Schulkindalter anschließt,
wobei die hierfür benötigten Teilnehmer bereits vorhanden sind. Weitere Untersuchungen
zur Zusammensetzung der Muttermilch oder zur Entwicklung des Mikrobioms
– Faktoren, die mit der Entstehung von Atopien in Verbindung gebracht
werden – könnten die Erkenntnisse über die untersuchte Problematik ergänzen. |
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DOI: | 10.17192/z2023.0597 |