Der Einfluss von PACAP (Pituitary Adenylate Cyclase Activating Peptide)- und PAC1-Defizienz bei ApoE-defizienten Mäusen auf das cholinerge Neurotransmittersystem des Gehirns unter Standard und unter hoher Cholesterol-/ Fett-Diät

Hintergrund: Atherosklerose, Schlaganfall und Morbus Alzheimer sind häufige, altersabhängige Krankheiten, bei denen systemische Inflammation oder Neuroinflammation eine wesentliche Rolle spielen. Pituitary adenylate cyclase activating peptide (PACAP) ist ein neuroprotektives, immunmodulatorisches un...

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Main Author: Berlet, Philipp
Contributors: Weihe, Eberhard (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2023
Subjects:
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Description
Summary:Hintergrund: Atherosklerose, Schlaganfall und Morbus Alzheimer sind häufige, altersabhängige Krankheiten, bei denen systemische Inflammation oder Neuroinflammation eine wesentliche Rolle spielen. Pituitary adenylate cyclase activating peptide (PACAP) ist ein neuroprotektives, immunmodulatorisches und vasoregulatorisches Peptid, welches mit den Rezeptoren PAC1, VPAC1 und VPAC2 interagiert. Die zahlreichen Funktionen von PACAP werden deutlich durch den Einfluss auf Bluthochdruck und die Interaktion mit Neurotransmittern. Außerdem zeigt PACAP schützende Effekte bei Neurodegeneration und führt zur Erholung nach Hirnschädigung. In der Literatur gibt es aktuelle Evidenz dafür, dass das Apolipoprotein E (ApoE) einen Einfluss auf das cholinerge Transmittersystem hat. Die ApoE-Defizienz ist charakterisiert durch erhöhte Plasma-Lipid-Spiegel und stellt ein gut etabliertes Maus-Modell zur Untersuchung von Altersprozessen dar. Gegenwärtig ist nicht bekannt, wie sich der Knockout von PACAP, PAC1 und ApoE zusammen mit cholesterinreicher Ernährung auf das hippocampale cholinerge Neurotransmittersystem auswirkt. Dies gilt es in dieser Forschungsarbeit erstmalig zu untersuchen. Ob sich die Hypothesen bewahrheiten, dass fettreiche Ernährung und genetischer Knockout zu einer veränderten cholinergen Innervation im Hippocampus führen, werden folgende Forschungsergebnisse zeigen. Material und Methoden: Um den Einfluss von PACAP auf das cholinerge Neurotransmittersystem zu untersuchen, wurden die Gehirne von Einzel- oder Doppel-Gen-defizienten Mäusen (ApoE-/-, PACAP-/- ApoE-/- und PAC1-/- ApoE-/-) betrachtet und mit Wildtyp-Mäusen verglichen. Die Mäuse wurden entweder für 30 Wochen mit Standardfutter oder für 10 Wochen mit Standardfutter und anschließend für 20 Wochen mit cholesterinreicher Nahrung („Western Diet“) ernährt. Die Analyse erfolgte mithilfe von sagittalen Paraffinschnitten der Gehirne und immunhistochemischen Versuchen mit Nickel-verstärkter Streptavidin-Biotin-Peroxidase sowie anschließender Mikroskopie. Da der Hippocampus als Zentrum des Lernens und des Gedächtnisses gilt und dort eine hohe cholinerge Aktivität sowie ein hohes Vorkommen von PACAP und PAC1 besteht, wurden verschiedene hippocampale Regionen (CA1, CA3 und Gyrus dentatus) untersucht. Als Marker für das cholinerge Neurotransmittersystem wurden die Acetylcholin- synthesierende Cholinacetyltransferase (ChAT) und der vesikuläre Acetylcholin- Transporter (VAChT) verwendet. Ergebnisse: In der abschließenden Analyse wurden bei ChAT alle Mäusegruppen und Fütterungen miteinander verglichen. Bei der Durchführung der Two-Way-ANOVA (Varianzanalyse) wurde eine Signifikanz (p-Wert 0,0062) festgestellt. Der anschließend durchgeführte Tukey`s-multiple-comparison-Test zeigte zwischen PACAP-/- ApoE -/- der Fütterung 10+20 und PAC1-/- ApoE-/- der Fütterung 10+20 einen signifikanten Unterschied (PACAP-/- ApoE -/- > PAC1-/- ApoE-/-). Außerdem ergab dieser Test einen signifikanten Unterschied (p-Wert 0,0059) zwischen PACAP-/- ApoE -/- der Fütterung Standard 30 und PAC1-/- ApoE-/- der Fütterung 10+20 (PACAP-/- ApoE -/- > PAC1-/- ApoE-/-). Die Abschlussuntersuchung bei VAChT, bei der alle Mäusegruppen und Fütterungen miteinander verglichen wurden, konnte keine Signifikanz nachweisen. Schlussfolgerung: Die Hypothesen, dass fettreiche Ernährung und genetischer Knockout zu einer veränderten cholinergen Innervation im Hippocampus führen, konnten nicht in signifikantem Maß bestätigt werden. Es ist festzustellen, dass bei ChAT der Knockout von PAC1 in beiden Fütterungen im Vergleich zum PACAP-Knockout einen signifikant größeren Effekt hat. Der Verlust des PACAP-spezifischen Rezeptors PAC1 bei Fettbelastung bedeutet eine Reduzierung der cholinergen Innervation des Hippocampus. Bei einem PAC1-Knockout findet kein Signaling an PAC1 statt. Die reduzierte cholinerge Aktivität kann zu einem Verlust der anti-inflammatorischen zerebralen Funktion führen. Im Umkehrschluss kann angenommen werden, dass PAC1 protektiv ist. Der Schutz des PAC1-Gens könnte zu weniger Neuroinflammation und Neurodegeneration führen. Da PACAP durch seine vielfältigen Eigenschaften und Funktionen ein großes Potenzial für Forschung bietet, werden sich auch zukünftige Forschungsarbeiten mit dieser Thematik beschäftigen. Mit besonderer Spannung können die therapeutischen Möglichkeiten von PACAP erwartet werden.
DOI:10.17192/z2023.0578