Multisensory self-motion processing in humans

Humans obtain and process sensory information from various modalities to ensure successful navigation through the environment. While visual, vestibular, and auditory self-motion perception have been extensively investigated, studies on tac-tile self-motion perception are comparably rare. In my thesi...

Full description

Saved in:
Bibliographic Details
Main Author: Rosenblum, Elisabeth-Maria
Contributors: Bremmer, Frank (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:English
Published: Philipps-Universität Marburg 2023
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
Tags: Add Tag
No Tags, Be the first to tag this record!

Bei der Wahrnehmung von Eigenbewegungen liefern uns unterschiedliche Sinnes-modalitäten Informationen über u.a. unsere Bewegungsrichtung und die Geschwindigkeit, mit der wir uns bewegen. Während der Beitrag von visueller und vestibulärer Information zur Verarbeitung von Eigenbewegung bereits gut untersucht ist, ist die Rolle der taktilen Modalität fast unergründet. In meiner Arbeit habe ich zusätzlich zu visuell simulierter Ei-genbewegung den Beitrag taktiler Reize in Form von simuliertem Fahrtwind auf die Verar-beitung von Eigenbewegung untersucht. In zwei Verhaltensstudien wurde wahrgenommene Bewegungsrichtung in rein vi-suellen Durchgängen, in rein taktilen Durchgängen und in Durchgängen, in denen Eigen-bewegungsrichtung gleichzeitig in beiden Modalitäten präsentiert wurde (bimodal) abge-fragt. In bimodalen Durchgängen konnten die Bewegungsrichtungen entweder in beiden Modalitäten übereinstimmen oder mit einem räumlichen Versatz zwischen der visuellen und taktilen Bewegungsrichtung präsentiert werden. In der ersten Studie sollten Proban-den in den bimodalen Durchgängen die „visuell empfundene Bewegungsrichtung“ ange-ben. Damit sollte untersucht werden, welchen Einfluss ein behavioral irrelevanter taktiler Richtungsreiz auf die visuell wahrgenommene Bewegungsrichtung hat. In den bimodalen Durchgängen zeigte sich ein signifikanter Einfluss eines behavioral unbeachteten taktilen Richtungsreizes auf die visuell wahrgenommene Bewegungsrichtung. Dies verdeutlicht die bis jetzt wenig untersuchte Rolle von taktilen Reizen für die Eigenbewegungswahrneh-mung. Die Interaktion von visuellen und taktilen Reizen habe ich im zweiten Verhalten-sexperiment weiter untersucht. Im Vergleich zum ersten Experiment wurde in dieser Stu-die in bimodalen Durchgängen der taktile Reiz als behavioral relevant präsentiert, indem die Probanden gebeten wurden, die ‚wahrgenommene Bewegungsrichtung‘ anzugeben. Die Interaktion wurde in Abhängigkeit von verschiedenen Augen- und Kopfpositionen un-tersucht, um mögliche Referenzrahmen bei der Eigenbewegungswahrnehmung zu be-trachten. Für die bimodalen Durchgänge habe ich die relative Gewichtung beider Sinnes-modalitäten in der Richtungswahrnehmung analysiert. Ich konnte zeigen, dass sich in den bimodalen Durchgängen die Probanden stärker auf die visuelle Modalität verlassen ha-ben, obwohl es einen signifikanten Einfluss der taktilen Bewegungsrichtungen gab. Es gab keinen Einfluss der Augen- und Kopf-Position auf unimodal visuelle und bimodale Verar-beitung. Unimodal taktile Richtungswahrnehmung hingegen wurde in Richtung der Augen-Position beeinflusst. Dies könnte durch die visuelle Antwortgabe in meinem Experiment begründet sein. In der dritten Studie habe ich die neuronalen Korrelate von taktiler und visueller Verarbeitung von zurückgelegter Distanz mittels Magnetresonanztomografie untersucht. Dabei war der Einfluss der kognitiven Anforderungen beim Lösen der Aufgabe von Inte-resse. Die ‚predictive coding‘ Theorie besagt, dass das Gehirn Vorhersagen über zukünftige Ereignisse trifft, welche dann mit tatsächlich eintreffenden sensorischen Informationen abgeglichen werden. Wenn beides übereinstimmt, werden die vorhergesagten neuronalen Signale gedämpft. Dieser Abgleich wird dann dazu genutzt, das interne Modell an die ak-tuelle Situation anzupassen und unsere Wahrnehmung der Welt so effizient wie möglich zu organisieren. Neue Studien legen nah, dass dieser verringernde Effekt durch hohe Auf-gabenanforderungen umgedreht werden kann. Dies könnte dadurch begründet sein, dass das System kognitive Ressourcen zum Lösen der Aufgabe aufwendet, die somit zu einer Erhöhung (anstatt Dämpfung) der Erregungsübertragung führen. In meiner Studie habe ich den Einfluss kognitiver Anforderungen auf die Reproduktion von zurückgelegter Dis-tanz experimentell manipuliert. Jede Versuchsperson löste zwei Aufgaben, die sich in ihrer Lösungsschwierigkeit unterschieden und jeweils aus aktiven und passiven Durchgängen bestanden. Für beide Aufgaben zeigte sich eine Verstärkung neuronaler Aktivierung in frühen sensorischen Arealen für visuelle wie auch taktile Durchgänge für den Vergleich zwischen aktiven (Re-/Produzieren einer Distanz) mit passiven (Enkodieren/ Betrachten einer Distanz) Durchgängen. Dies spricht für eine Beteiligung dieser Areale am Aufgaben-lösen und somit einer Umkehr der durch die ‚predictive coding‘ Theorie vorhergesagten neuronalen Aktivitätsverringerung. Somit konnte ich vorherige Studien, die eine Umkehr von Dämpfung der neuronalen Aktivierung durch kognitive Anforderungen gezeigt haben, durch meine Ergebnisse ergänzen. Des Weiteren konnte ich neuronale Korrelate taktiler Distanzwahrnehmung identifizieren und Gemeinsamkeiten zur visuellen Distanzwahr-nehmung aufzeigen. Zusammenfassend habe ich in meiner Arbeit erste Befunde zur Rolle der taktilen Modalität bei der Eigenbewegungsverarbeitung aufgezeigt. Taktile Reize in Form von si-muliertem Fahrtwind dienen als valider Reiz zur Einschätzung von Bewegungsrichtung als auch zur adäquaten Wahrnehmung von zurückgelegter Distanz. Somit spielt die taktile Modalität einen wesentlich größeren Einfluss bei Eigenbewegungsverarbeitung als bisher herausgestellt und sollte in zukünftigen Untersuchungen von Eigenbewegung stärker be-achtet werden.