The Effect of Auditory Stimuli on the Quantitative Electroencephalogram in Patients with Parkinson's Disease
Parkinson’s Disease (PD) is the second most common neurodegenerative disorder worldwide with increasing incidence and prevalence. It mainly affects the motor system due to a loss of dopaminergic neurons in the substantia nigra and leads to cardinal symptoms including brady-/akinesia, tremor, muscle...
Main Author: | |
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | English |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2023
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Das idiopathische Parkinson-Syndrom ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung der Welt mit weiterhin steigender Inzidenz und Prävalenz. Über den Untergang dopaminerger Neurone in der Substantia nigra betrifft es vor allem das motorische System und führt zu den Kardinalsymptomen Brady-/Akinesie, Tremor, Rigor und posturaler Instabilität. Nach klinischer Diagnose wird vorrangig medikamentös mit L-Dopa, Dopaminagonisten und MAO-B Hemmern therapiert. Auch unter Therapie bleibt das idiopathische Parkinson-Syndrom weiter progredient und ist nicht heilbar. Als komplementäre Therapie hat sich in den letzten Jahren aufgrund einer Vielzahl positiver Effekte die Musiktherapie etabliert. Trotzdem ist der genaue Wirkmechanismus der Musiktherapie noch nicht sicher bekannt. Mögliche Erklärungsversuche reichen von einer gesteigerten Dopamin-Ausschüttung bis hin zu einer besseren funktionalen Konnektivität verschiedener Hirnareale. Ziel dieser Arbeit war es, Gründe für die Wirksamkeit von Musiktherapie im EEG zu finden. Für die Analyse des EEG sprachen mit Blick auf die auditiven Stimuli vor allem die gute zeitliche Auflösung sowie die schnelle Verfügbarkeit und die verhältnismäßig geringen Kosten. Die genaue Fragestellung hierbei war viergeteilt: Erstens, ob eine Unterscheidung von Parkinson-Patienten und gesunden Probanden im EEG zunächst generell möglich ist. Zweitens, ob auditive Stimuli einen Effekt auf das EEG zeigen. Drittens, anhand genau welcher Kennzeichen eine Unterscheidung beider Gruppen im EEG möglich ist. Und viertens, welche Charakteristika ein auditiver Stimulus haben sollte, um einen Effekt im EEG zu zeigen. Die Studie wurde in Zusammenarbeit der University of British Columbia (UBC) in Vancouver und der Philipps-Universität Marburg durchgeführt. 2017 und 2018 wurden hierzu auf dem Campus der UBC 12 Parkinson-Patienten und 4 Kontrollpersonen gleichen Alters untersucht. Von jedem Probanden wurden insgesamt 5 EEGs (Konditionen) in Ruhe und unter auditiver Stimulation aufgenommen. Die insgesamt drei verschiedenen Stimuli unterschieden sich dabei in ihrer Komplexität (Regen und Frühlingsspaziergang) und ihrer Modulation (rhythmisch und nicht-rhythmisch). Im Sinne einer präziseren Interpretation der Ergebnisse wurde bei der Stimulation zunächst auf Musik verzichtet und stattdessen Naturgeräusche benutzt. Aufgrund der anfallenden Datenmenge kam ein Mustererkennungsalgorithmus (Support Vector Machine) zum Einsatz, welcher beide Gruppen mittels Trennebene innerhalb des Koordinatenraumes unterscheidet. Redundante Daten wurden im Vorfeld durch die Berechnung des Mutual Information Quotienten entfernt, so dass in die endgültige Analyse nur relevante Informationen einflossen. Es zeigte sich erstens, dass die Unterscheidung beider Gruppen anhand des EEGs generell sehr gut möglich ist, in diesem Fall mit einer Klassifizierungsgenauigkeit von bis zu 90 %. Zweitens, die auditiven Stimuli hatten vor allem einen Effekt auf die EEGs der gesunden Kontrollen und verkomplizierten die Klassifikation: Die EEGs der gesunden Probanden näherten sich im Koordinatenraum denen der Parkinson-Patienten an und machten eine gemeinsame Trennebene für alle Konditionen ineffektiv. 70 Mit einer neuen Trennebene für jede Kondition aber unter Nutzung gemeinsamer Kennzeichen konnte erneut eine Klassifizierungsgenauigkeit von 80-90 % und somit sehr gute Unterscheidung beider Gruppen auch unter auditiven Stimuli erreicht werden. Drittens, die bei weitem wichtigste Gruppe von Kennzeichen zur Unterscheidung beider Gruppen bezog sich auf das Delta Frequenzband (0,5-4 Hz) mit Band-Power, Indices des Delta-Bandes und harmonischen Parametern. Die Zunahme des Delta-Spektrums bei Parkinson deckt sich mit bestehender Literatur, am ehesten im Rahmen einer vermuteten leichten kognitiven Beeinträchtigung. Zudem wird das Delta Frequenzband in der Literatur oft mit Entspannung und Schlaf verknüpft. Die Annäherung der EEGs ist somit am ehesten durch Stimulus-bedingte Entspannung zu erklären. Ein weiteres wichtiges Kennzeichen scheint der Phase Lag Index zu sein. Er wird in der Literatur ebenfalls als Indikator für leichte kognitive Beeinträchtigung erwähnt und nimmt unter dem Einfluss der Stimuli ab. Eine Verbindung zwischen dem Phase Lag Index und funktioneller Konnektivität, wie in der Literatur erwähnt, kann in dieser Arbeit nicht gezeigt werden. Viertens, die Annäherung der EEGs in Richtung der Erkrankten war besonders deutlich in den Regen- Konditionen, hier kam es zu falsch-Klassifikationen von bis zu 80 %. Dies war sowohl bei der rhythmischen als auch der nicht rhythmischen Variante der Fall. Aufgrund der in der Literatur für die Musiktherapie oft gezeigten Wichtigkeit von Rhythmus scheint die entsprechende Modulation von den Probanden nicht als rhythmisch wahrgenommen worden zu sein. Die Annäherung war weniger deutlich in der Frühlingsspaziergang-Kondition, hier waren zudem auch höhere Frequenzbänder relevant. Auditive Stimuli scheinen also eine Grund-Komplexität zu brauchen, um einen Effekt im EEG zu zeigen. Aus den Ergebnissen dieser Studie ergeben sich weitere Forschungsansätze. So könnten bei zu erwartender Wichtigkeit des Delta-Bandes längere EEG-Abschnitte als in dieser Studie (3 Sekunden) analysiert werden, um falsche Interpretationen in zu kurzen Abschnitten zu vermeiden. Zudem ist eine Verlangsamung des EEG wahrscheinlich nicht spezifisch für Parkinson. Für eine spezifischere Analyse wäre ein Einbeziehen von Teilnehmern mit nicht Parkinson bedingter kognitiver Einschränkung sinnvoll. Auch das Testen komplexerer Stimuli wie Musik, ein Einbeziehen motorischer Funktionen oder sogar eine Messung der Dopaminspiegel wären weiterhin interessant. Methodisch könnte ein ausgeglicheneres Patientenkollektiv von Vorteil sein. Um die Wirksamkeit von Musiktherapie im EEG zu zeigen, wäre eine Annäherung der EEGs der Erkrankten in Richtung gesunder Messwerte wünschenswert gewesen. Aufgrund der Entspannung war das Gegenteil der Fall. Die gewählte Methodik allerdings scheint sehr passend. Die Klassifikation beider Gruppen war auf teils sehr hohem Niveau möglich und empfiehlt diese Herangehensweise für weitere Forschung. Aufgrund ihrer Variabilität gilt dies über die Neurologie und sogar über die Medizin hinaus.