Funktion und Metabolismus der regulatorischen, nicht-kodierenden 6S RNAs aus Bacillus subtilis

Bakterielle 6S RNAs gehören zu den kurzen regulatorischen, nicht-kodierenden RNAs und beeinflussen durch direkte Bindung an das aktive Zentrum des primären RNA-Polymerase- Holoenzyms (σA-RNAP) die globale Transkription. Für die Interaktion mit der RNAP entscheidend ist die hochkonservierte Sekund...

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Main Author: Wiegard, Jana Christin
Contributors: Hartmann, Prof. Dr. Roland K. (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2023
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
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Description
Summary:Bakterielle 6S RNAs gehören zu den kurzen regulatorischen, nicht-kodierenden RNAs und beeinflussen durch direkte Bindung an das aktive Zentrum des primären RNA-Polymerase- Holoenzyms (σA-RNAP) die globale Transkription. Für die Interaktion mit der RNAP entscheidend ist die hochkonservierte Sekundärstruktur der 6S RNAs, bestehend aus zwei irregulären, helikalen Armen, die von Bereichen ungepaarter Nukleotide unterbrochen sind und einen großen, weitgehend einzelsträngigen Bereich, den „Central Bulge“, flankieren. Dieser imitiert den offenen Promotor-DNA-Komplex, ermöglicht so die Bindung der 6S RNAs an die RNAP und inhibiert dadurch die Transkription zellulärer Gene. Weiterhin können 6S RNAs auch als Templat für die RNAP fungieren. Bei dieser RNA-abhängigen RNAPolymerisation werden kurze Produkt-RNAs (pRNAs) synthetisiert, die ab einer gewissen Länge stabil an die 6S RNA gebunden bleiben und ihre Sekundärstruktur verändern. Dies führt zu einer Destabilisierung der Interaktion mit der RNAP, der 6S RNA::pRNA-Komplex wird nachfolgend freigesetzt und abgebaut und die Polymerase steht wieder für die Transkription von Genen zur Verfügung, die für das vegetative Wachstum benötigt werden. Eine Besonderheit des in dieser Arbeit untersuchten Gram-positiven Modellorganismus Bacillus subtilis ist die Expression von zwei 6S RNA-Paralogen, der 6S-1 und 6S-2 RNA. Während die 6S-1 RNA als kanonische 6S RNA ihre Maximalkonzentration in der stationären Wachstumsphase erreicht, sind die 6S-2 RNA-Spiegel während des exponentiellen Wachstums am höchsten. Im Vergleich zu entsprechenden Laborstämmen manifestierten sich 6S RNA-Deletionen im undomestizierten B. subtilis Wildtypstamm NCIB 3610 in der Ausbildung deutlicherer Phänotypen. Während die Deletion des 6S-1 RNA-Gens (ΔbsrA) wie in Laborstämmen ein vermindertes Wachstum in der spät-stationären Wachstumsphase zur Folge hatte, konnte im Fall des 6S-1&6S-2 RNA-Doppeldeletionsstamms (ΔbsrA/bsrB) und im Gegensatz zu Laborstämmen eine verlängerte Anlaufphase (lag-Phase) bei osmotischem, oxidativem und alkalischem Stress beobachtet werden. Am prägnantesten waren die Auswirkungen der 6S-2 RNA-Deletion (ΔbsrB), die sich in einer deutlich verstärkten Biofilmbildung, einem reduzierten Swarming und einer verstärkten Sporenbildung äußerten. In der vorliegenden Arbeit wurde eine potenzielle Bindung der 6S RNAs an alternative, mit σB, σD bzw. σF assemblierte RNAP-Holoenzyme getestet. Hierbei zeigte sich eine spezifische 6S-1 RNA-Interaktion sowohl mit dem σB- als auch dem σF-RNAP-Holoenzym, nicht aber mit dem σD-RNAP-Holoenzym. Verglichen mit der Bindung der 6S-1 RNA an das σA-RNAPHoloenzym war die Affinität zu den zuvor genannten alternativen Holoenzymen zwar geringer, jedoch konnte erstmalig gezeigt werden, dass die 6S RNA-Interaktion in B. subtilis nicht auf die primäre σA-RNAP beschränkt ist. Für die 6S-2 RNA wurde hingegen unter den getesteten Bedingungen keine Bindung an alternative RNAP-Holoenzyme festgestellt. Zudem zeigte sich eine verstärkte inhibitorische Aktivität der 6S-2 RNA auf die Transkription an schwächeren σAabhängigen Promotoren (veg core-Promotor), was den Schluss nahelegt, dass die 6S-2 RNA in vivo eher an schwächeren Promotoren mit geringerer Affinität zur σA-RNAP wirksam ist. Weiterhin wurde der Einfluss unterschiedlicher Aminosäuren und Strukturelemente des primären Sigma-Faktors σA auf die 6S RNA-Bindung untersucht. Hierzu wurden verschiedene σA-Mutanten sowohl im in vitro-Transkriptions-Assay als auch im elektrophoretischen Mobilitäts-Shift-Assay (EMSA) getestet. Dabei offenbarten sich einige prägnante Unterschiede zwischen den konservierten RNAP-Holoenzymen aus E. coli und B. subtilis. Während die sukzessive Mutation basischer Aminosäuren im Bereich der Region σ4.2 sowie die Deletion der gesamten Domäne σ4 (σA Δ4.1+4.2+C) mit der B. subtilis Holo-RNAP erstaunlicherweise keine reduzierte 6S RNA-vermittelte Transkriptionsinhibition zeigte, konnte mit einem chimären RNAP-Holoenzym aus E. coli Kern-RNAP und B. subtilis σA-Mutante hingegen keine Promotor-DNA-Bindung und damit auch kein Transkriptionsprodukt mehr nachgewiesen werden. Domäne σ4, die in E. coli für sowohl die Promotor-DNA- als auch die 6S RNA-Bindung essenziell ist, scheint demnach im B. subtilis-System weniger wichtig zu sein. In einem weiteren Teilprojekt dieser Arbeit wurde die Prozessierung und der Abbau der B. subtilis 6S RNAs untersucht. Dazu wurden Northernblot-Analysen und RNASequenzierungen mit verschiedenen RNase-Knockout-Stämmen durchgeführt. Diese zeigten eine Abspaltung der flankierenden Sequenz am 5‘-Ende des 6S-1 RNA-Vorläufermoleküls (Prä-6S-1 RNA) durch die RNase J1 sowie eine Prozessierung des 3‘-Endes der 6S-1 RNA durch die RNase PH. Die relativ ineffiziente 5‘-Maturierung der 6S-1 RNA hat jedoch keinen Einfluss auf die Funktionen der 6S-1 RNA wie die pRNA-Synthese, sondern scheint primär den Abbau zu regulieren. Weiterhin führen endoribonukleolytische Schnitte im Bereich des apikalen Loops der 6S-1 RNA zu einer Akkumulation etwa gleichlanger 5‘- und 3‘-Fragmente in der stationären Phase, die während des Outgrowth durch 3‘-Exoribonukleasen abgebaut werden. Der Abbau der 6S-2 RNA hingegen wird durch einen Schnitt im 5‘-Central Bulge und nachfolgenden Abbau des so generierten 3‘-Fragments durch die 5‘-3‘-exoribonukleolytische Aktivität der RNase J1 initiiert. Wie auch bei der 6S-1 RNA wird das 3‘-Ende der 6S-2 RNA durch die RNase PH um wenige Nukleotide verkürzt. Eine spezifische Funktion der RNase Y konnte für keine der beiden 6S RNAs nachgewiesen werden, eine Beteiligung des Enzyms am Abbau der beiden RNAs in Wildtypzellen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, da die Substratspezifitäten der RNasen Y, J1 und J2 überlappen. Die vier 3‘-Exoribonukleasen (RNase R, PNPase, YhaM, RNase PH) von B. subtilis, insbesondere RNase PH, sind zudem für den Abbau von 6S-1 pRNAs verantwortlich. Weiterhin wurden Protokolle zur Präparation einer His-markierten, 6S RNA-freien B. subtilis RNA-Polymerase sowie des primären B. subtilis Sigma-Faktors σA und zur Northernblot- Detektion sehr kurzer RNAs (8-15 nt) etabliert und veröffentlicht.
Physical Description:325 Pages
DOI:10.17192/z2023.0487