Höhenrekonstruktion und -erhalt osteoporotischer Wirbelkörperkompressionsfrakturen – Eine biomechanische Vergleichsstudie der Standard Ballon-Kyphoplastie zur Radiofrequenz-Kyphoplastie an einem Kadaver-Modell

Die Osteoporose und die osteoporotische Wirbelkörperfraktur stellen im Rahmen des demographischen Wandels und der zunehmend älter werdenden Bevölkerung ein erhebliches gesundheitliches und soziökonomisches Problem mit steigendem Potential dar. Die zugrundeliegende Osteoporose ist gekennzeichne...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Rotsch, Gil Nio
Beteiligte: Oberkircher, Ludwig (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2023
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die Osteoporose und die osteoporotische Wirbelkörperfraktur stellen im Rahmen des demographischen Wandels und der zunehmend älter werdenden Bevölkerung ein erhebliches gesundheitliches und soziökonomisches Problem mit steigendem Potential dar. Die zugrundeliegende Osteoporose ist gekennzeichnet durch eine pathologische Abnahme der Knochendichte und damit einhergehend einer Reduktion der Knochenstabilität. Die Ätiologie ist multifaktoriell. Identifizierte Risikofaktoren sind das Alter sowie das weibliche Geschlecht. In Deutschland ist laut Schätzungen jede 4. Frau über dem 50. Lebensjahr von Osteoporose betroffen. Das Lebenszeitrisiko eine osteoporotische Fraktur zu erleiden, liegt geschlechterspezifisch bei Frauen etwa bei 40—50 %. Die Wahrscheinlichkeit nach stattgehabter Fraktur eine weitere Fraktur zu erleiden, wird bei Betroffenen auf das 4-5fache geschätzt, verglichen zur Normalbevölkerung. Wirbelkörperfrakturen machen etwa 15% aller osteoporotischen Frakturen aus und sind zumeist Kompressionsfrakturen unterschiedlicher Ausprägung als Folge niedrigenergetischer Traumata, welche bei einem knochengesunden nicht zur Fraktur führen würden. Die Literatur geht von einer Zunahme der Inzidenz osteoporotischer Frakturen von etwa 40% bis 2030 aus. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte wurden multimodale Therapiekonzepte entwickelt welche regelmäßig weiterentwickelt werden. Diese beinhalten standardisierte Diagnostik sowie konservative und operative Therapiemöglichkeiten, die letztlich eine individuelles und interdisziplinäres Therapiekonzept zum Ziel haben. In diesem Zusammenhang stellen die minimalinvasiven vertebralen Zementaugmentation die wichtigsten operativen Therapiemöglichkeiten dar. Die Vertebroplastie und die Ballon-Kyphoplastie konnten sich im Laufe der Jahrzehnte aufgrund ihrer umfassenden Verfügbarkeit, guter flächendeckender Expertise und guten therapeutischen Ergebnissen bei relativ geringer Komplikationsrate, weiträumig etablieren. Trotzdem besteht die Möglichkeit die minimalinvasiven Verfahren noch weiter zu verbessern, insbesondere im Hinblick auf eine Minimierung der schwerwiegenden Komplikationen, wie Zementextravasation, unter vergleichbarem therapeutischem Ergebnis und gleichzeitiger Schonung intakten Gewebes. Daraufhin wurde die Radiofrequenz-Kyphoplastie durch die Fa. DFine entwickelt, die unter Verwendung kleinerer Mengen hochvikösem Knochenzements über einen unipedikulären Zugang und gezielter sparsamer Kavitätsformung, eine Alternative zu den etablierten Verfahren darstellen sollte. Ziel unserer Arbeit war der quantitative Vergleich der Radiofrequenz-Kyphoplastie zur etablierten Ballonkyphoplastie hinsichtlich ihrer Ergebnisse bei der Höhenrekonstruktion und Höhenerhalt stabiler osteoporotischer Wirbelkörperkompressionsfrakturen (Wedgefrakturen) der Klassifikation Genant II-III in einem in vitro Kadaver-Model. Zusätzlich wollten wir ein Verfahren zur Generierung standardisierter Wirbelkörperkompressionsfrakturen mit 30% Höhenminderung implentieren. Hierfür standen uns zwei fresh-frozen Spender-Wirbelsäulen von zwei kaukasischen Frauen, jeweils 75 und 73 Jahre alt, ohne bekannte Malignomerkrankung, vorangegangene Wirbelkörperfrakturen und mit bekannter hochgradiger Osteoporose, zur Verfügung. Eine initial durchgeführte DXA beider Präparate zeigte einen T-Score von -7 und -7,4 und damit das Vorhandensein einer schweren Osteoporose. Eine vor dem Versuch durchgeführte CT bestätigte die Eignung der Präparate für unsere Versuchsanordnung. Es wurden jeweils die Wirbelkörper BWK6 bis LWK5 sowie ein einzelner LWK6 ausgewählt, einzeln bis auf die knöchernen Strukturen präpariert und einzeln an den Deck- und Grundplatten in ein Kunststoffpolymer eingefasst. Im Anschluss erfolgte die Randomisierung in zwei Gruppen nach Matched-pair Design. Die Generierung der Frakturen erfolgte an jedem einzelnen Wirbelkörperpräparat über eine kontinuierliche axiale Belastung unter 100 N minimal anliegender Last in der Belastungsmaschine bis zum Erreichen der angestrebten Wedgefraktur mit 30% Höhenminderung. Dies gelang für alle Präparate zufriedenstellend ohne statistischen Unterschied zwischen beiden Gruppen. Die Operation erfolgte wie geplant unter 100 N Grundlast und unter Einhaltung der Herstellervorgaben an 12 Wirbelkörpern in der BKP-Gruppe und 13 Wirbelkörpern in der RFK-Gruppe. In beiden Gruppen konnte eine gute Höhenrekonstruktion erreicht werden ohne statistischen Unterschied zwischen beiden Gruppen. Im Anschluss wurden alle Präparate zur Emulation eines physiologischen Belastungszeitraums von 3 Monaten nach einem festgelegten standardisierten Test-Protokoll (100-600, 1 Hz, 100.000 Zyklen) in einer Belastungsmaschinen belastet. Die Resultate waren mit denen klinischer Studien vergleichbar und zeigten keinen statistischen Unterschied zwischen den Versuchsgruppen. Auffallend war die statistisch signifikante, deutlich geringere Menge an verwendetem Knochenzement in der RFK-Gruppe, was den Erhebungen klinischer Studien entspricht. Es ist uns gelungen mit unserem Frakturmodell standardisierte Kompressionsfraktur an einem osteoporotischen Wirbelkörper in einem in vitro Kadaver-Model zu generieren. Unsere Arbeit konnte in vitro zeigen, dass die Radiofrequenzkyphoplastie eine mindestens gleichwertige Alternative zur Ballonkyphoplastie im Hinblick auf Höhenrekonstruktion und Höhenkerhalt osteoporotischer Wirbelkörperkompressionsfrakturen darstellt, bei gleichzeitig signifikant geringerem Zementvolumen. Letzteres könnte ein Vorteil der RFK gegenüber der BKP darstellen bezüglich des Komplikationsprofils bei Zementextravasation, -interdigitation, Frakturheilung und dem Auftreten von Folgefrakturen. Aufgrund der Verwendung eines Kadavermodels und nur näherungsweiser Simulation physiologischer Verhältnisse, sind unsere Ergebnisse, trotz guter quantitativer Vergleichbarkeit, nur eingeschränkt auf eine in vivo Situation übertragbar. Nichtsdestotrotz liefert unsere Studie valide Hinweise auf eine mögliche Überlegenheit der RFK, welches in großen klinischen Studien eruiert werden sollte.
Umfang:86 Seiten
DOI:10.17192/z2023.0148