Langzeitdiagnostische Genauigkeit der hochsensitiven Thyreoglobulin-Bestimmung bei Patienten mit differenziertem Schilddrüsenkarzinom nach I-131-Ablation

Thyreoglobulin spielt eine wichtige Rolle in der Nachsorge des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms. Zur Nachsorge des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms werden standardmäßig Thyreoglobulin-Messungen unternommen, unter anderem TSH-stimuliert. In unserem Haus wird seit 2004 die hochsensitive Thyr...

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Main Author: Bögershausen, Larissa R.
Contributors: Verburg, Erik (Prof. Dr. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2022
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
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Description
Summary:Thyreoglobulin spielt eine wichtige Rolle in der Nachsorge des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms. Zur Nachsorge des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms werden standardmäßig Thyreoglobulin-Messungen unternommen, unter anderem TSH-stimuliert. In unserem Haus wird seit 2004 die hochsensitive Thyreoglobulin-Messung durchgeführt. Studien der letzten Jahre deuteten darauf hin, dass die neue hochsensitive Thyreoglobulin-Messmethode die TSH-Stimulation redundant machen könnte. Mit unserer Studie wollten wir die diagnostische Genauigkeit der hochsensitiven Thyreoglobulin-Messung untersuchen, und zwar in Hinblick auf Erkrankungsfreiheit, Rezidivrate und Sterblichkeit. Über einen langen Studienzeitraum von 2004 bis 2019 verglichen wir die TSH-stimulierte mit der unstimulierten hochsensitiven Thyreoglobulin-Messungen mit der Fragestellung, ob die hochsensitive Messmethode die TSH-stimulierte Thyreoglobulin-Messung ersetzen könnte. Unsere Studie umfasst insgesamt 461 Patienten. Für unsere gesamte Population ergab sich eine geschätzte Mortalität von 1.3±1.3% und 3.3±2.4% nach 5 und 10 Jahren, bei Patienten ohne Thyreoglobulin-Antikörper ergaben sich sowohl nach 5 als auch nach 10 Jahren eine Mortalitätsrate in Höhe von 1.1±0.8%. Unsere Ergebnisse zeigen, dass bei high risk Patienten, die zum Diagnosezeitpunkt Fernmetastasen aufweisen, sowohl bei der unstimulierten, als auch bei der TSH-stimulierten hochsensitiven Thyreoglobulin-Messung eine Schwelle von 1 ng/ml in der Lage ist, das Risiko an einem Schilddrüsenkarzinom zu versterben signifikant beurteilbar ist. Für Patienten mit negativem Thyreoglobulin-Antikörper-Status errechneten wir ein geschätztes Rezidivrisiko nach 1, 5 und 10 Jahren von 0.5±0.5%, 0.5±0.5% und 2.0±1.6%. Für Patienten mit Thyreoglobulin-Antikörper-positivem Status ergab sich nach 1, 5 und 10 Jahren ein Rezidivrisiko von 4.5±4.4%, 0.5±0.5% und 23.4±17.4%. Des Weiteren errechneten wir für unsere gesamte Population hervorragende negative prädiktive Werte für hochsensitives Thyreoglobulin mit einer Schwelle von 0,1 ng/ml für ein positives Ergebnis. Dieser beträgt bei Patienten mit Thyreoglobulin-Antikörpern 97% (85 – 99%) und bei Patienten ohne Thyreoglobulin-Antikörper 97,6% (94,7 – 99,0%). Vergleichbare Studien haben bislang über exzellente negative prädiktive Werte negativer unstimulierter hochsensitiver Thyreoglobulin-Werte berichtet, wenn es stimulierte Thyreoglobulin-Werte ≥1 ng/ml gab. Dies bestätigt sich in unserer Studie für die gesamte Population. Es ergaben sich bereits bei einer Schwelle von 0,1 ng/ml für ein positives Ergebnis negative prädiktive Werte ≥97%. Die neuen hochsensitiven Thyreoglobulin-Messmethoden sind mit einer exzellenten funktionellen Sensitivität und Genauigkeit bedeutend besser als ältere Verfahren, ideal sind Assays mit einer funktionellen Sensitivität <0,1 µg/l. Von den zwei Todesfällen, die beide zum Diagnosezeitpunkt bereits Fernmetastasen aufwiesen, präsentierte ein Patient zunächst einen starken Abfall des Thyreoglobulins nach der initialen RIT. Der einzige biochemische Hinweis, dass die Erkrankung nicht überstanden war, war ein bescheiden erhöhter TSH-stimulierter Thyreoglobulin-Wert von nur 1,3 ng/ml in der initialen Nachsorge. Neben der Notwendigkeit einer TSH-stimulierten Thyreoglobulin-Messung wird die Notwendigkeit des diagnostischen Radioiodscans nach erfolgter Radioiodtherapie diskutiert. Während die „American Thyroid Asscociation“ fordert, die Untersuchung nicht mehr routinemäßig durchzuführen, findet hier entsprechend der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin eine breite Indikationsstellung statt. Unsere Studie liefert einen zusätzlichen Anhalt, Patienten vorzuselektieren. Der hohe negative prädiktive Wert erlaubt es uns, die Notwendigkeit des Radioiodscans zu beurteilen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass bei Patienten ohne Fernmetastasen zum Diagnosezeitpunkt ein undetektierbares hochsensitiv gemessenes Thyreoglobulin mit einer außerordentlich guten Langzeitprognose einhergeht. Es besteht ein niedriges Rezidivrisiko und ein unbedeutendes Risiko an einem Schilddrüsenkarzinom-assoziierten Tod zu versterben. Bei Patienten ohne detektierbares hochsensitiv gemessenes Thyreoglobulin in der Nachsorge (low risk Patienten) bedeutet der hohe negative prädiktive Wert der unstimulierten Messung schließlich, dass weitere diagnostische Maßnahmen, wie eine TSH-stimulierte Messung und der diagnostische Radioiodscan, unterlassen werden können. Bei diesen Patienten liefert ein stimulierter Thyreoglobulin-Wert keinen Mehrwert in Bezug auf Rezidiv- und Sterberate. Da trotzdem ein gewisses Rezidivrisiko bestimmt, sollten nach wie vor halbjährliche bis jährliche Nachsorge-Untersuchungen stattfinden, basierend auf unstimulierten hsTg-Messungen. Weitere Prozeduren, wie die stimulierte Thyreoglobulin-Messung und der Radioiodscan können voraussichtlich high risk Patienten vorbehalten werden, bei denen es Anhalt für die Persistenz der bestehenden Erkrankung oder laborchemisch Anhalt für ein Rezidiv gibt. Unseren Ergebnissen entsprechend kann bei unstimulierten hochsensitiv gemessenen Thyreoglobulin-Werten <0,1 ng/ml auf einen Radioiodscan verzichtet werden. Die Notwendigkeit der Ultraschalluntersuchung ist Gegenstand aktueller Forschung.
Physical Description:78 Pages
DOI:10.17192/z2022.0375