DFT-Vorhersage der Kristallstruktur und Eigenschaften intermetallischer Actinoidverbindungen: Die Beispiele UCo und UIr

In dieser Arbeit wurde die Qualität der Dichtefunktionaltheorie (DFT) zur Vorhersage der Kristallstruktur und physikalischen Eigenschaften der zwei intermetallischen Actinoidverbindungen UCo (I2_13, cI16) und UIr (P2_1/c, mP16) getestet. Rechnungen mit dem evolutionären Algorithmus USPEX in der LDA...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Sachs, Malte
Beteiligte: Kraus, Florian (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2022
Schlagworte:
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Beschreibung
Zusammenfassung:In dieser Arbeit wurde die Qualität der Dichtefunktionaltheorie (DFT) zur Vorhersage der Kristallstruktur und physikalischen Eigenschaften der zwei intermetallischen Actinoidverbindungen UCo (I2_13, cI16) und UIr (P2_1/c, mP16) getestet. Rechnungen mit dem evolutionären Algorithmus USPEX in der LDA-PW-, der GGA-PBE- und DFT+U-Methodik sagen in der skalar-relativistischen Näherung sowohl für UCo als auch für UIr nicht die beobachtete Struktur, sondern den NaTl-Typ (Fd3-m, cF16) als das Energieminimum vorher. Bei UCo lässt sich die relative Energetik unter Berücksichtigung von Spin-Bahn-Wechselwirkungen korrigieren. Bei UIr ist die Energiedifferenz zwischen dem vorhergesagten und experimentell bestimmten Strukturmodell so groß, dass dieses ohne Vorkenntnis des erwarteten Ergebnisses in weiteren Analysen höherer Genauigkeit nicht berücksichtigt würde. Die unterschiedliche Vorhersagequalität lässt sich mit dem Ausmaß der Elektronenkorrelation in UCo und UIr erklären. UCo ist ähnlich wie α-U ein mäßig korreliertes Metall und noch gut in der gewählten Methodik zu beschreiben. Die Eigenschaften von UIr ähneln denen von δ-Pu, dass als stark korreliertes Metall gilt und die Verwendbarkeit der DFT auf dem LDA- oder GGA-Niveau einschränkt. Zwischen beiden Verbindungen verläuft somit eine Grenze der Vorhersagbarkeit. Sichere Vorhersagen sind zunächst nur für Verbindungen mit Thorium oder Protactinium zu erwarten, da sie noch geringere Korrelationseffekte aufweisen sollten. Für weitere Actinoidsysteme sind Methoden höherer Genauigkeit bei der Berechnung der inneren Energie nötig. Die Einflüsse von Spin-Bahn-Wechselwirkungen und der DFT+U-Korrektur hierauf wurden untersucht. Die Berücksichtigung von Spin-Bahn-Wechselwirkungen verbessert die relative Energetik und wird aufgrund ihrer physikalischen Motivation empfohlen. Die DFT+U-Methode ist für die Systeme dieser Arbeit nicht empfehlenswert, da sie neben technischen Problemen keine systematisch kontrollierbare Beeinflussung der relativen Energetik ermöglicht. Eine verbesserte Vorhersagequalität für intermetallische Actinoidverbindungen ist von Vielteilchen-Modellen wie etwa der DFT+DMFT zu erwarten, die dynamische Effekte berücksichtigen. Ursachen für die eingeschränkte Vorhersagequalität wurden qualitativ in Bezug auf die fundamentalen Fehler der DFT-Näherungen untersucht. Der Selbstwechselwirkungs- bzw. Delokalisationsfehler äußert sich primär in einer Überschätzung der Bindungsbeteiligung der 5f-Elektronen. Hierdurch werden Strukturtypen mit kurzen Abständen zwischen den Actinoidatomen, hier der UCo- und der NaTl-Typ, energetisch bevorzugt, die breite 5f-Bänder bilden. Verstärkte attraktive Wechselwirkungen der 5f-Orbitale werden im Experiment durch Druck induziert, so dass beide Strukturtypen potentielle Hochdruckmodifikationen intermetallischer Actinoide sind. Der Selbstwechselwirkungsfehler der DFT führt möglicherweise zur Unterschätzung der Phasenumwandlungsdrücke dieser Verbindungen. Der statische Korrelationsfehler resultiert in einer überschätzten Spinpolarisation der 5f-Elektronen, die in gewisser Weise die Lokalisation und Korrelation dieser Elektronen imitiert. Da sowohl lokalisierte als auch spinpolarisierte Elektronen nicht zur Bindung beitragen, sind auf Kosten eines möglicherweise spinpolarisierten Grundzustandes trotzdem gute Strukturvorhersagen möglich. Dies demonstrieren DFT-Strukturoptimierungen an UCo und UIr. Im ersten Fall kann der Strukturvorschlag des UCo-Typs (I2_13, cI16) bestätigt werden. Im Fall von UIr liefern die DFT-Rechnungen den entscheiden Anstoß zur experimentellen Neubestimmung und Korrektur der Kristallstruktur von der azentrischen Raumgruppe P2_1 zur zentrosymmetrischen Raumgruppe P2_1/c. Demnach ist UIr kein azentrischer Supraleiter, wie vielfach diskutiert wird. Die Überschätzung der Spinpolarisation kann bei der Vorhersage der physikalischen Eigenschaften zu Problemen führen. Dies zeigt die wahrscheinlich nicht haltbare Vorhersage von halbmetallischen Ferromagnetismus in UCo im NaTl-Typ oder die magnetische Stabilisierung von UIr im CrB-Typ. Hilfreiche DFT-Vorhersagen sind vor allem um das lokale Minimum der experimentell beobachteten Strukturen möglich, da hier Fehlerkompensation die Genauigkeit der Berechnungen relativer Energien erhöht. Ein Beispiel hierfür ist die berechnete magnetische Vorzugsrichtung von UIr, die mit den experimentellen Beobachtungen übereinstimmt. Ein Vergleich mit Valenzbandspektren zeigt, dass die Elektronenstrukturen der hier untersuchten Verbindungen qualitativ richtig wiedergegeben werden, so dass ihre Analyse einen Zugang zur Rationalisierung des Auftretens der vorgefundenen Strukturtypen bietet: Sowohl der UCo- als auch der NaTl-Typ ermöglichen die Ausbildung kurzer, homoatomarer Kontakte der Actinoidatome, die die attraktiven Wechselwirkungen der 5f-Orbitale am effektivsten vergrößern. Hierdurch wird der Energieaufwand der Kompression dieser potentiellen Hochdruckverbindungen reduziert.
Umfang:424 Seiten
61 Seiten
DOI:10.17192/z2022.0373