Action language processing in Parkinson’s disease: Characterization of neuro-oscillatory dynamics and linguistic performance
Human language capacity is based on temporally coordinated neural activity across distributed brain regions. Although the left hemispheric perisylvian cortex constitutes the core region of language processing, a network of additional sites is further involved. For example, in the healthy brain, sema...
Main Author: | |
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | English |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2022
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Die menschliche Sprachfähigkeit beruht auf zeitlich koordinierter neuronaler Aktivität in multiplen Hirnregionen. Auch wenn der linkshemisphärische perisylvische Kortex die Kernregion der Sprachverarbeitung darstellt, ist darüber hinaus ein Netzwerk zusätzlicher Areale beteiligt. Im gesunden Gehirn wurde beispielsweise der Abruf von semantischen Konzepten, die für Handlungen kodieren, mit einer erhöhten neuronalen Aktivität in frontalen motorischen Arealen in Verbindung gebracht. Diese Ergebnisse werden durch Studien ergänzt, die eine gestörte sprachliche Verarbeitung von Handlungskonzepten bei Patienten mit Morbus Parkinson zeigen - einer Erkrankung, die zu motorischen Beeinträchtigungen führt. Beide Forschungsrichtungen deuten daher auf eine Beteiligung sensomotorischer Hirnareale am semantischen Abruf von Handlungskonzepten hin. Da jedoch die neuronalen Grundlagen des mutmaßlichen sprachlichen Defizits in Bezug auf Handlungskonzepte bei Morbus Parkinson unbekannt sind, ist der Beitrag des motorischen Systems zu diesem Phänomen bislang unklar. Die vorliegende Studie zielte daher darauf ab, diese offene Frage durch die Charakterisierung neurophysiologischer und behavioraler Korrelate der sprachlichen Verarbeitung von Handlungskonzepten bei Parkinson-Patienten zu adressieren. Zu diesem Zweck wurden zwei Experimente durchgeführt. Das Ziel von Experiment 1 war es, einen Datensatz von Bildern, auf denen Handlungen dargestellt sind, für die deutsche Sprache zu kompilieren und zu validieren. In diesem Studienteil sollten psycholinguistische Variablen identifiziert werden, die sich auf die Antwortlatenz in einer Bildbenennungsaufgabe auswirken. Dies ist notwendig, um in zukünftigen Studien aufeinander abgestimmte Stimuli auszuwählen. In Experiment 2 wurde dieser Datensatz in einer Bildbenennungsaufgabe eingesetzt und mit hochauflösenden elektroenzephalografischen Ableitungen verbunden. Hiermit konnten oszillatorische Muster, die mit der Verbalisierung von Handlungskonzepten einhergehen, bei gesunden Teilnehmern und bei Patienten mit Morbus Parkinson charakterisiert werden. Insbesondere wurde in diesem Teil der Studie untersucht, ob die sprachliche Verarbeitung von Handlungskonzepten bei Parkinson-Patienten mit abweichenden oszillatorischen Mustern im Mu- und Beta-Frequenzbereich in motorischen kortikalen Arealen einhergeht. Außerdem wurde der Einfluss dopaminerger Medikation auf diese Muster untersucht. In Experiment 1 konnten insgesamt 283 frei verfügbare Bilder kompiliert und charakterisiert werden. Die Variablen mit den stärksten Effekten auf die Antwortlatenz beschreiben den Grad an Übereinstimmung der abgegebenen Antworten: Inhomogenere Antwortverteilungen waren mit längeren Reaktionszeiten verbunden. Darüber hinaus waren die Worthäufigkeit sowie das Bewegungsausmaß der auf den Bildern dargestellten Handlungen und der assoziierten Antworten signifikante Prädiktoren der Antwortlatenz. Experiment 2 konnte ein Defizit in der Benennung bildlich dargestellter Handlungen bei Patienten mit Morbus Parkinson im Vergleich zu gesunden Teilnehmern nicht replizieren. Es wurden jedoch unterschiedliche neurophysiologische Korrelate während der Bildbenennungsaufgabe festgestellt. Im Gegensatz zu gesunden Probanden war bei Parkinson-Patienten, die nicht unter dem Einfluss dopaminerger Medikation standen, eine vorübergehende Episode von Beta-Hypersynchronisation über zentralen bis frontalen Elektroden in einem Zeitfenster zwischen 300 bis 700 ms nach Stimuluspräsentation zu beobachten. Cluster-basierte Permutationstests bestätigten diesen Unterschied in oszillatorischer Power und durch eine Quellenrekonstruktion neuronaler Aktivität konnte dieser auf den linken prä- und postzentralen Kortex sowie den rechten vorderen Temporallappen lokalisiert werden. Außerdem war eine spätere Suppression oszillatorischer Power im Mu-Frequenzbereich (ab 800 ms) bei Parkinson-Patienten stärker ausgeprägt als bei gesunden Kontrollpersonen. Die in Experiment 1 gefundenen Zusammenhänge zwischen psycholinguistischen Variablen und der Antwortlatenz deckten sich weitgehend mit Resultaten aus Validierungsstudien zu Bildbenennungsaufgaben in anderen Sprachen. Der Datensatz von 283 Bildern könnte daher eine wertvolle Ressource für zukünftige psycholinguistische Untersuchungen der sprachlichen Verarbeitung von Handlungskonzepten darstellen. Im Gegensatz zu früheren Studien gingen die behavioralen Resultate aus Experiment 2 nicht mit einem Defizit im semantischen Abruf von Handlungskonzepten bei Parkinson-Patienten einher. Allerdings wiesen die Patienten in der vorliegenden Studie ein höheres Bildungsniveau als die Teilnehmer früherer Studien auf, was das angenommene Defizit möglicherweise kompensiert haben könnte. Auf neurophysiologischer Ebene zeigte die Beta-Hypersynchronisation bei Patienten mit Morbus Parkinson hingegen ein Muster, das möglicherweise eine veränderte sprachliche Verarbeitung von Handlungskonzepten im motorischen System widerspiegelt: Abweichende neuronale Aktivität wurde teilweise während eines für semantische Abrufprozesse etablierten Zeitfensters beobachtet und war in Hirnregionen lokalisiert, die mit dem Abruf von Handlungskonzepten in Verbindung gebracht werden, darunter auch der sensomotorische Kortex. Zusammenfassend hat die vorliegende Studie durch die Validierung eines Datensatzes an Bildern von Handlungen eine methodische Grundlage für weitere psycholinguistische Studien zur sprachlichen Verarbeitung von Handlungskonzepten für die deutsche Sprache geschaffen. Durch die Anwendung dieses Datensatzes in einer Bildbenennungsaufgabe in Verbindung mit hochauflösenden elektroenzephalografischen Ableitungen bei Parkinson-Patienten und gesunden Probanden wurden neurophysiologische Korrelate der sprachlichen Verarbeitung von Handlungskonzepten untersucht. Während behaviorale Ergebnisse nicht mit der Hypothese eines Defizits in der Benennung bildlich dargestellter Handlungen einhergingen, deutet die abweichende oszillatorische Aktivität im Beta-Frequenzbereich jedoch auf einen veränderten semantischen Abruf von Handlungskonzepten in motorischen Hirnarealen bei Patienten mit Morbus Parkinson hin.