Biomechanischer Stabilitätsvergleich am suprakondylären Femur: Analyse des Einflusses einer additiven Drahtcerclage bei der Versorgung einer extraartikulären, distalen Schrägfraktur mittels polyaxialer, winkelstabiler Plattenosteosynthese

Die operative Versorgung suprakondylärer Frakturen des Femurs ist herausfordernd. Eine Cerclage kann bei Frakturen als Hilfsmittel und in Kombination mit einer Osteosynthese als Implantat verwendet werden. Die vorliegende Arbeit untersucht erstmalig den Einfluss einer zusätzlichen Cerclage auf die S...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Anrich, Dan-Moritz
Beteiligte: Bliemel, Christopher (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2022
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Die operative Versorgung suprakondylärer Frakturen des Femurs ist herausfordernd. Eine Cerclage kann bei Frakturen als Hilfsmittel und in Kombination mit einer Osteosynthese als Implantat verwendet werden. Die vorliegende Arbeit untersucht erstmalig den Einfluss einer zusätzlichen Cerclage auf die Stabilität und Belastbarkeit der mit einer NCB-DF Platte versorgten suprakondylären Femurfraktur (AO-Typs 32-A2.3). Hierfür wurden acht Paar mit Formalin fixierte, humane Kadaverknochen von Köperspendern untersucht (Durchschnittsalter 74 Jahre, Alterspanne 57 bis 95 Jahre). Mittels radiologischer Kontrollen und Knochendichtemessungen konnten Osteolysen, Frakturen sowie das Vorliegen einer Osteoporose ausgeschlossen werden. Es folgte die zufällige Aufteilung der Paare in zwei Gruppen. Alle 16 Knochen wurden nach Einführung einer Schrägfraktur des AO-Typs 32-A2.3 mit einer winkelstabilen Plattenosteosynthese versorgt. In Gruppe 2 erfolgte die zusätzliche Versorgung der Bruchstelle mit einer doppelläufigen Drahtcerclage. Die Knochen wurden anschließend retrograd, der physiologischen Kraftachse gerecht, in eine Instron 5566 Belastungsmaschine eingespannt. Einem standardisierten Prüfungsprotokoll folgend wurden die Knochen nach einer Vorlast von 100 N zyklisch mit steigender Kraft belastet. Beginnend bei 800 N und 500 Wiederholungen wurde die Belastung nach Abschluss jedes Prüfungsprotokolls um 200 N erhöht, bis die Osteosynthese versagte. Als Versagensgrenzen galten eine plastische Deformierung größer 20 mm und/ oder ein plötzlicher Kraftabfall größer 30 %. Alle Knochenpaare konnten mindestens einer Belastung von 1200 N standhalten. Die mittlere Druckkraft bei Osteosyntheseversagen lag in Gruppe 1 bei 2450 N (95 % KI: 1996-2904 N). Im Vergleich erreichte die Gruppe 2 mit zusätzlicher Cerclage eine mittlere Belastungsgrenze von 3100 N (95 % KI: 26623538 N). Mit Ausnahme des Probenpaares 3 (je 3200 N) waren die Belastungsgrenzen der Gruppe 2, mit einer zusätzlichen Cerclage, stets höher. Der Unterschied der Belastungsgrenzen zwischen den Gruppen 1 und 2 war statistisch signifikant (p = 0,018). In beiden Gruppen war der häufigste Versagensgrund mit 87,5 % eine Verformung des distalen Fragmentes > 20 mm. Nur bei einem Paar kam es zu einem plötzlichen Kraftabfall größer 30 %. Hinsichtlich der Versagensart konnten drei Mechanismen unterschieden werden. In beiden Gruppen war die Lockerung der distalen Schrauben mit folgendem Abscheren des distalen Fragmentes entlang des Frakturspaltes am häufigsten (Gruppe 1: 62,5 %; Gruppe 2: 75 %). Hervorzuheben ist aber ein neu entstandener Frakturkeil entlang der Cerclage in Gruppe 2 sowie das Reißen der Cerclage selbst. Die irreversible Verformung der Platte unter der Belastung trat in Gruppe 2 mit Cerclage zweimal auf, in Gruppe 1 einmalig. In beiden Gruppen versagte der Schaft je einmal multifragmentär. Für die Berechnung der Steifigkeit und der plastischen Verformung wurde die höchste erreichte Belastungsstufe aller Knochen von 1200 N herangezogen. Die Steifigkeit beider Gruppen war vergleichbar mit einer mittleren Steifigkeit von 2,00 N/ m in Gruppe 1 (95 % KI: 1,11-2,90 N/ m) und von 1,49 N/ m in Gruppe 2 (95 % KI: 1,04-1,94 N/ m) (p = 0,208). Die Analyse der plastischen Verformung zeigte für die Belastung von 1200 N einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen (p = 0,035). Die mittlere plastische Verformung in der Gruppe mit der zusätzlichen Cerclage (Gruppe 2) betrug 0,37 mm (95 % CI 0,22-0,51 mm). Im Vergleich dazu betrug die mittlere plastische Verformung der Gruppe 1 0,6 mm (95 % CI: 0,38-0,81 mm) und zeigte somit eine höhere Variabilität für die plastische Verformung. Die Arbeit konnte höhere Belastungsgrenzen für eine Schrägfraktur des distalen Femurschaftes zeigen, wenn diese mit einer kombinierten Osteosynthese aus winkelstabiler Platte und Cerclage versorgt wurde. Deshalb ist bei der Versorgung einer Schrägfraktur des distalen Femurschaftes aus biomechanischer Hinsicht eine zusätzliche Cerclage zu empfehlen. Das gilt besonders in der Gruppe älterer Patienten, für welche eine frühzeitige postoperative Übungsstabilität von großer Bedeutung ist.
Umfang:100 Seiten
DOI:10.17192/z2022.0313