Charakterisierung des Festelektrolytsystems (1−x) Li3PS4 + x LiI sowie dessen Anwendung in Lithiumionen-Festkörperbatterien

In dieser Dissertation wurde das Festelektrolytsystem (1−x) Li3PS4 + x LiI charakterisiert und die Anwendung des Festelektrolyten der Zusammensetzung 0,67 Li3PS4 + 0,33 LiI in Festkörperbatterien (ASSB) überprüft. Insgesamt sind fünf Publikationen zu dieser Thematik entstanden. Drei Publikationen le...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Miß, Vanessa
Beteiligte: Roling, Bernhard (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2022
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:In dieser Dissertation wurde das Festelektrolytsystem (1−x) Li3PS4 + x LiI charakterisiert und die Anwendung des Festelektrolyten der Zusammensetzung 0,67 Li3PS4 + 0,33 LiI in Festkörperbatterien (ASSB) überprüft. Insgesamt sind fünf Publikationen zu dieser Thematik entstanden. Drei Publikationen legen den Schwerpunkt auf die Charakterisierung des Elektrolytsystems (1−x) Li3PS4 + x LiI, wobei die Lithiumionen-Leitfähigkeit, die Lithiumionen-Dynamik sowie die strukturellen Änderungen nach einer Temperaturbehandlung im Fokus liegen. In den anderen beiden Publikationen wird der Festelektrolyt 0,67 Li3PS4 + 0,33 LiI für die Anwendung in ASSBs verwendet. Zum einen wird dieser in der Kompositkathode eingesetzt und die Austauschstromdichte zwischen zwei unterschiedlichen Kathodenaktivmaterialien und dem Festelektrolyten bestimmt. Zum anderen wird der Kontakt des Festelektrolyten zu Lithium-Metall druckabhängig untersucht. Diese Messungen helfen bei einer Beurteilung zur Lebenszeit einer Lithium-Metall-Batterie unter der Verwendung von sulfidischen Festelektrolyten. Zwei Publikationen zur Charakterisierung des Elektrolytsystems (1−x) Li3PS4 + x LiI beziehen sich auf die Untersuchung der Zusammensetzung 0,67 Li3PS4 + 0,33 LiI. In dieser konnte eine enorme Leitfähigkeitserhöhung des amorphen Ausgangsmaterial von 0,8 mS∙cm−1 auf 6,5 mS∙cm−1 nach einem einzelnen Temperschritt auf 180 °C festgestellt werden. Die Ursache dieser Leitfähigkeitserhöhung wurde mittels Röntgenpulverdiffraktometrie (XRD) und 7Li-Kernspinresonanz (NMR) auf Strukturänderungen in der amorphen Matrix sowie der Lithiumionen-Dynamik vor und nach der Temperaturbehandlung untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass der Festelektrolyt auch nach einer Temperaturbehandlung noch weitestgehend amorph ist. Auch in der Lithiumionen-Dynamik konnte die Existenz von unterschiedlich gut leitfähigen Phasen nicht festgestellt werden, woraus auf einen schnelleren Ionentransport in der amorphen Phase nach der Temperaturbehandlung geschlossen wurde. Diese Hypothese konnte mittels Positronen-Annihilations-Spektroskopie untermauert werden, da eine Erhöhung des freien Volumens im Festelektrolyten nach der Temperaturbehandlung gezeigt werden konnte. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde ein neuer Leitfähigkeitserhöhungs-Mechanismus postuliert, der einen schnellen Ionentransport nach einer Temperaturbehandlung auf Strukturänderungen in der amorphen Phase zurückführt. Dieser Effekt wurde in einer weiteren Publikation mit verschiedenen 7Li-NMR-Messungen noch tiefgehender in der Lithiumionen-Dynamik untersucht. Dabei wurden 7Li-Spin-Gitter-Relaxation-Messungen und eine Linien-Form-Analyse durchgeführt, um die lokale Sprung-Bewegung der Lithiumionen zu untersuchen. Weitere Methoden wie 7Li-Field-Cycling-Relaxometrie und statische Feldgradient Techniken wurden verwendet, wodurch auch Selbstdiffusionskoeffizienten der Lithiumionen bestimmt werden konnten. Insgesamt unterstützten diese Messungen die zuvor aufgestellte Hypothese eines schnelleren Ionentransports in der amorphen Phase des Festelektrolyten 0,67 Li3PS4 + 0,33 LiI. Da die Ursache für den schnellen Ionentransport in der amorphen Phase noch nicht verstanden war, wurden die Untersuchungen erweitert und das Festelektrolytsystem (1−x) Li3PS4 + x LiI für x = 0 – 0,5 charakterisiert, um offene Fragen des neuen Leitfähigkeitserhöhungs-Mechanismus zu klären. In der entstandenen Publikation 3.3 wurden die Kristallisations-temperaturen mittels dynamischer Differenzkalorimetrie (DSC) bestimmt, um die Leitfähigkeits-erhöhung systematisch in Bezug auf das Kristallisationsverhalten zu untersuchen. Es wurden wieder XRD und 7Li-NMR-Messungen durchgeführt, die weiter durch 31P-NMR-Messungen unterstützt wurden. Die systematische Charakterisierung des Festelektrolytsystems zeigte für verschiedene LiI Anteile x ein unterschiedliches Kristallisationsverhalten. Dabei wurde die Temperaturbehandlung immer 10 K unterhalb des ersten Kristallisationspeaks durchgeführt, welcher mittels DSC bestimmt wurde. Eine strukturelle Einteilung in drei Gruppen erfolgte mittels XRD und Raman-Spektroskopie, wobei in allen Fällen nanokristalline Verbindungen entstanden. Für x = 0 – 0,15 wurde hauptsächlich die Entstehung von β-Li3PS4 und für x = 0,45 und 0,5 die Entstehung von Li4PS4I beobachtet. Das Auftreten dieser nanokristallinen Strukturen zeigte eine geringe Leitfähigkeitserhöhung. Eine enorme Leitfähigkeitserhöhung konnte für x = 0,2 – 0,4 beobachtet werden, wobei das Entstehen der Thio-LISICON II Phase ab x = 0,2 für diese Erhöhung verantwortlich ist. Die Existenz einer superionischen Thio-LISICON II Phase wurde auch schon in der Literatur beobachtet. Die Leitfähigkeitserhöhung bis x = 0,4 konnte durch die Bestimmung der Lithiumionen-Dynamik mittels 7Li-NMR-Messungen bestätigt werden. Allerdings wurde eine Abnahme dieser Thio-LISICON II Phase mit steigendem LiI Anteil festgestellt, wohingegen eine Zunahme der Leitfähigkeit zu erkennen war. Dieses widersprüchliche Verhalten deutet auf weitere nanokristalline Phasen mit guter ionischer Leitfähigkeit hin. Diese Ergebnisse wurden auch durch die 31P-NMR-Messungen bestätigt. Zudem konnten weitere strukturelle Änderungen noch detailreicher verfolgt werden. Aufgrund des Auftretens einer nanokristallinen Li4PS4I-Phase bei x = 0,33, die im XRD nicht feststellbar war, wurde die Entstehung einer hoch fehlgeordneten Li4PS4I-Phase für die weitere Leitfähigkeitserhöhung mit einer maximalen Leitfähigkeit bei x = 0,4 postuliert. Diese fehlgeordnete Li4PS4I-Phase grenzt sich dabei klar von der für x = 0,45 und 0,5 entstandenen Li4PS4I-Phase ab, da diese Reflexe im XRD aufweist. Auch die Ergebnisse aus der Raman-Spektroskopie zeigten diese Unterschiede. Somit konnte gezeigt werden, dass bei einer Temperaturbehandlung des kugelgemahlenen Elektrolytsystems (1−x) Li3PS4 + x LiI die Entstehung verschiedener nanokristalliner Phasen für eine Leitfähigkeitserhöhung verantwortlich sind. Dabei wird die ursprüngliche amorphe Phase komplett umgewandelt. Schließlich wurde damit gezeigt, dass der schnelle Ionentransport nach einer Temperaturbehandlung in der amorphen Phase aus den Publikationen 3.1 und 3.2 nicht mehr haltbar ist. In der vierten Publikation 3.4 wurde der Festelektrolyt 0,67 Li3PS4 + 0,33 LiI in Festkörperbatterien angewendet. Dieser wurde in der Kompositkathode im Vergleich mit zwei unterschiedlichen Kathodenaktivmaterialien und als Separator verwendet. Es wurde die Austauschstromdichte zwischen dem Kathodenaktivmaterial (CAM) und dem Festelektrolyten bestimmt. Dabei diente Indium als Anodenmaterial. Im Vergleich standen die beiden einkristallinen Kathodenaktivmaterialien LiCoO2 (LCO) und LiNi0,83Mn0,06Co0,11O2 (NMC). Beide CAM waren mit einer LiNbO3-Beschichtung versehen. Die Dicke der Kompositkathode wurde variiert und die Festkörperbatterien in einem Ladezustand von 50 % impedanzspektroskopisch untersucht. Eine Interpretation dieser erfolgte über das Transmission-Line-Modell (TLM). Mit Hilfe des TLMs wurde dann die Austauschstromdichte für beide CAM im Kontakt mit dem Festelektrolyten 0,67 Li3PS4 + 0,33 LiI bestimmt. Dabeiwaren einige Parameter des TLMs experimentell bestimmbar. Die weiteren Parameter, wie die Tortuosität ???+, der Lithium-Diffusionskoeffizient im CAM ????, die nicht ideale Doppelschicht-Kapazität mit den Parametern ??? und ? sowie die Abhängigkeit des Gleichgewichtspotentials in Bezug auf die Lithium-Konzentration im CAM d?/d??? konnten durch Literaturwerte, weitere elektrochemische Messungen und dem Fitten der erhaltenen Impedanzspektren abgeschätzt werden. Mittels dieser Startwerte konnten Impedanzspektren der dickenabhängigen Kompositkathoden nach dem TLM simuliert und mit den experimentellen Ergebnissen verglichen werden. Somit war eine Bestimmung der Austauschstromdichte für beide Materialien möglich. Die Austauschstromdichten der beiden CAM unterschieden sich dabei deutlich. Für LCO konnte ein Wert von 25,8 A∙m−2 abgeschätzt werden. NMC hingegen zeigte einen deutlich niedrigeren Wert von 0,11 A∙m−2. Ein Literaturvergleich der ermittelten Austauschstromdichten erfolgte mit flüssigen Lithiumionen-Batterien. Für LCO-basierte Elektroden mit Flüssigelektrolyten wurde eine Austauschstromdichte von 0,4 A∙m−2 publiziert, welche mehr als eine Größenordnung kleiner ist, als die in LCO-basierten Kompositkathoden in ASSBs. NMC-basierte Elektroden mit einem Flüssigelektrolyten zeigten Austauschstromdichten im Bereich von 2 – 4 A∙m−2, welche etwa eine Größenordnung höher sind, als die in Kompositkathoden in ASSBs gefundene Austauschstromdichte. Das Elektrolytsystem 0,67 Li3PS4 + 0,33 LiI wurde zudem im Kontakt mit elementarem Lithium druckabhängig untersucht. Diese Ergebnisse wurden im Rahmen der Publikation 3.5 zum Verständnis der Lebenszeit einer ASSB mit sulfidischen Festelektrolyten und Lithium-Metallelektroden publiziert. Es wurde mit Hilfe elektrochemischer Untersuchungen und der Verwendung von Röntgenphotoelektronenspektroskopie und Flugzeit-Sekundärelektronen-Massenspektrometrie die Grenzfläche zwischen Festelektrolyt und Lithium-Metall bei Abscheidungs- und Auflösungs-Experimenten analysiert. Es wurde festgestellt, dass der Einfluss einer Festelektrolytinterphase an der Grenzfläche berücksichtigt werden sollte. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor für die Lebenszeit einer Lithium-Metall-Batterie ist jedoch die Betrachtung der Grenzfläche zwischen Lithium-Metall und Festelektrolyt. Zum einen muss die Bildung von Lithium-Leerstellen im Lithium-Metall beim Ablösen von Lithium berücksichtigt werden. Zum anderen muss das keimartige Abscheiden des Lithiums betrachtet werden, da dort ein besserer Kontakt zwischen Festelektrolyt und Lithium erzeugt wird. An diesen Kontaktstellen können hohe lokale Stromdichten erreicht werden, was zu einem schnelleren Dendritenwachstum und einer kürzeren Batterie-Lebenszeit führt.
Umfang:186 Seiten
DOI:10.17192/z2022.0236