What drives you? Space and habitat use of Red Kites (Milvus milvus) across different temporal and spatial scales

Landnutzungs- und Klimawandel sind die Hauptursachen für sich verändernde Umweltbedingungen, die weltweit zum Rückgang von Arten führen. Um die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern, wurde die Nutzung erneuerbarer Energien, z. B. durch den Bau von Windkraftanlagen, in den letzten Jahrzehnten sta...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Spatz, Theresa
Beteiligte: Farwig, Nina (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2022
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Landnutzungs- und Klimawandel sind die Hauptursachen für sich verändernde Umweltbedingungen, die weltweit zum Rückgang von Arten führen. Um die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern, wurde die Nutzung erneuerbarer Energien, z. B. durch den Bau von Windkraftanlagen, in den letzten Jahrzehnten stark ausgeweitet. Windkraftanlagen stehen jedoch regelmäßig in der Kritik, weil sie unter anderem zu Lebensraumverlusten und Barriereeffekten führen und ein Kollisionsrisiko dar-stellen, insbesondere für hoch mobile, groß-räumig agierende Arten wie Vögel. Um die Auswirkungen der sich ändernden Umweltbedingungen und die zusätzlichen Risiken durch Windkraftanlagen beurteilen und effiziente Schutzmaßnahmen entwickeln zu können, ist es wichtig, die Raum- und Habitatnutzung von Vögeln zu verstehen. Daher habe ich mich in meiner Forschung auf die Raum- und Habitatnutzung von Rotmilanen (Milvus milvus) auf verschiedenen zeitlichen und räumlichen Skalen konzentriert. Da der Verbreitungsschwerpunkt dieser Greifvögel in Deutschland liegt, haben wir eine besondere Verantwortung für den Schutz und Erhalt dieser Art, die auch eine Leitart für den Vogelschutz in Deutschland ist. In meiner ersten Studie (Kapitel I) untersuchte ich den Einfluss der intrinsischen Treiber Geschlecht und Reproduktionstrieb auf die Raum- und Habitatnutzung von Rotmilanen und ob sich deren Einfluss im Verlauf von drei verschiedenen Phasen innerhalb der Brutsaison verändert. Die Raumnutzung der Rotmilane hing von ihrem Geschlecht und ihrem Reproduktionsstatus ab. Die Aktionsräume der Weibchen während der Brutzeit waren deutlich kleiner als die der Männchen oder die in den anderen Phasen der Brutzeit. Damit bestätigten diese Ergebnisse, dass Rotmilane während der Brutzeit geschlechtsspezifische Rollen haben: die Weibchen bebrüten die Eier, während die Männchen sie mit Nahrung versorgen. Die Habitatnutzung veränderte sich im Verlauf der Brutzeit nicht. Unabhängig von den Phasen wurden Wälder weniger und Ackerland mehr genutzt als aufgrund ihrer Verfügbarkeit zu erwarten gewesen wäre, was die Bindung der Rotmilane an Agrarlandschaften bestätigt. Zweitens (Kapitel II) untersuchte ich Unterschiede in der Raumnutzung zwischen den Geschlechtern im Verlauf der gesamten Brutsaison und deren zugrunde liegenden intrinsischen Treiber. Auch hier waren die geschlechtsspezifischen Rollen der Rotmilane die Hauptursache für die Unterschiede zwischen den Geschlechtern in den Flugdistanzen und den mittleren Entfernungen zu den Nestern. Sowohl die Flugdistanzen als auch die mittleren Entfernungen zum Nest waren bei den Weibchen während der Brutphase am geringsten und um die Zeit des Ausfliegens der Jungvögel am größten, also dann, wenn auch der Nahrungsbedarf der großen Jungvögel am höchsten ist. Die Rolle der Männchen als Versorger hingegen wurde im unimodalen Kurvenverlauf der Flugdistanzen mit Maximum in der frühen Phase der Jungtieraufzucht, wenn das Weibchen beginnt bei der Nahrungssuche zu unterstützen, deutlich. Insgesamt war die Raumnutzung der Männchen gleichbleibender als die der Weibchen, was sich in der sich kaum ändernden mittleren Entfernung zu den Nestern zeigte und darauf hindeutet, dass die Territorialität während der gesamten Brutsaison gegeben, jedoch bei den Männchen stärker ausgeprägt ist als bei den Weibchen. Drittens analysierte ich den Einfluss des extrinsischen Treibers Windgeschwindigkeit auf die dreidimensionale Raumnutzung der Rotmilane und die daraus resultierenden Konsequenzen für deren Kollisionsrisiko mit Windkraftanlagen. Flugaktivität und Flughöhen von Rotmilanen ändern sich nichtlinear mit den auftretenden Windgeschwindigkeiten. Während Rotmilane bei eher ruhigen Windgeschwindig-keiten bis zu 2 m/s auf 10 m über Grund am wenigsten aktiv waren, nahm ihre Aktivität mit zunehmender Windgeschwindigkeit zu, bis sie bei Windgeschwindigkeiten von 4,8 m/s - 6,8 m/s ihr Maximum erreichte. Bis zu Windgeschwindigkeiten von 4,4 m/s waren die Flughöhen der Rotmilane konstant knapp über 100 m über Grund und damit sowohl auf Rotorhöhe von Windenergieanlagen, die im Studiengebiet zurzeit betrieben werden, aber auch auf Rotorhöhe zurzeit geplanter, höherer Windenergieanlagen. Bei Windgeschwindigkeiten zwischen 4,4 m/s - 6,0 m/s sanken die Flughöhen der Rotmilane um ~ 1 m pro 0,1 m/s und lagen im Mittel bei 83 m ± 8 m (Mittelwert ± SD). Der prozentuale Anteil der Flüge auf Rotorhöhe der betriebenen Windenergieanlagen im Untersuchungsgebiet lag, abhängig von der individuel-len Anlagenhöhe zwischen 32 % und 57 %. Da die derzeit geplanten Windenergieanlagen größer sind, sinkt der Prozentsatz der Flüge auf Rotorhöhe zukünftiger Windenergieanlagen auf 31% - 37%, was noch immer kein vernachlässigbarer Anteil ist. Daher werden Maßnahmen zur Verringerung des Kollisionsrisikos von Rotmilanen auch in Zukunft unverzichtbar bleiben, für die meine Studie einige vielversprechende Ansatzpunkte lieferte. Viertens untersuchte ich die Unterschiede in der Raum- und Habitatnutzung zwischen Sommer- (Brutzeit) und Winterhabitaten (Nichtbrutzeit) der Rotmilane sowie deren zugrunde liegenden intrinsischen und extrinsischen Treiber. Die Aktionsräume und täglichen Flugdistanzen waren im Winter deutlich größer als im Sommer, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass Territorialität im Sommer eine größere Rolle spielt als im Winter. Im Winter zeigten die Weibchen einen geringeren Raumbedarf als die Männchen, während im Sommer das Gegenteil der Fall war. Im Sommer spielte jedoch der Bruterfolg eine entscheidende Rolle: Bei erfolgreich brütenden Rotmilanen gab es keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern, während bei nicht erfolgreich brütenden Rotmilanen die Weibchen einen größeren Aktionsraum hatten als die Männchen. Dieses Ergebnis deutet erneut auf ein ausgeprägteres Territorialverhalten von männlichen als von weiblichen Rotmilanen hin. Unabhängig von der Jahreszeit nahmen die Aktionsraumgrößen und die täglichen Flugdistanzen mit zunehmender Primärproduktivität (NDVI) zu, die als Indikator für die Ressourcenverfügbarkeit diente und von der bekannt ist die Raumnutzung von Vögeln zum Beispiel während des Zuges zu beeinflussen. Die Größe der Aktionsräume und die täglichen Flugdistanzen nahmen jedoch mit zunehmender Landschaftsvielfalt ab, was höchstwahrscheinlich auf die grobe Auflösung der verwendeten Landnutzungsdaten zurückzuführen ist. Die Habitatverfügbarkeit innerhalb der Aktionsräume unterschied sich deutlich zwischen den Jahreszeiten und ist durch die unterschiedlichen Landschaftsausstattungen in den Winter- und Sommerhabitaten zu erklären. Die Nutzung der Habitate unterschied sich ebenfalls zwischen den Jahreszeiten: Agrarlandschaften wurden im Winter stärker genutzt als im Sommer. Insgesamt konnte ich mit dieser Studie zeigen, dass sowohl intrinsische als auch extrinsische Treiber die Raumnutzung in den beiden Jahreszeiten beeinflussen. Daraus entstehen Unterschiede in der Raum- und der Habitatnutzung bei wandernden Greifvögeln zwischen ihren Sommer- und Winterhabitaten. Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist des gesamten Jahreszyklus wandernder Arten für das Naturschutzmanagement zu berücksichtigen. Zusammenfassend konnte ich mit meinen Studien zur Raum- und Habitatnutzung von Rotmilanen in verschiedenen zeitlichen und räumlichen Maßstäben wichtige intrinsische und extrinsische Treiber für deren Bewegung identifizieren. Daraus konnte ich Schlussfolgerungen ziehen, die einen wichtigen Beitrag zur Bewertung bestehender und der Entwicklung weiterer effizienter Schutzmaßnahmen leisten können. Durch effiziente Schutzmaßnahmen und die Rolle des Rotmilans als Flaggschiffart für den Vogelschutz können wir nicht nur unserer besonderen Verantwortung für den Schutz und den Erhalt des Rotmilans gerecht werden, sondern gleichzeitig viele andere Arten schützen, die durch die veränderten Umweltbedingungen gefährdet sind.
Umfang:112 Seiten
DOI:10.17192/z2022.0222