Evaluation des Sexualhormon-bindenden Globulins in humaner Follikelflüssigkeit im Rahmen der Pilotstudie „Explorative biochemische Analyse aktueller Biomarker in humaner Follikelflüssigkeit und deren Einfluss auf die Befruchtungsrate in der assistierten Reproduktion“

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Idee gefestigt, dass Biomarker in der Ovarialfollikelflüssigkeit Therapieergebnisse der In-vitro-Fertilisation (IVF) bzw. Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) hervorsagen können. Das Sexualhormon-bindende-Globulin (SHBG) könnte ein Kandidat sein, da...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Lehnert, Sina Marie
Beteiligte: Ziller, Volker (PD Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2022
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:In den letzten Jahrzehnten hat sich die Idee gefestigt, dass Biomarker in der Ovarialfollikelflüssigkeit Therapieergebnisse der In-vitro-Fertilisation (IVF) bzw. Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) hervorsagen können. Das Sexualhormon-bindende-Globulin (SHBG) könnte ein Kandidat sein, da eine Rolle in der lokalen Regulation der ovariellen Funktion vermutet wird. Ziel dieser Arbeit war die Hypothesengenerierung über die Zusammenhänge der SHBG-Follikelflüssigkeitskonzentration mit den Follikelmerkmalen Eizellgewinn und Follikelgröße, IVF- und ICSI-Parametern wie Follikel- und Eizellanzahlen, Befruchtungsrate, Schwangerschafts- und Lebendgeburtseintritt, sowie den soziodemographischen und klinischen Parametern Alter und Body-Mass-Index (BMI). Zum Vergleich sollten diese Zusammenhänge auch mit der SHBG-Serumkonzentration am Tag der Follikelpunktion betrachtet werden. Des Weiteren sollte untersucht werden, ob die Streuung der SHBG-Konzentrationen der Follikel einer Patientin mit einem Teil der genannten Parameter zusammenhängt. Es wurde eine prospektive, explorative Kohortenstudie am Reproduktionsmedizinischen Kompetenzzentrum Marburg durchgeführt. Insgesamt 327 Follikelflüssigkeitsproben von einzeln separierten Follikeln von 54 Patientinnen mit IVF- bzw. ICSI-Therapie wurden analysiert. Die statistische Auswertung erfolgte orientierend, ohne Adjustierung für multiples Testen. SHBG war in der Follikelflüssigkeit signifikant niedriger konzentriert als im Serum. Es scheint eine teilweise Passagehemmung in den Follikel zu bestehen. Die SHBG-Konzentrationen in Follikelflüssigkeit und Serum korrelierten signifikant stark positiv. Dies spricht dafür, dass das SHBG in der Follikelflüssigkeit großteils aus dem Blutstrom stammt, während die intrafollikuläre SHBG-Synthese einen geringeren Einfluss auf den Follikelflüssigkeitsspiegel hat. Es bestand kein wesentlicher Unterschied der SHBG-Konzentration zwischen Follikeln ohne gewonnene und mit gewonnener Eizelle. Somit wurde kein Hinweis darauf gefunden, dass SHBG eine relevante Rolle bei der Ablösung des Cumulus-Eizell-Komplexes von der Follikelwand spielt. In kleinen (< 16 mm) Follikeln war die SHBG-Konzentration höher als in großen (≥ 16 mm) Follikeln. Der Unterschied verfehlte knapp die statistische Signifikanz (p = 0,055). Interessanterweise korrelierte der SHBG-Follikelflüssigkeitsspiegel mit einer Reihe von IVF- und ICSI-Parametern signifikant moderat positiv: der Anzahl der punktierten Follikel, der gewonnenen und der reifen Eizellen, die Rate der reifen Eizellen, der Anzahl der korrekt befruchteten Eizellen und der Befruchtungsrate. Der Serumspiegel korrelierte ausschließlich mit der Befruchtungsrate geringer und nicht signifikant, sodass für diese speziell der Follikelflüssigkeitsspiegel prädiktiv sein könnte. Daher sollte SHBG in der FF als Kandidat für einen Biomarker erfolgreicher IVF- bzw. ICSI-Therapieergebnisse angesehen werden. Allerdings reichte seine Vorhersagefähigkeit in der vorliegenden Studie nicht so weit, als dass er ein relevanter Unterschied der Spiegel zwischen Patientinnen ohne und mit Schwangerschafts- bzw. Lebendgeburtseintritt gefunden worden wäre. Zwei bisherige Studien berichteten hingegen signifikant höhere SHBG-Follikelflüssigkeitsspiegel bei später Schwangeren. Eventuell existiert diese Assoziation nur für eine bestimmte Konstellation von Follikelprofilen, Infertilitätsursachen und Therapieprotokollen. Die SHBG-Konzentration korrelierte nicht signifikant mit dem Alter. Es ist zu beachten, dass die Betrachtung auf eine Altersspanne zwischen 25 und 47 Jahren begrenzt war. Zwischen SHBG-Follikelflüssigkeitsspiegel und BMI wurde eine signifikante, moderate negative Beziehung festgestellt. Dies ist interessant, da sich Übergewicht negativ auf Fertilität und IVF- bzw. ICSI-Therapieergebnisse auswirkt. Das Vorliegen einer negativen Korrelation mit dem BMI und einer positiven Korrelation mit einer Reihe erfolgreicher Therapieparameter erscheint daher in sich schlüssig. Für keinen der betrachteten Parameter wurde eine Assoziation mit der Streuung der SHBG-Konzentration der Follikel der Patientin gefunden. Die Studienergebnisse tragen ein Teil zum Mosaik der Erkenntnisse über Follikel¬flüssigkeitsinhaltsstoffe und deren Assoziationen mit diversen Parametern bei. Letztendlich sind zur Bestätigung auch der signifikanten Studien¬ergebnisse weitere Studien notwendig, bei denen mit Hilfe der schließenden Statistik Aussagen über die Grundgesamtheit getroffen werden dürfen.
Umfang:171 Seiten
DOI:10.17192/z2022.0197