Optimization of the Drug Design Process by Ligand Preorganization and Occupancy of Transient Binding Pockets Based on the Model Proteins Thrombin and Aldose Reductase

The design and development of a drug is complex and usually extends over many years. Different approaches can facilitate lead optimization. This work focuses on specific aspects that could lead to advances in drug discovery. After an introduction to drug design and the two studied target proteins,...

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Main Author: Sandner, Anna Sophie
Contributors: Klebe, Gerhard (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:English
Published: Philipps-Universität Marburg 2022
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Die Entwicklung von Arzneimitteln ist komplex und erstreckt sich in der Regel über viele Jahre. Verschiedene Ansätze können die Optimierung von Leitstrukturen erleichtern. Diese Arbeit konzentriert sich auf bestimmte Aspekte, die zu Fortschritten in der Arzneimittelforschung führen könnten. Nach einer Einleitung in das Thema Wirkstoffdesign und die Vorstellung der beiden Zielproteine, befasst sich der erste Abschnitt dieser Arbeit (Chapter 2) mit der Analyse und dem Verständnis der Funktion von transienten Bindetaschen und der daraus resultierenden Perspektive zur Verbesserung der Optimierung einer Leitstruktur. Für dieses Projekt wurde die bereits gut untersuchte Spezifitätstasche der menschlichen Aldose Reduktase (ALR-2) gewählt. ALR-2 gilt als Schlüsselenzym des Polyolweges. Ist die Glykolyse, ein zentraler Abbauweg des Energiestoffwechsels, beispielsweise durch erhöhte Glukosespiegel bei Diabetikern überlastet, wird der Mechanismus des Polyolweges in Gang gesetzt. Auf diese Weise wird ALR-2 dazu angeregt, D-Glukose in D-Sorbit umzuwandeln. Zunächst wurde eine Reihe von Inhibitoren mit geringen sterischen Anforderungen und funktionellen Gruppen unterschiedlicher elektronischer Natur am terminalen aromatischen Teil oder terminale Substituenten sowie ihre strukturellen und thermodynamischen Eigenschaften mittels isothermaler Titrationskalorimetrie (ITC) und Röntgenkristallographie eingehend untersucht. Darüber hinaus erfolgte eine Analyse der elektrostatischen Potenziale und der Ladungsverteilung an den terminalen aromatischen Gruppen der Inhibitoren und deren Auswirkungen auf die Bindung in die transiente Tasche durch Berechnungen des elektronischen Oberflächenpotenzials (ESP). Diese Analysen bestätigten die zuvor aufgestellte Theorie, dass terminale aromatische Systeme der Inhibitoren mit einer elektronenarmen aromatischen Gruppe eine Öffnung der Spezifitätstasche auslösen und zu einer bevorzugten π-Wechselwirkungen mit der elektronenreichen Indoleinheit der Aminosäure W111 führen können. Außerdem deuten die Ergebnisse darauf hin, dass ein bestimmtes Volumen des Inhibitors eine Voraussetzung für die Taschenöffnung zu sein scheint, da zu kleine Substituenten zu komplexeren Bindungspositionen mit erhöhter Restmobilität führen. Es hat sich weiterhin erwiesen, dass eine Verschiebung des pH-Werts zwischen pH 5 und 8 keine Auswirkungen auf die Bindungsposition der Inhibitoren im Kristall in Bezug auf die Öffnung der Spezifitätstasche hat. Dies ermöglicht einen Vergleich zwischen thermodynamischen und kristallographischen Daten, die bei verschiedenen pH-Werten erhoben wurden. Das folgende Kapitel dieser Arbeit (Chapter 3) befasst sich mit der Strategie der Vororganisation, die in der späten Phase des Wirkstoffdesigns zur Liganden Optimierung eingesetzt wird, ohne auf ein komplett anderes Gerüst zurückgreifen zu müssen. In diesem Fall diente die S1 Tasche der ebenfalls gut untersuchten Serinprotease Thrombin, die durch die Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung spielt, als Modell. In dieser Arbeit wird zunächst eine Reihe kongenerischer Thrombin Liganden mit einer Vielzahl funktioneller Gruppen vorgestellt, die vor der Bindung eine Vororganisation auslösen. Die daraus resultierende strukturelle Fixierung eines Liganden in seiner bioaktiven Konformation, entweder durch Fixierung der gebundenen Konformation in einem geeigneten Ringsystem oder durch Fixierung über intramolekulare Wasserstoffbrückenbindungen (H-Bindungen), hat aus entropischen Gründen positive Auswirkungen auf die Affinität. Die Fixierung in Lösung und die Komplexbildung wurden durch Kristallographie, ITC und Molekulardynamiksimulationen (MD) charakterisiert. Es wird deutlich, dass diese präorganisatorischen Modifikationen den gesamten Bindungsmodus nicht beeinträchtigen, sofern die erforderliche gebundene Konformation des Moleküls mit dem archetypischen Bindungsmodus durch die modifizierten Moleküle im gebundenen Zustand gut reproduziert wird. Die wichtigsten Wechselwirkungen bleiben somit erhalten. Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen jedoch auch, dass das Vorhandensein eines zusätzlichen intramolekularen Kontakts, vorzugsweise in Form eines dominant besiedelten Konformers, ebenso wichtig ist, um die erwartete Affinitätsverbesserung zu erzielen. Im ungünstigsten Fall nimmt das modifizierte Gerüst in Lösung eine neue, stark bevorzugte Konformation an, und der Präorganisations-Effekt und damit die dadurch gewonnene Affinität für das Target geht verloren. Anhand dieser Ergebnisse lässt sich demonstrieren, dass die Thermodynamik der Präorganisation weitgehend von der Enthalpie und weniger von der Entropie dominiert wird. Darüber hinaus wird in dieser Arbeit eine wichtige Salzbrücke durch aktive Verringerung ihrer Oberflächenexposition abgeschirmt, was zu einem verbesserten enthalpischen Bindungsprofil führt. Abschnitt drei der vorliegenden Arbeit (Chapter 4) befasst sich mit den selektivitätsbestimmenden Merkmalen in den S1 Taschen des bereits beschriebenen Blutgerinnungsfaktor Thrombin und der für die Verdauung verantwortliche Serinprotease Trypsin. Das menschliche Trypsin ist ein proteolytisches Enzym, das vom Zwölffingerdarm produziert wird und dessen Aufgabe es ist, größere Eiweißverbindungen im Dünndarm in kleinere Bausteine zu zerlegen. Damit stellt es eines der wichtigsten Verdauungsenzyme dar. Im Rahmen dieser Studien wurde eine Reihe von Liganden auf ihre Selektivität bezüglich beider Peptidasen mittels Röntgen- und Neutronenkristallographie sowie ITC untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die lokale Geometrie der beiden S1 Taschen in hohem Maße konserviert ist. Allerdings spaltet Thrombin Peptidketten nur nach Arginin, während Trypsin nach Lysin und Arginin spaltet. Thrombin verfügt über eine Na+-Bindungsstelle in der Nähe von D189, die bei Trypsin nicht vorhanden ist. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass einfache sterische Merkmale den Selektivitätsunterschied nicht erklären können. Obwohl der E192Q-Austausch am Rand der S1 Tasche nur einen sehr geringen Einfluss auf die sterischen und dynamischen Eigenschaften der Ligandenbindung und der lokalen Geometrie beider Serinproteasen hat, ist die unter-schiedliche Aufteilung in Enthalpie- und Entropiebeiträge ein starker Hinweis auf einen gegebenen Unterschied. Die Analysen dieser Studie legen nahe, dass E192 zusammen mit dem Thrombin-spezifischen Na+-Ion dazu beiträgt, einen elektrostatischen Gradienten in der S1 Tasche zu erzeugen. Diese Eigenschaft ist in Trypsin definitiv nicht vorhanden und ist daher zusammen mit Unterschieden im Solvatationsmuster in der S1 Tasche für die Selektivität beider Enzyme von Bedeutung. Die Beobachtung der in diesem Zusammenhang induzierten Protonierungseffekte stellt den ersten Hinweis auf eine signifikante Ladungsabschwächung an der Carboxylatgruppe von D189 in Thrombin im Vergleich zu Trypsin dar. Aus den Studien geht hervor, dass diese Eigenschaft eines der wesentlichen selektivitätsbestimmenden Merkmale zwischen den beiden Proteasen ist und somit die anderen, auf den ersten Blick weniger offensichtlichen Selektivitätsunterscheidungsmerkmale, wie die Unterschiede im Solvatationsmuster und der Anordnung der Wassermoleküle in den beiden Enzymen, beeinflusst und steuert. Schlussendlich geht aus dieser Arbeit hervor, dass es nicht ohne weiteres möglich ist, die selektivitätsbestimmenden Merkmale in den S1 Taschen von Thrombin und Trypsin einem einzigen dominanten Faktor zuzuordnen. Der letzte Abschnitt dieser Arbeit (Chapter 5) stellt ein verkürztes Teilprojekt dar und beschäftigt sich mit acht Thrombininhibitoren, die sich im P1-Rest unterscheiden. Aus Zeitgründen wurden nur die mittels Röntgenkristallographie erhaltenen Kristallstrukturen zur Analyse des Bindungsverhaltens der Inhibitoren herangezogen. Ihre Analyse zeigt, dass ein P1-Thiophen sein Bindungsverhalten in der S1-Tasche von Thrombin ändert, sobald ein Halogensubstituent angefügt wird. Der vergleichsweise elektronenreiche Schwefel eines reinen Thiophen-Restes wendet sich den Inhibitoren eigenen Carbonylgruppen P2 und P3 zu. Im Gegensatz dazu kann der Schwefel eines P1-Thiophens, der aufgrund der Halogensubstituenten eher elektronen-arm ist, als H-Brückenakzeptor dienen und somit dem π-System von Y228 wasservermittelt interagieren. Ein Halogenatom in einem P1-Furan ist jedoch nicht in der Lage, ein solches Wasser zu rekrutieren. Aufgrund des flacheren Winkels des Sauerstoffs im Vergleich zum Schwefel und der daraus resultierenden Änderung der Geometrie ist der Abstand zwischen dem Halogen und dem Ring von Y228 für eine direkte Halogen-π-Wechselwirkung optimiert. Während ein Methoxysubstituent in der para-Position eines P1-6-Rings keine sonderlich starke Interaktion auszubilden scheint, ist derselbe Substituent in metha-Position ebenfalls in der Lage, direkt mit Y228 zu interagieren. Im Vergleich zu anderen P1-6-Ringen nimmt dieser Ring damit jedoch eine etwas andere Position ein. Eine Hydroxygruppe in ortho-Position bildet eine wasservermittelte Wechselwirkung mit dem π-System von Y228. Aufgrund von Zeitmangel und der späten Übernahme der Datenanalyse durch einen ehemaligen Doktoranden in diesem Kapitel waren zusätzliche thermodynamische und kinetische Messungen des Bindungsprozesses in der vorliegenden Arbeit nicht möglich. Daher können auf der Grundlage dieses Abschnitts keine endgültigen Schlussfolgerungen zur Affinität und Selektivität von Thrombin gezogen werden.