Verändertes Ordnungsverhalten bei Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom (IPS)
Patienten mit der neurodegenerativen Erkrankung Morbus Parkinson scheinen im Klinikalltag vermehrt unordentlich zu agieren, was zur Fragestellung führt, ob das klinisch evidente, veränderte Ordnungsverhalten bei Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom als nicht-motorisches Symptom dieser Erkr...
Saved in:
Main Author: | |
---|---|
Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2021
|
Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
Tags: |
Add Tag
No Tags, Be the first to tag this record!
|
Summary: | Patienten mit der neurodegenerativen Erkrankung Morbus Parkinson scheinen im Klinikalltag vermehrt unordentlich zu agieren, was zur Fragestellung führt, ob das klinisch evidente, veränderte Ordnungsverhalten bei Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom als nicht-motorisches Symptom dieser Erkrankung anzusehen ist.
Im Interesse des Forschungsgeschehens der Pilotstudie dieser Dissertation stand somit die Untersuchung eines veränderten Ordnungsverhaltens bei Patienten mit IPS unter besonderer Berücksichtigung unterschiedlicher Einflussfaktoren. In die Studie wurden insgesamt 60 Teilnehmer eingeschlossen. Davon wiesen 21 Probanden die Diagnose Morbus Parkinson auf. Dazu wurden 17 Angehörige jener Probanden eingeschlossen, sowie 22 Probanden in der Kontrollgruppe. Basis für die Evaluierung der Einflussfaktoren bildete eine ausführliche Untersuchung verschiedener neuropsychologischer Domänen (Depression, kognitive Leistungsfähigkeit, Apathie, Impulskontrollstörung, Lebensqualität, Persönlichkeit), sowie die Untersuchung exekutiver Funktionen. Des Weiteren wurde eine Auswertung der Selbst- und Fremdwahrnehmung eines Patienten mit IPS zur Beurteilung der Ordentlichkeit durchgeführt. Als Grundlage zur Ermittlung eines veränderten Ordnungsverhaltens diente dabei ein Rating von unterschiedlichen ordnungsbezogenen Faktoren eines benutzten Frühstückstabletts der Probanden.
Die Hauptergebnisse dieser Pilotstudie zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe eine signifikant reduzierte Ordentlichkeit in der Vergleichsgruppe auf. Dabei kristallisierte sich insbesondere ein dysexekutives Syndrom, sowie der Schweregrad der Erkrankung als Einflussfaktoren eines veränderten Ordnungsverhaltens heraus. Durch eine multiple Regressionsanalyse konnten insbesondere Defizite von Inhibitionsprozessen als Bestandteil der exekutiven Funktionen und ein erhöhtes Höhn & Yahr Stadium, sowie ein erhöhter UPDRS-Score als Prädiktoren eines veränderten Ordnungsverhaltens herausgestellt werden, wobei die Stärke des Tremors eines Patienten keinen Einfluss auf das Outcome der Testvariable hatte. Die Ergebnisse lassen die Vermutung nahelegen, dass das Phänomen eines veränderten Ordnungsverhaltens zu den exekutiven Funktionen gerechnet werden kann. Zusätzlich zeigte eine Einnahme von COMT-Hemmern und Dopaminagonisten einen positiven Einfluss auf das Ordnungsverhalten.
Eine Untersuchung des Persönlichkeitsfragebogens NEO-FFI mit dem Hauptaugenmerk auf die Subskala Gewissenhaftigkeit, welches sich mit der Kompetenz, Ordentlichkeit, der Selbstdisziplin und dem Pflichtbewusstsein einer Person beschäftigt (Körner et al., 2002), ergab einen signifikant verringerten Wert und damit einer reduzierten Gewissenhaftigkeit in der Vergleichsgruppe. Eine reduzierte Gewissenhaftigkeit ging des Weiteren mit einer depressiven Episode, sowie einer Einschränkung der Lebensqualität einher, was auch in vorliegenden Studien bestätigt werden konnte (Damholdt et al., 2014; Pontone et al., 2017).
Im weiteren Verlauf unterstrich eine Untersuchung der Fremd- und Selbstwahrnehmung von Patienten mit IPS die bestehenden Studien (Müller, 2013; Müller und Münte, 2008), dass ein dysexekutives Syndrom die Wahrnehmung eines Individuums beeinflusst. Außerdem konnte die Tendenz aufgezeigt werden, dass Angehörige der Parkinsonpatienten das Ordnungsverhalten vermehrt als unordentlich betrachteten, seit die Diagnose Morbus Parkinson gestellt worden ist. Hierbei gilt anzumerken, dass es nicht möglich war alle Angehörigen mit einzuschließen, was sich aufgrund einer verringerten Gruppengröße somit auf das Ergebnis auswirkte.
In folgenden Studien wäre es von Interesse zu sehen, ob auch andere Basalganglienerkrankungen ein verändertes Ordnungsverhalten aufzeigen. Dabei wäre auch eine PET-Studie denkbar, die insbesondere untersucht, welche Hirnareale bei einer aufräumenden Tätigkeit beteiligt sind. Besonderes Interesse läge dabei auf der Fragestellung, ob die gleichen Hirnareale wie bei den exekutiven Funktionen von Relevanz sind und ob das Phänomen eines veränderten Ordnungsverhaltens grundsätzlich zu den exekutiven Funktionen gerechnet werden kann. Dabei könnte die bisher nicht untersuchte Ätiologie eines veränderten Ordnungsverhaltens tiefergehend ermittelt werden. |
---|---|
Physical Description: | 103 Pages |
DOI: | 10.17192/z2022.0017 |