Die Entwicklung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Patienten und Patientinnen mit Morbus Parkinson und deren Einflussfaktoren – die DEMPARK/LANDSCAPE-Studie

Aufgrund einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft wird in Zukunft ein deutlicher Anstieg chronischer Erkrankungen im Gesundheitssystem beobachtet werden und eine adäquate Versorgungslage erfordern. Auch eine damit einhergehende Zunahme der neuro-logischen und neurodegenerativen Erkrankungen, wie...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Bahr, Dennis
Beteiligte: Dodel, Richard (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2021
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Aufgrund einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft wird in Zukunft ein deutlicher Anstieg chronischer Erkrankungen im Gesundheitssystem beobachtet werden und eine adäquate Versorgungslage erfordern. Auch eine damit einhergehende Zunahme der neuro-logischen und neurodegenerativen Erkrankungen, wie des Morbus Parkinsons, der aktuell zweithäufigsten Erkrankung des neurodegenerativen Formenkreises, erfordert eine gute Behandlung der Betroffenen, insbesondere auch im Hinblick auf einen immer mehr in den Fokus tretenden Bereich – der gesundheitsspezifischen Lebensqualität. Bei der hier vorliegenden Studie handelt es sich um eine multizentrisch angelegte prospektive Datenerhebung in neun auf Bewegungsstörungen spezialisierten Zentren in Deutschland, mit dem Ziel, den natürlichen Verlauf der kognitiven Funktion von Patienten und Patientinnen mit idiopathischem Parkinson-Syndrom zu charakterisieren und Faktoren zu identifizieren, die diese Entwicklung beeinflussen und bestimmen. Zudem sollte es mit dieser Studie gelingen, eine Lebensqualitätsuntersuchung einer großen Kohorte über einen möglichst langen Zeitraum anzufertigen. In der DEMPARK/LANDSCAPE-Studie wurden zum Zeitpunkt der Baseline 711 an einem idiopathischen Parkinson-Syndrom erkrankte Teilnehmer/Teilnehmerinnen rekrutiert und über einen Zeitraum von insgesamt 72 Monaten in jährlichen Visiten zu begleitet. Bei diesen Visiten erfolgte die Datenaufnahme in den jeweiligen Zentren mittels standardisierter Fragebögen. Anschließend wurden eine neuropsychologische, neurologische und körperli-che Untersuchung durchgeführt und zusätzlich der demographische Status erhoben. Zur Evaluation der Krankheitscharaketeristika und des psychischen Status dienten die Mini-Mental-Status-Examination, das Parkinson Neuropsychometric Dementia Assessment, die Geriatric Depression Scale und die Apathy Evaluation Scale sowie der Neuropsychiatric In-ventory Score. Um die Alltagsbeeinträchtigungen zu messen wurde die ADCS-MCI-ADL-Skala neben der Unified Parkinson Disease Rating Scale genutzt, zur Erhebung der allge-meinen krankheitsübergreifenden Lebensqualität die EuroQol-Instrumente EQ-5D-3L sowie EQ-VAS und zur Untersuchung der prakinsonspezifischen Lebensqualität der PDQ-39-Score. Von den 711 initial aufgenommenen Patienten/Patientinnen lag der Männeranteil bei 67,4% und der Anteil an Frauen bei 32,6%. Das Durchschnittsalter der Gesamtkohorte be-trug 67,8 Jahre, die durchschnittliche Krankheitsdauer lag bei 6,8 Jahren. Der Hauptteil der Teilnehmenden wurde in das Hoehn & Yahr Stadium 2 eingruppiert, gefolgt von Stadium 3. Nur vergleichsweise wenige Patienten/Patientinnen des Hoehn & Yahr Stadiums 4 und 5 konnten in die Studie eingeschlossen werden. Von 28,7% der in der DEMPARK/LANDSCAPE-Studie zur Baseline eingeschlossenen Per-sonen wurden depressive Symptome unterschiedlichen Schweregrades berichtet, wobei die Ausprägung der Depression, aber auch die eines möglichen Apathieverhaltens mit fort-schreitenden kognitiven Einschränkungen zunahm. Im Hinblick auf mögliche Alltagsbeein-trächtigungen wurden von der Gesamtkohorte insbesondere Probleme in der Motorik und insgesamt bei den Aktivitäten des täglichen Lebens angegeben. Auch Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, des Verhaltens und der Stimmung wurden geäußert. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung konnte eine deutlich verminderte Lebens-qualität der Parkinson-Kohorte sowohl zum Zeitpunkt der Baseline als auch zum Zeitpunkt des 36-Monats-Follow-ups im EQ-5D-3L und EQ-VAS über alle Altersgruppen hinweg dar-gestellt werden. Verglichen mit anderen chronischen Erkrankungen findet man bei den neu-rologischen Erkrankungen häufig niedrigere Lebensqualitäts-Scorewerte. So ist v. a. bei den kognitiven Einschränkungen (Demenz und Morbus Alzheimer) eine massiv reduzierte Le-bensqualität feststellbar. Auffallend ist der vergleichsweise relativ hohe EQ-5D-3L-Wert aus der DEMPARK/LANDSCAPE-Studie mit durchschnittlich 0,78 ± 0,23 bzw. 0,77 ± 0,25 (Deutschlandscore zur Baseline und zum 36-Monats-Follow-up), der im oberen Drittel ange-setzt werden kann. Verglichen mit den übrigen Publikationen zum Thema Morbus Parkinson ist jedoch eher eine Lebensqualität im Mittelfeld zu erwarten gewesen, allerdings nimmt in der hier vorliegenden Studie die jeweilige Lebensqualität mit fortschreitenden kognitiven Einschränkungen zunehmend ab, denn liegt der durchschnittliche Indexwert (Deutschland) in der Kohorte ohne kognitive Einschränkungen bei durchschnittlich 0,83 ± 0,19 zur Baseli-ne und 0,82 ± 0,19 zum 36-Monats-Follow-up, ist jener der Kohorte mit demenzieller Ent-wicklung zu Beginn der Studie bei 0,65 ± 0,19 und zum 36-Monats-Follow-up bei 0,57 ± 0,27 und damit im zeitlichen Verlauf tendenziell fallend. Ein ähnliches Bild spiegelt sich hin-sichtlich der EQ-VAS-Scores wider. Vor allem psychiatrische Symptome, und hier allen voran die depressiven Verstim-mungen, führen zu einer deutlichen Reduktion der Lebensqualität, was sowohl die univaria-ten als auch die multiplen Regressionsanalysen in dieser Arbeit belegen. Zudem findet man signifikante Einflüsse des Hoehn & Yahr Stadiums und des Geschlechtes auf die parkinson-spezifische Lebensqualität. Aber auch die Wirkung von Dyskinesien, Wirkfluktuationen und des Vegetativums auf gewisse Bereiche der parkinsonspezifischen Lebensqualität sind als wichtige Einflussfaktoren eruierbar. Insgesamt kann also gesagt werden, dass die Lebensqualität von Patien-ten/Patientinnen mit Morbus Parkinson im Vergleich zu jener der Allgemeinbevölkerung re-duziert ist, sich in dieser Studie allerdings im Vergleich zur Lebensqualität anderer chroni-scher Erkrankungen eher im oberen Drittel befindet. Eine Reihe von Einflussfaktoren spie-len eine signifikante Rolle auf die krankheitsspezifische Lebensqualität, was in der Behand-lung von betroffenen Menschen mit Morbus Parkinson beachtet werden sollte. Ein umfas-sendes multimodales Konzept ist vonnöten, um die unterschiedlichen Komponenten der Patienten/Patientinnen abzudecken und die komplexen Dimensionen der krankheitsspezifi-schen Lebensqualität zu erfassen und zu verbessern.
Umfang:167 Seiten
DOI:10.17192/z2022.0015