ADHS im Klassenzimmer: Definition und Untersuchung relevanter Erklärungsvariablen der Nutzungsintention möglicher Klassenmanagementstrategien zur Unterstützung von Schüler:innen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
Strelow, Anna Enrica
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), deren Kernsymptomatik Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität umfasst, betrifft statistisch gesehen ein bis zwei Schüler:innen jedes Klassenzimmers (bei 30 Schüler:innen pro Klasse). Da die Forschung zeigt, dass ADHS eine Störung ist, die häufig bis ins Erwachsenenalter persistiert und die zu vielen Problemen im schulischen Kontext führt, sind Lehrkräfte aller Jahrgangsstufen gefragt, mit den Symptomen der ADHS umzugehen. Klassenzimmermanagementstrategien (KMS) können die Symptomatik der ADHS deutlich reduzieren und somit zur Entlastung der Lehrkräfte und zu einer Chancengleichheit bei den betroffenen Schüler:innen führen. Jedoch werden effektive KMS häufig nicht eingesetzt oder sie werden ineffektiv verwendet. Daher fokussiert die vorliegende Dissertation Gründe, die hinter dieser Wissenschafts-Praxis-Lücke stecken und zeigt auf, welche Faktoren die Nutzung effektiver Strategien fördern könnten, welche Barrieren es gibt und was zu einer Nutzung ineffektiver Strategien führt.
Die erste Studie ist ein bibliometrisches Review, das der Frage nachging, ob die Wissenschafts-Praxis-Lücke auch dadurch verursacht wurde, dass die Forschungsbereiche der Psychologie/Psychiatrie und der Pädagogik/Erziehungswissenschaften relevante Forschungsergebnisse des jeweils anderen Bereichs nicht in den eigenen Diskurs aufnahmen. Dabei wurde die Methodik des Science Mappings verwendet. Es zeigte sich, dass die Kommunikation zwischen den beiden Bereichen gering ist, wobei in beiden Bereichen ähnliche Themen behandelt wurden. Der Bereich der Psychologie/Psychiatrie behandelte jedoch nicht die Sichtweise der Lehrkräfte. Faktoren, die die Nutzung effektiver Strategien erhöhen können und mögliche Barrieren, welche die Nutzung erschweren können, wurden in beiden Bereichen der Forschung nicht adressiert.
Die zweite Studie bezog sich auf die bisherige Forschung bzgl. Barrieren und Unterstützungsmöglichkeiten bei der Nutzung von KMS, die sich auf das Wissen von Lehrkräften zu ADHS fokussierte und weiterhin die Einstellungen von Lehrkräften erfasste. Die dafür bisher genutzten Methoden weisen jedoch Defizite bezüglich (bzgl.) theoretischer Fundierung und Inhaltsvalidität auf. Daher wurde der ADHS-Schul-Erwartungsfragebogen (ASE) auf Basis fundierter Theorien konzipiert und bzgl. der Faktorstruktur und der Reliabilität überprüft. Der ASE erfasst durch drei Subskalen neben ADHS-bezogenem Wissen auch die Einstellung gegenüber Schüler:innen mit ADHS. Die dritte Subskala erfasst die Einstellung gegenüber effektiven und ineffektiven KMS sowie die Intention zur Nutzung dieser. Die Gütekriterien sind zufriedenstellend. Die Ergebnisse weisen auf ein geringes Wissen und eine negative Einstellung gegenüber Schüler:innen mit ADHS und KMS bei Lehrkräften und Lehramtsstudierenden hin.
Die dritte Studie nutzte den ASE, um Lehramtsstudierende zu ihren Einstellungen und der intentionalen Nutzung von KMS zu befragen und Prädiktoren der Intention zu extrahieren. Dabei wurden direkte Erfahrungen, soziale Einflüsse und individuelle Unterschiede einbezogen. Der wichtigste Faktor für die Erklärung der Intention war die Einstellung gegenüber den KMS. Weiterhin leisteten individuelle Unterschiede, wie das Wissen und die psychopathologische Belastung einen Erklärungsbeitrag.
In der vierten Studie wurden die Ergebnisse der dritten Studie an praktizierenden Lehrkräften repliziert. Es zeigte sich auch bei Lehrkräften, dass der wichtigste Beitrag in der Erklärung der Nutzungsintention gegenüber KMS die Einstellung gegenüber diesen ist. Individuelle Unterschiede, wie das Wissen über ADHS und die psychopathologische Belastung waren ebenfalls relevant. Die Erweiterung des Modells um weitere direkte Erfahrungen und individuelle Unterschiede enthüllte, dass die Ausbildung der Lehrkräfte einen Einfluss auf die Nutzungsintention hatte sowie, dass es einen Geschlechterunterschied gab.
In der fünften Studie wurde die Einstellung von Lehramtsstudierenden, Lehrkräften und der Psychotherapeut:innen in Ausbildung in latente Profilklassen eingeteilt. Dabei zeigte sich, dass es drei verschiedene Einstellungsprofile gab, die eine entweder negative, moderate oder extreme Einstellung aufwiesen. Die Personen, die dem moderaten Einstellungsprofil zugeordnet wurden, wiesen eine eher distanzierte Haltung zu Schüler:innen mit ADHS auf und zeigten keine spezielle Nutzungsintention den Strategien gegenüber. Die Profilklasse mit dem extremen Einstellungsprofil zeigte die höchste Verhaltensintention gegenüber den effektiven Strategien.
Philipps-Universität Marburg
Psychology
opus:10073
https://doi.org/10.17192/z2021.0488
urn:nbn:de:hebis:04-z2021-04882
science-practice gap
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), deren Kernsymptomatik Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität umfasst, betrifft statistisch gesehen ein bis zwei Schüler:innen jedes Klassenzimmers (bei 30 Schüler:innen pro Klasse). Da die Forschung zeigt, dass ADHS eine Störung ist, die häufig bis ins Erwachsenenalter persistiert und die zu vielen Problemen im schulischen Kontext führt, sind Lehrkräfte aller Jahrgangsstufen gefragt, mit den Symptomen der ADHS umzugehen. Klassenzimmermanagementstrategien (KMS) können die Symptomatik der ADHS deutlich reduzieren und somit zur Entlastung der Lehrkräfte und zu einer Chancengleichheit bei den betroffenen Schüler:innen führen. Jedoch werden effektive KMS häufig nicht eingesetzt oder sie werden ineffektiv verwendet. Daher fokussiert die vorliegende Dissertation Gründe, die hinter dieser Wissenschafts-Praxis-Lücke stecken und zeigt auf, welche Faktoren die Nutzung effektiver Strategien fördern könnten, welche Barrieren es gibt und was zu einer Nutzung ineffektiver Strategien führt.
Die erste Studie ist ein bibliometrisches Review, das der Frage nachging, ob die Wissenschafts-Praxis-Lücke auch dadurch verursacht wurde, dass die Forschungsbereiche der Psychologie/Psychiatrie und der Pädagogik/Erziehungswissenschaften relevante Forschungsergebnisse des jeweils anderen Bereichs nicht in den eigenen Diskurs aufnahmen. Dabei wurde die Methodik des Science Mappings verwendet. Es zeigte sich, dass die Kommunikation zwischen den beiden Bereichen gering ist, wobei in beiden Bereichen ähnliche Themen behandelt wurden. Der Bereich der Psychologie/Psychiatrie behandelte jedoch nicht die Sichtweise der Lehrkräfte. Faktoren, die die Nutzung effektiver Strategien erhöhen können und mögliche Barrieren, welche die Nutzung erschweren können, wurden in beiden Bereichen der Forschung nicht adressiert.
Die zweite Studie bezog sich auf die bisherige Forschung bzgl. Barrieren und Unterstützungsmöglichkeiten bei der Nutzung von KMS, die sich auf das Wissen von Lehrkräften zu ADHS fokussierte und weiterhin die Einstellungen von Lehrkräften erfasste. Die dafür bisher genutzten Methoden weisen jedoch Defizite bezüglich (bzgl.) theoretischer Fundierung und Inhaltsvalidität auf. Daher wurde der ADHS-Schul-Erwartungsfragebogen (ASE) auf Basis fundierter Theorien konzipiert und bzgl. der Faktorstruktur und der Reliabilität überprüft. Der ASE erfasst durch drei Subskalen neben ADHS-bezogenem Wissen auch die Einstellung gegenüber Schüler:innen mit ADHS. Die dritte Subskala erfasst die Einstellung gegenüber effektiven und ineffektiven KMS sowie die Intention zur Nutzung dieser. Die Gütekriterien sind zufriedenstellend. Die Ergebnisse weisen auf ein geringes Wissen und eine negative Einstellung gegenüber Schüler:innen mit ADHS und KMS bei Lehrkräften und Lehramtsstudierenden hin.
Die dritte Studie nutzte den ASE, um Lehramtsstudierende zu ihren Einstellungen und der intentionalen Nutzung von KMS zu befragen und Prädiktoren der Intention zu extrahieren. Dabei wurden direkte Erfahrungen, soziale Einflüsse und individuelle Unterschiede einbezogen. Der wichtigste Faktor für die Erklärung der Intention war die Einstellung gegenüber den KMS. Weiterhin leisteten individuelle Unterschiede, wie das Wissen und die psychopathologische Belastung einen Erklärungsbeitrag.
In der vierten Studie wurden die Ergebnisse der dritten Studie an praktizierenden Lehrkräften repliziert. Es zeigte sich auch bei Lehrkräften, dass der wichtigste Beitrag in der Erklärung der Nutzungsintention gegenüber KMS die Einstellung gegenüber diesen ist. Individuelle Unterschiede, wie das Wissen über ADHS und die psychopathologische Belastung waren ebenfalls relevant. Die Erweiterung des Modells um weitere direkte Erfahrungen und individuelle Unterschiede enthüllte, dass die Ausbildung der Lehrkräfte einen Einfluss auf die Nutzungsintention hatte sowie, dass es einen Geschlechterunterschied gab.
In der fünften Studie wurde die Einstellung von Lehramtsstudierenden, Lehrkräften und der Psychotherapeut:innen in Ausbildung in latente Profilklassen eingeteilt. Dabei zeigte sich, dass es drei verschiedene Einstellungsprofile gab, die eine entweder negative, moderate oder extreme Einstellung aufwiesen. Die Personen, die dem moderaten Einstellungsprofil zugeordnet wurden, wiesen eine eher distanzierte Haltung zu Schüler:innen mit ADHS auf und zeigten keine spezielle Nutzungsintention den Strategien gegenüber. Die Profilklasse mit dem extremen Einstellungsprofil zeigte die höchste Verhaltensintention gegenüber den effektiven Strategien.
German
opus:10073
Psychology
Psychologie
https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2021/0488/cover.png
ADHS
Strategien
doctoralThesis
2021
teachers
ths
Prof. Dr.
Christiansen
Hanna
Christiansen, Hanna (Prof. Dr.)
https://doi.org/10.17192/z2021.0488
Klassenzimmer
192
application/pdf
Philipps-Universität Marburg
urn:nbn:de:hebis:04-z2021-04882
Wissenschafts-Praxis-Lücke
ADHD in the classroom: definition and investigation of relevant explanatory variables of the intention to use possible classroom management strategies to support students with attention deficit / hyperactivity disorder
Fachbereich Psychologie
2021-09-16
2021-09-16
monograph
ADHS im Klassenzimmer: Definition und Untersuchung relevanter Erklärungsvariablen der Nutzungsintention möglicher Klassenmanagementstrategien zur Unterstützung von Schüler:innen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
ADHD
Strelow, Anna Enrica
Strelow
Anna Enrica
Attention deficit/hyperactivity disorder (ADHD), which counts inattentiveness, hyperactivity and impulsiveness to its core symptoms, statistically affects one to two students per class of 30. As research shows that ADHD is a disorder that often persists into adulthood and that leads to many problems in the school context, teachers of all grades are asked to deal with the symptoms of ADHD. Classroom management strategies (CMS) can significantly reduce the symptoms of ADHD, thus relieve the burden on teachers, and provide equal opportunities for the students concerned. However, the effective CMS are often not applied or used ineffectively. This cumulus therefore focuses on reasons behind this gap between science and practice. On top, it provides information on the factors possibly promoting the use of effective strategies, the inherent promotional barriers and sources of ineffective strategy use.
The first study is a bibliometric review investigating the questions whether the research areas of psychology/psychiatry and educational sciences disregard relevant research findings of the other into their own discourse, possibly leading to a science-practitioner gap. Using science mapping, only little communication between the two areas could be revealed, with similar topics being treated in both areas. However, the field of psychology/psychiatry does not seem to consider teachers’ point of views. Factors that can increase the use of effective strategies and possible barriers were not analyzed in the current literature focusing on CMS.
The second study relates to previous research on barriers and supporting factors of using CMS. Research so far focused on ensuring teachers’ knowledge about ADHD and recorded teachers’ attitudes. The methods used so far, however, lacked theoretical foundation and content validity. Therefore, the ADHD School Expectation Questionnaire (ASE) was developed based on the theoretical foundation and checked for factor structure and reliability. With the help of three subscales, the ASE records teachers’ ADHD-related knowledge, attitudes towards students with ADHD and towards effective and ineffective CMS as well as the intention to use them. Criteria of quality are satisfactory, and the results indicate low knowledge and negative attitudes among in- and pre-service teachers.
The third study uses the ASE to survey pre-service teachers about their attitudes and intentional use of CMS. Factors influencing intention were extracted, including direct experiences, social influences and individual differences. Attitudes towards CMS marks the greatest factor in explaining intention, followed by individual differences, particularly knowledge and psychopathological stress.
The fourth study replicates the results of the third study with practicing teachers. Again, attitude towards CMS explains the greatest part of the intention to use them. Individual differences, such as knowledge of ADHD and psychopathological stress are also relevant. Enhancing the model to include more direct experience and individual differences reveals an influence of teachers’ education on the intended use of CMS and a gender difference.
In the fifth study, the attitudes of pre- and in-service teachers and psychotherapists in training are divided into latent profile classes, exposing three different attitude profiles with either negative, moderate or extreme attitudes. Participants in the moderate attitude profile class show a rather distant attitude towards students with ADHD and show no special use of the CMS. The class indicating the extreme attitudes did not show the best attitudes towards students with ADHD, but the best behavioral intention towards CMS.
strategies
2021-05-28
Lehrkräfte
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Psychologie
classroom management
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