Auswirkungen eines nicht-medikamentösen Gewichtsreduktionsprogramms bei Schlaganfallpatienten auf Post-Stroke Depression, Lebensqualität und Demenz

Schlaganfälle stellen, nicht nur aufgrund der primären Mortalität und Morbidität, sondern auch durch sekundäre Krankheitsfolgen wie Depression, reduzierte Lebensqualität und kognitive Defizite ein gesellschaftliches und gesundheitsökonomisches Problem dar. Die Pflegebedürftigkeit und Abhängigkeit na...

Full description

Saved in:
Bibliographic Details
Main Author: Schmitt, Nicolas
Contributors: Winter, Yaroslav (PD Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2021
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
Tags: Add Tag
No Tags, Be the first to tag this record!
Description
Summary:Schlaganfälle stellen, nicht nur aufgrund der primären Mortalität und Morbidität, sondern auch durch sekundäre Krankheitsfolgen wie Depression, reduzierte Lebensqualität und kognitive Defizite ein gesellschaftliches und gesundheitsökonomisches Problem dar. Die Pflegebedürftigkeit und Abhängigkeit nach Schlaganfällen ist oft hoch und die auftretenden Folgeerkrankungen können die Rückkehr in ein selbstständiges Sozial-, Familien- und Berufsleben behindern und mit einer erhöhten Mortalität einhergehen. Die existierenden Konzepte zur Sekundärprävention nach Schlaganfällen fokussieren sich vor allem auf die Verhinderung neuer zerebrovaskulärer Ereignisse. Ein Ansatz zur Prävention von Schlaganfällen ist eine Gewichtsreduktion bei übergewichtigen und adipösen Patienten, was jedoch noch nicht von allen Leitlinien empfohlen wird. Hier ist weitere Forschung notwendig, um die Evidenz zu verfestigen. Übergewicht und Adipositas sind ebenfalls Risikofaktoren für das Auftreten depressiver Symptomatik, reduzierter Lebensqualität und kognitiver Defizite. Es ergab sich die Fragestellung, ob eine nicht-medikamentös durchgeführte Gewichtsreduktion bei übergewichtigen und adipösen Schlaganfallpatienten nicht nur als Prävention für weitere Schlaganfälle funktionieren kann, sondern auch als Prävention für das Auftreten typischer Sekundärfolgen von Schlaganfällen wirksam sein kann. In dieser randomisierten, kontrollierten Studie an der Universitätsklinik Marburg nahmen 114 übergewichtige oder adipöse Schlaganfallpatienten entweder an einem Gewichtsreduktionsprogramm oder an einer einstündigen Ernährungsberatung teil. Wir untersuchten die Auswirkungen auf das Auftreten einer Post-Stroke Depression, reduzierter gesundheitsbezogener Lebensqualität und Post-Stroke Cognitive Impairment. Das Gewichtsreduktionsprogramm bestand aus einer Formuladiät mit deutlichem Kaloriendefizit, Physiotherapie und einer Ernährungsberatung zur Umstellung auf reguläre Ernährung und dauerte insgesamt 15 Wochen. Die Patienten erhielten eine Baseline-Untersuchung 6 Monate nach dem Schlaganfall und wurden danach randomisiert den Studiengruppen zugeteilt. Die Follow-up Untersuchungen fanden 12 und 18 Monate nach stattgehabtem Schlaganfall statt. Beide Studiengruppen waren zu Beginn sehr homogen, ohne wesentliche Unterschiede in den Testergebnissen. Die Studienintervention zeigte einen guten Erfolg hinsichtlich der Entwicklung des Body-Mass-Index der Teilnehmer. Der durchschnittliche Body-Mass-Index der Kontrollgruppe stieg im Studienverlauf deutlich an, während in der Therapiegruppe eine deutliche Gewichtsreduktion erzielt wurde. Die Body-Mass-Index-Werte beider Gruppen unterschieden sich zu den Follow-up Untersuchungen signifikant. Die Gewichtsabnahme zeigte deutliche Effekte auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Teilnehmer der Therapiegruppe. Hier kam es über alle Messinstrumente hinweg zu einem deutlichen Anstieg der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, während die Werte in der Kontrollgruppe über die Zeit deutlich abfielen. Die Messungen der depressiven Symptomatik ergaben Werte mit einem großem Fehlerbereich, so dass hier keine statistisch sicheren Aussagen getroffen werden konnten. Bezüglich der kognitiven Funktion konnten konstante Werte in der Therapiegruppe gezeigt werden, während in der Kontrollgruppe eine deutliche Abnahme mit statistisch signifikantem Unterschied auffiel. In der Zusammenschau der Ergebnisse kann mit statistischer Sicherheit ein direkter Einfluss der Gewichtsabnahme auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität festgestellt werden. Die Studienintervention zeigte sich effektiv darin ein Abfallen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität nach einem Schlaganfall zu verhindern und sogar zu einer Steigerung derselben zu führen. Dies hat eine hohe Relevanz, da eine reduzierte gesundheitsbezogene Lebensqualität nicht nur mit einem erhöhten Leidensdruck für die Patienten verbunden ist, sondern sogar mit einer erhöhten Mortalität einhergehen kann. Die Ergebnisse hinsichtlich der depressiven Symptomatik sind nicht von ausreichender Qualität, um eine klinische Relevanz ableiten zu können. Die Studienintervention zeigte sich ebenfalls mit statistischer Sicherheit effektiv, die Entstehung eines Post-Stroke Cognitive Impairment zu verhindern. Die Teilnehmer der Kontrollgruppe entwickelten durchschnittlich im Studienverlauf kognitive Einschränkungen vom Schweregrad eines Mild Cognitive Impairment, während die Teilnehmer der Therapiegruppe konstante, nicht pathologische Werte beibehielten. Zusammenfassend kann anhand dieser Studienergebnisse eine Empfehlung für die Durchführung einer Gewichtsreduktion bei übergewichtigen oder adipösen Schlaganfallpatienten ausgesprochen werden, um die gesundheitsbezogene Lebensqualität zu halten oder zu verbessern und um eine Entwicklung kognitiver Einschränkungen zu verhindern. Um diese Ergebnisse zu untermauern, sollten weitere Studien mit größeren Patientenkollektiven durchgeführt werden und auch Patienten mit schwereren Schlaganfällen eingeschlossen werden.
Physical Description:82 Pages
DOI:10.17192/z2021.0366