Natürlich vorkommende Autoantikörper – Charakterisierung, Klonierung und Testung rekombinanter Antikörper am Beispiel von Amyloid-β-reaktiven Autoantikörpern

Die weltweit häufigste neurodegenerative Erkrankung ist die Alzheimer-Erkrankung. Sie ist durch das Absterben von Neuronen gekennzeichnet mit der Folge einer chronisch fortschreitenden kognitiven Beeinträchtigung. Durch bisher ungeklärte Mechanismen werden in der Pathogenese vorrangig Amyloid-β (Aβ)...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Albus, Alexandra
Beteiligte: Dodel, Richard (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2021
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die weltweit häufigste neurodegenerative Erkrankung ist die Alzheimer-Erkrankung. Sie ist durch das Absterben von Neuronen gekennzeichnet mit der Folge einer chronisch fortschreitenden kognitiven Beeinträchtigung. Durch bisher ungeklärte Mechanismen werden in der Pathogenese vorrangig Amyloid-β (Aβ) Peptide prozessiert, welche sich fehlgefaltet zu neurotoxischen Oligomeren zusammenlagern, an Neuronen ablagern und somit destabilisieren. Bisher gibt es kein effektives Therapeutikum, welches die Pathogenese durch die Oligomerbildung verhindert. Die passive Immunisierung mittels Antikörpern stellt einen vielversprechenden Ansatz dar. Dabei wird Aβ durch Antikörper markiert und durch umliegende Makrophagen phagozytiert. Bisherige klinische Studien dazu blieben jedoch bisher ohne Erfolg. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf einen physiologischen Ansatz der passiven Immunisierung mittels natürlich vorkommender Autoantikörper (nAbs), welche u.a. fehlgefaltetes Aβ erkennen und Makrophagen zuführen (nAbs-Aβ). Dabei wurden sie bisher als Teil kommerzieller Intravenöser Immunglobulin-Präparate (IVIg) aufgereinigt. Da diese therapeutische Quelle jedoch in ihrer Verfügbarkeit limitiert ist, wurde in dieser Arbeit eine rekombinante Herstellung dieser Antikörper erprobt. Durch die Isolation einzelner Aβ-reaktiver B1-Lymphozyten aus gesunden Spendern konnten die Ig-Gene identifiziert werden, auf deren Grundlage drei rekombinante humane Antikörper im IgG Format, sowie einem in dem veränderten Einzelketten (scFv-Fc) Format, hergestellt wurden. Durch Bindungs- und funktionelle Analysen konnte dabei der B07 scFv-Fc Antikörper in allen Experimenten die positivsten Ergebnisse aufweisen und somit als der in dieser Arbeit vielversprechendste Antikörperkandidat für zukünftige passive Immunisierungsstudien identifiziert werden. Die Analyse des Antikörper Glykosylierungsmusters hat zudem eine mögliche Schwachstelle rekombinanter Antikörper allgemein aufgezeigt. Durch die spezifische Glykosylierung von verwendeten HEK-Zellen werden sowohl die Stabilität des Antikörpers als auch die Fc-Rezeptor-vermittelten Funktionen essenziell beeinträchtigt. Für weitere Immunisierungsversuche sollte demnach das Glykosylierungsmuster berücksichtigt und eventuell durch spezifisches „Glyco-engeneering“ optimiert werden. Die Aussagekraft der Arbeit wird jedoch durch den Einsatz von murinen Zellsystemen limitiert. So können die Beobachtungen teilweise nur bedingt gewertet werden, da die Ergebnisse durch die Speziesbarriere Maus-Mensch beeinflusst und zudem weitere immunologische Reaktionen hervorrufen werden könnten. Zusammenfassend konnten mithilfe aufgereinigter Blutspenden gesunder Probanden rekombinante Aβ-reaktive Antikörper generiert werden, wovon der B07 im multimeren scFv-Fc Format eine vergleichbare Effizienz zu nAbs-Aβ aufweist und somit für eine zukünftige passive Immunisierung eingesetzt werden könnte, um den Verlauf der Alzheimer Erkrankung zu verlangsamen bzw. frühzeitig zu unterbinden. Durch den frühestmöglichen Einsatz mit einem geeigneten Antikörper könnten Aβ Moleküle abgefangen und verstoffwechselt werden bevor sie sich ablagern und pathologisch wirken. Da sich der multimerisierte B07 Antikörper sowohl gegen monomeres als auch gegen oligomeres Aβ reaktiv gezeigt hat würden zudem verschiedene Aggregationsformen zur Phagozytose geleitet werden und so auch bereits zusammengelagerte Aβ Moleküle binden. Zudem zeigt der Antikörper auch eine höhere Avidität und dadurch eine effizientere Bereinigung von Aβ. Generell nachteilig an einer passiven Immunisierung zeigt sich die Halbwertszeit von Antikörpern, wodurch diese in regelmäßigen Abständen appliziert werden müssten, um fortgehend wirken zu können. Eine zusätzliche Veränderung des Glykosylierungsmusters kann die Stabilität steigern und die Antikörper länger verfügbar machen, wodurch die applizierte Konzentration vermutlich gesenkt werden kann und dadurch weniger Nebenwirkungen, wie Ödeme, auftreten. Jedoch ist bisher noch nicht geklärt, inwiefern die eingesetzten Antikörper hirngängig sind oder ob sie das freigesetzte Aβ peripher binden und dort der Verstoffwechslung zuführen. Durch die Kombination des multimerisierten Aβ-reaktiven Antikörpers B07 und den Veränderungen der Glykane könnte ein geeigneter Antikörper gegen die Entstehung der AD eingesetzt werden.
Umfang:74 Seiten
DOI:10.17192/z2021.0364