Risikofaktoren des postoperativen Delirs nach herzchirurgischen Operationen unter Anwendung der Herz-Lungen-Maschine

Beim Delir handelt es sich um eine postoperative Komplikation, die häufig nach herzchirurgischen Operationen auftritt. Dadurch verlängert sich die Behandlungszeit auf der Intensivstation und im Krankenhaus insgesamt. Die vorliegende Arbeit verfolgte das Ziel, die Wechselwirkungen zwischen einem Deli...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Talipov, Ildar
Beteiligte: Andrási-Wensauer, Terézia B. (PD PhD Dr.med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2021
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Beim Delir handelt es sich um eine postoperative Komplikation, die häufig nach herzchirurgischen Operationen auftritt. Dadurch verlängert sich die Behandlungszeit auf der Intensivstation und im Krankenhaus insgesamt. Die vorliegende Arbeit verfolgte das Ziel, die Wechselwirkungen zwischen einem Delir nach einer herzchirurgischen Operation und verschiedenen klinischen Faktoren (prä-, intra- und postoperativ) zu untersuchen, um jene Faktoren zu bestimmen, die den stärksten Effekt auf das Auftreten eines Delirs haben. Die Ergebnisse zeigen, dass ob es zu einem Delir kommt, hängt statistisch gesehen nicht davon ab, ob sich Patienten einer ACB- oder einer Klappen/Aorten-Operation unterzogen haben. Der Operationstyp wirkt sich nicht auf signifikante Weise auf das Auftreten eines Delirs aus. Das Delir tritt bei Patienten mit ACB- und Klappen-Operation nicht signifikant unterschiedlich auf. In der gesamten Patientenkohorte kam es in 31 % der Fälle (93 Patienten) postoperativ zum Delir. Der Anteil war in der ACB-Gruppe mit 28,7 % (43 Patienten) etwas niedriger als in der Klappen/Aorten-Gruppe mit 33,3 % (50 Patienten) (p = 0,384 bei t-Test und Kruskal-Wallis Test). Die logistische Regression ergab lediglich das Alter als präoperative Variable, die einen signifikanten Zusammenhang mit dem Auftreten des Delirs hat. Bei diesem Prädiktor nimmt die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Delir kommt, bei ACB-Patienten mit jedem Lebensjahr um 9,5 % zu, bei Klappen- und Aorten-Operationen um 6,8 % und bei der Gesamt-Patientengruppe um 7,9 %. Die übrigen präoperativen Variablen waren für das postoperative Auftreten eines Delirs nicht relevant. Das gilt für das präoperative Hämoglobinniveau und das CDT-Niveau ebenso wie für Nebenerkrankungen (z. B. arterielle Hypertonie, Diabetes, COPD). Unter den betrachteten intraoperativen Faktoren stellte lediglich die Dauer des extrakorporalen Kreislaufs einen Delir-Prädiktor sowohl für die Gesamt-Patientengruppe als auch für die Klappen/Aorten-Gruppe dar. Verlängert sich die HLM-Zeit um eine Minute, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es postoperativ zum Delir kommt, bei der Gesamt-Patientengruppe um 0,9 % und bei der Klappen/Aorten-Gruppe um 1,4 %. Bei der logistischen Regression erwiesen sich sämtliche anderen betrachteten intraoperativen Faktoren als für ein postoperatives Delir nicht signifikant. Die COX-Regression ergab dagegen, dass für die Gesamt-Patientengruppe der minimale paO2-Wert, der maximale paCO2-Wert sowie der minimale paCO2-Wert signifikante Delir-Prädiktoren sind. Bei ACB-Patienten erwiesen sich die Gesamtflüssigkeitsbilanz, die minimale Körpertemperatur und der maximale paCO2-Wert als relevante Delir-Prädiktoren. Für die Klappen- und Aorten-Gruppe wurden der minimale paO2-Wert und der minimale paCO2-Wert als relevant identifiziert. Hypoxie, Hypokapnie und Hyperkapnie im Zuge des HLM-Einsatzes sind dabei für das Entstehen eines Delirs von Bedeutung. Schlussfolgernd, um das Delir-Auftreten zu minimieren soll aufs Erhalten der Blut-Gasen-Niveaus in empfohlenen Rahmen geachtet werden. Unter den betrachteten postoperativen Variablen bildete die Anzahl der Blutprodukte (FFP), die während der HLM sowie anschließend in den ersten 48 Stunden auf der Intensivstation transfundiert werden, die Beatmungsdauer, sowie ein postoperatives Vorhofflimmern (lediglich in der Klappen/Aorten-Gruppe) signifikante Faktoren für das Auftreten eines Delirs. Verlängert sich die Beatmung um eine Stunde, steigt die Wahrscheinlichkeit für ein Delir bei der Gesamt-Patientengruppe um 1,2 % und bei ACB-Patienten um 6,2 %. Mit jeder transfundierten FFP-Einheit steigt die relative Wahrscheinlichkeit, dass es zum Delir kommt, für die Gesamt-Patientengruppe um 14,2 % und für die Klappen/Aorten-Gruppe um 14,8 %. Kommt es postoperativ zu Vorhofflimmern, nimmt die relative Wahrscheinlichkeit eines Delirs in der Klappen/Aorten-Gruppe um 357 % zu. Somit um das Delir-Auftreten zu minimieren sollten die beeinflussbare Risikofaktoren, die HLM-Zeit, die Beatmungsdauer, die Notwendigkeit der zahlreichen Blutprodukttransfusionen, das Auftreten des VHFs möglichst minimiert werden. Damit die identifizierten Prädiktoren im klinischen Alltag leichter berücksichtigt werden können, wurde ein Delir-Kalkulator entwickelt. Dieser erlaubt es, für jede Gruppe die relative Delir-Wahrscheinlichkeit anhand der individuellen Werte der Prädiktoren zu bestimmen. Wird der Delir-Kalkulator eingesetzt, bevor das ‚Weaning‘ initiiert wird, kann früher mit der Delir-Therapie begonnen werden, was die Vigilanz schneller verbessert, die Beatmungszeit vermindert und die postoperative Genesung erleichtert.
Umfang:86 Seiten
DOI:10.17192/z2021.0214