Antischistosomal-aktive Dithiocarbamat-Derivate unter besonderer Berücksichtigung von Nitrogruppen-Bioisosteren und der Schwefelsäurediamid-Teilstruktur - Synthese und in-vitro-Testung -
Die Schistosomiasis ist eine vernachlässigten Tropenerkrankungen und stellt nach Malaria eine der bedeutendsten parasitären Erkrankungen in Bezug auf Mortalität und Morbidität dar. Sie wird durch Saugwürmer der Gattung Schistosoma ausgelöst. Mehr als 700 Millionen Menschen in über 78 Ländern der Wel...
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Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2020
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Summary: | Die Schistosomiasis ist eine vernachlässigten Tropenerkrankungen und stellt nach Malaria eine der bedeutendsten parasitären Erkrankungen in Bezug auf Mortalität und Morbidität dar. Sie wird durch Saugwürmer der Gattung Schistosoma ausgelöst. Mehr als 700 Millionen Menschen in über 78 Ländern der Welt leben in Hochrisikogebieten, in denen der Parasit beheimatet ist und etwa 200.000 Menschen pro Jahr sterben an den Folgen einer Infektion. Mit Praziquantel und Oxamniquin, das jedoch nur eingeschränkt wirksam ist, stehen lediglich zwei Wirkstoffe zur Bekämpfung der Schistosomiasis zur Verfügung. Der intensive Einsatz dieser beiden nun schon seit Jahrzehnten auf dem Markt befindlichen Präparate führt jedoch zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Resistenzen. Insbesondere eine verminderte Sensibilität des Parasiten gegenüber Praziquantel wird immer häufiger beobachtet. Daher sind die Suche und gezielte Entwicklung neuartiger Wirkstoffe essenziell.
Im Arbeitskreis Grevelding wurde die schistosomale Aldehyd-Dehydrogenase als mögliches drug target identifiziert und erste Experimente mit dem humanen Aldehyd-Dehydrogenase-Inhibitor Disulfiram, einem Arzneistoff zur Therapie der Alkoholabhängigkeit, durchgeführt. Bei einer Konzentration von 100 µM zeigte Disulfiram eine gute antischistosomale Aktivität verbunden mit morphologischen Veränderungen wie Tegumentschäden. Gleichzeitig traten ab einer Konzentration von 25 µM jedoch auch zytotoxische Effekte auf, sodass Disulfiram als antischistosomaler Wirkstoff ungeeignet ist. Aus diesem Grund wurde in der Arbeitsgruppe Schlitzer (P. Mäder) eine strukturierte synthetische Modifikation des Disulfirams durchgeführt, die zur Substanzklasse der Dithiocarbamat-Derivate führte. Im Weiteren entstanden mehrere hundert Verbindungen. Dabei zeigte sich, dass die beste Wirksamkeit erzielt wurde, sofern das Stickstoffatom des Dithiocarbamats durch einen Sulfonylpiperazinyl-Rest (kleine Alkyl-Reste sowie ein Phenylrest) ersetzt wurde und das einfach gebundene Schwefelatom einen para-Nitrobenzyl-Rest trug.
In dieser Arbeit wurde nun zunächst die Weiterentwicklung der Sulfonylpiperazin-Derivate durch die Substitution des Phenylrestes mit elektronenziehenden und -schiebenden Gruppen, die zudem einen unterschiedlichen sterischen Anspruch besaßen vorangetrieben und Struktur-Aktivitäts-Beziehungen erarbeitet. Ebenso wurde der Phenylrest durch verschiedene Heteroaromaten oder annelierte Ringsysteme ersetzt. Weiterhin wurde an der Substitution des Alkylrestes mit kleinen polaren Gruppen und der Darstellung von Verbindungen mit Cycloalkylsubstituenten gearbeitet. Neben den Sulfonamid-Derivaten wurde auch die Synthese von unsymmetrisch substituierten Schwefelsäurediamiden verfolgt, da die Einführung eines weiteren Stickstoffatoms mit einer besseren Wasserlöslichkeit einhergehen sollte. Hierzu wurde zunächst eine Syntheseroute ausgehend von N,N'-Sulfurylbisimidazol etabliert, die sowohl zur Darstellung von tri- wie auch tertra-substituierten Derivaten genutzt wurde. Da in der vorhergehenden Arbeit auch in der Substanzklasse der Acylpiperazin-Derivate Verbindungen mit guter Wirksamkeit gefunden wurden, wurde als sekundäre Entwicklungslinie dieser Arbeit, die Substanzklasse der Piperazin-Harnstoff-Derivate auf ihre antischistosomale Wirkung untersucht. Darüber hinaus wurde ein Austausch der Heteroatome in der Dithiocarbamat-Grundstruktur vorgenommen, um die Notwendigkeit dieser zu überprüfen. Aufgrund der Tatsache, dass Nitro-Gruppen im Zuge der Biotransformation hochreaktive Intermediate bilden, die mit Biomolekülen wiederum nachteilig wechselwirken, galt es die Nitro-Gruppe am S-Benzylrest durch physiologisch besser verträgliche Reste abschließend ebenfalls zu ersetzten. Dies geschah unter anderem durch: (1) Monosubstitution mit elektronenziehenden Gruppen, (2) Multisubstitution zur Erzeugung eines des Nitrophenyl-Substituenten vergleichbaren Dipolmoments, (3) Substitution mit Gruppen ähnlicher Geometrie und Fähigkeit zur Ausbildung vergleichbarer Wechselwirkungen, (4) Substitution mit Gruppen mit identischer Molekülform und Volumen sowie ungefähr gleicher Verteilung der Elektronen, (5) Substitution mit π-elektronenarmen Heteroaromaten. Zusätzlich wurden die jeweils besten Optimierungen aller Molekülteile miteinander kombiniert, um zu überprüfen, ob bei Kombination der optimierten Strukturelemente ein additiver Zusammenhang in Bezug auf die antischistosomale Aktivität besteht. Insgesamt entstanden so etwa 280 neuartige Verbindungen, die zunächst in vitro gegen Schistosomenpaare der Art S. mansoni getestet wurden. Waren neunzig Verbindungen initial bei 10 µM aktiv, zeigten einundzwanzig Verbindungen immerhin noch eine Wirksamkeit bis zu einer Konzentration von 5 µM und davon wiederum zehn auch noch bei Konzentrationen < 5 µM. Die wirksamsten Verbindungen sind damit mit Praziquantel in vitro in etwa vergleichbar, zeigen aber andere Phänotypen. Ausgewählte Verbindungen wurden auch gegen das juvenile Stadium des Parasiten, andere Arten wie S. japonicum und weitere Helminthen (Fasciola hepatica oder Echinococcus multilocularis) getestet, um das Wirkungsspektrum der Substanzklasse der Dithiocarbamte in Gänze zu ermitteln und waren dabei in besonderem Maße aktiv. Es folgten weitergehende biologische Untersuchungen (Langzeittestungen, Auswaschungen der Inhibitoren und konfokalmikroskopische Untersuchungen der inneren Schistosomenmorphologie). Außerdem wurden Bindungsstudien der Dithiocarbamte unter Zuhilfenahme des molekularen Dockings an einem zuvor erstellten Homologiemodell der schistosomalen Aldehyd-Dehydrogenase und eine in-silico-gestützte Vorhersage von ADME-Tox-Parametern sowie ein erstes up-Scaling der Synthese vorgenommen. |
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Physical Description: | 482 Pages 220 Pages 402 Pages |
DOI: | 10.17192/z2021.0049 |