Transkriptionelle Regulation des Escherichia coli-Stoffwechsels und künstlicher Stoffwechselwege
Wang, Chun-Ying
Ein häufiges Problem bei Metabolic-Engineering-Projekten ist es, Enzymkonzentrationen zu finden, die die Produktivität und Effizienz von synthetischen Stoffwechselwegen verbessern. Dieses Problem ist besonders wichtig, wenn heterologe Enzyme überexprimiert werden, die Metaboliten aus dem Zentralstoffwechsel abführen. Der zusätzliche Bedarf an Metaboliten und Energie verursacht eine Wachstumsbelastung oder führt sogar zum Zelltod (Kapitel 1). Zur Lösung dieses Problems wurden mehrere Strategien angewandt, von denen zwei in dieser Arbeit behandelt werden: i) die entkoppelte Überproduktion mit zweiphasigen Prozessen und ii) die wachstumsgekoppelte Produktion mit einphasigen Prozessen. Ein zweiphasiger Prozess entkoppelt das Wachstum des Wirts von der Produktionsphase, während die einphasige Strategie die Produktion an das Wachstum des Wirts koppelt. In dieser Arbeit werden diese beiden Strategien anhand der Überproduktion von drei Chemikalien als Fallstudien untersucht: Glycerin, Carotinoide und Arginin. Um die zweiphasigen Prozesse zu testen, haben wir Gene der Glycerin-Biosynthese in das E. coli-Genom eingefügt und CRISPR-Interferenz (CRISPRi) zur Herunterregulierung der Expression der RNA-Polymerase verwendet. Wenn das CRISPRi-System bei einer relativ höheren Biomasse induziert wird, kann die Glycerinproduktion gesteigert werden. Dieses Ergebnis impliziert, dass zur Produktion von Glycerin ein bestimmtes Wachstum aufrechterhalten werden muss, anstatt alle Metabolite nur zur Überproduktion zu verwenden (Kapitel 2). Daher ist ein einphasiger Prozess für die Glycerin-Überproduktion vielversprechender.
Um das Konzept der einphasigen Prozesse zu nutzen und mit zusätzlicher Regulierung zu kombinieren, entwarfen wir in Kapitel 3 einen künstlichen Rückkopplungsmechanismus unter Verwendung des Transkriptionsfaktors (TF), Cra. Zu diesem Zweck wurde die Bindesequenz von Cra direkt nach der pBAD-Promotorsequenz eingefügt, welche verwendet wird um Glycerin-Gene zu exprimieren. Dieses Design ermöglichte die native Transkriptionsregulation durch Cra, um die Expression der Glycerol-Gene zu regulieren. Proteom- und Metabolomdaten zeigten, dass das Cra-Regulationssystem die Wachstumsbelastung überwinden kann, indem es die Enzymexpression verlangsamt und dadurch die vollständige Nutzung von Metaboliten verhindert. Diese verzögerte Zeit ermöglichte eine adaptive Reaktion und eine allmähliche Steigerung der Produktsynthese (d.h. Glycerin und Carotinoide). Das beobachtete adaptive Verhalten führt zu einer Erhöhung der Expression von Glukose-Transportern und glykolytischen Enzymen, wodurch die Fitness und Produktivität des Wirts in den Glycerin- und Carotinoid-Überproduktionspfaden verbessert wird. Die Cra-Regulierung wurde bei mehreren Arten von Promotoren, einschließlich pBAD-Promotor, pTetR und konstitutiven Promotoren (Kapitel 4), durchgeführt, was zeigt, dass diese Regulierung eine universelle dynamische Kontrolle ermöglicht.
In Kapitel 5 haben wir GFP genomisch in die intergenische SS9-Region integriert und es als Reportersystem zur Messung von Belastung und Fitnessdefekten verwendet. In diesem System nimmt das GFP-Signal ab, wenn Überproduktionspfade zu viele zelluläre Ressourcen verwenden, weshalb der GFP-Gehalt pro Zelle die zelluläre Fitness widerspiegelt. Darüber hinaus war es empfindlich genug, um die metabolische Belastung auch bei Fehlen eines Wachstumsphänotyps zu erkennen.
In Kapitel 6 kombinieren wir den Arginin-Syntheseweg mit dem CRISPRi-System, um den TF des Stoffwechselwegs, ArgR, herunter zu regulieren. Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine ähnliche Produktivität wie bei einem überproduzierenden ArgR-Deletions-Stamm, aber mit einer weiter verbesserten Wachstumsrate erreicht werden kann. Das Ergebnis zeigt erneut, dass das durch TF-Feedback regulierte System in der Lage ist, die Enzymmenge für eine ausgewogene Ressourcennutzung zu verändern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Einbeziehung der TF-basierten Regulation in jeden entworfenen Kreislauf den Wirtsstoffwechsel und die Produktion mehrerer hochwertiger Chemikalien ausbalancieren kann, ohne das Wirtswachstum zu verzögern. Dies ist ein Vorteil im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren, das ein komplexes Enzymscreening umfasst, um optimierte Enzymmengen zu erhalten. In dieser Arbeit wird daher eine neue dynamisch gesteuerte Rückkopplungsschleifenstrategie vorgestellt. Mit ihrer Fähigkeit, ein Gleichgewicht zwischen Wirtsstoffwechsel und Produktbildung aufrechtzuerhalten, ohne die Wirtszellen zu belasten, kann diese Strategie nicht nur als wettbewerbsfähige und einfache Lösung zur Verbesserung der Produktivität eines Bakterienstammes dienen, sondern kann auch in großtechnischen Anwendungen weiter ausgebaut werden.
Philipps-Universität Marburg
Life sciences
urn:nbn:de:hebis:04-z2020-04850
https://doi.org/10.17192/z2020.0485
opus:9377
Transkriptionelle Regulierung Dynamische Steuerung Stoffwechselwege Biotechnologie Synthetische Biologie Stoffwechsel Mikrobiologie Kontrolle
Fachbereich Biologie
2020
urn:nbn:de:hebis:04-z2020-04850
Life sciences
Biowissenschaften, Biologie
doctoralThesis
A common problem in metabolic engineering projects is to find enzyme levels that enhance productivity and efficiency of synthetic metabolic pathways. This problem is especially important when overexpressing heterologous enzymes that drain metabolites from central metabolism. The additional requirement for precursors and energy causes a growth burden or even leads to cell death (chapter 1). Several strategies have been employed to solve this problem and two out of them are addressed in this thesis: i) decoupled overproduction with a two-phase process and ii) growth coupled production with a one-phase process. A two-phase process decouples growth of the host from the production phase, while the one-phase strategy couples production to growth of the host. In this thesis, these two strategies are investigated using overproduction of three chemicals as case studies: glycerol, carotenoids and arginine. To test the two-phase processes, we inserted glycerol genes into the E. coli genome and used CRISPR interference (CRISPRi) to down-regulate the expression of RNA polymerase (chapter 2). When the CRISPRi system is induced at a relatively high biomass, the glycerol production can be enhanced. This result implies that producing glycerol requires to maintain certain growth instead of draining all metabolites only for overproduction. Therefore, a one-phase process is more feasible for glycerol overproduction.
In chapter 3, to use the concept of one-phase processes and combine it with an additional layer of regulation, we designed an artificial feedback circuit using a transcription factor (TF), Cra. To this end, the consensus binding sequence of Cra was inserted directly after the pBAD promoter sequence expressing glycerol genes. This design allowed native transcriptional regulation by Cra to regulate the expression of overproduction pathways. Proteomic and metabolomic data revealed that the Cra-regulation system can overcome growth burden by slowing down enzyme expression and thereby avoid the complete utilization of pathway precursors even before they are replenished. This delayed time enabled an adaptive metabolic response, a gradual increment of product synthesis (i.e. glycerol and carotenoids). The observed adaptive behavior leads to an increase in the expression of glucose transporters and glycolytic enzymes thereby improving host fitness and productivity in glycerol and carotenoid overproduction pathways. Cra-regulation was engineered in multiple types of promoters including pBAD promoter, pTetR and constitutive promoters (chapter 4) which shows that this regulation enables universal dynamical control.
In chapter 5, we genomically integrated GFP into SS9 intergenic region and used it as a reporter system to measure burden and fitness defects. In this system, the GFP signal decreases when overproduction pathways drain too many cellular resources and thereby the GFP content per cell reflects cellular fitness. Furthermore, it was sensitive enough to detect the metabolic burden even in the absence of a growth phenotype.
In chapter 6, we engineered the arginine pathway with the CRISPRi system to down-regulate the TF of the pathway, ArgR. Our results show that productivity similar to an argR removed overproducing strain can be achieved with a further enhanced growth rate. The result again indicates that the TF-feedback regulated system is capable of altering enzyme expressions for balanced resource utilization.
In conclusion, incorporating TF-based regulation in any designed circuit, can balance host metabolism and the production of several high-value chemicals without retarding the host growth. This is an advantage in comparison to the conventional process that involves complex enzyme screening to obtain optimized enzyme levels. This thesis therefore introduces a new dynamically controlled feedback loop strategy. With its ability to maintain a balance between host metabolism and product formation without causing host cellular burden, this strategy not only can serve as a competitive and facile solution to improve the productivity of a bacterial strain but also can be further expanded in large-scale applications.
Biologie
monograph
Philipps-Universität Marburg
https://doi.org/10.17192/z2020.0485
ths
Dr.
Link
Hannes
Link, Hannes (Dr.)
Transcriptional regulation Dynamic control Metabolic pathways Biotechnology Synthetic Biology Metabolism Microbiology Metabolic engineering H
Ein häufiges Problem bei Metabolic-Engineering-Projekten ist es, Enzymkonzentrationen zu finden, die die Produktivität und Effizienz von synthetischen Stoffwechselwegen verbessern. Dieses Problem ist besonders wichtig, wenn heterologe Enzyme überexprimiert werden, die Metaboliten aus dem Zentralstoffwechsel abführen. Der zusätzliche Bedarf an Metaboliten und Energie verursacht eine Wachstumsbelastung oder führt sogar zum Zelltod (Kapitel 1). Zur Lösung dieses Problems wurden mehrere Strategien angewandt, von denen zwei in dieser Arbeit behandelt werden: i) die entkoppelte Überproduktion mit zweiphasigen Prozessen und ii) die wachstumsgekoppelte Produktion mit einphasigen Prozessen. Ein zweiphasiger Prozess entkoppelt das Wachstum des Wirts von der Produktionsphase, während die einphasige Strategie die Produktion an das Wachstum des Wirts koppelt. In dieser Arbeit werden diese beiden Strategien anhand der Überproduktion von drei Chemikalien als Fallstudien untersucht: Glycerin, Carotinoide und Arginin. Um die zweiphasigen Prozesse zu testen, haben wir Gene der Glycerin-Biosynthese in das E. coli-Genom eingefügt und CRISPR-Interferenz (CRISPRi) zur Herunterregulierung der Expression der RNA-Polymerase verwendet. Wenn das CRISPRi-System bei einer relativ höheren Biomasse induziert wird, kann die Glycerinproduktion gesteigert werden. Dieses Ergebnis impliziert, dass zur Produktion von Glycerin ein bestimmtes Wachstum aufrechterhalten werden muss, anstatt alle Metabolite nur zur Überproduktion zu verwenden (Kapitel 2). Daher ist ein einphasiger Prozess für die Glycerin-Überproduktion vielversprechender.
Um das Konzept der einphasigen Prozesse zu nutzen und mit zusätzlicher Regulierung zu kombinieren, entwarfen wir in Kapitel 3 einen künstlichen Rückkopplungsmechanismus unter Verwendung des Transkriptionsfaktors (TF), Cra. Zu diesem Zweck wurde die Bindesequenz von Cra direkt nach der pBAD-Promotorsequenz eingefügt, welche verwendet wird um Glycerin-Gene zu exprimieren. Dieses Design ermöglichte die native Transkriptionsregulation durch Cra, um die Expression der Glycerol-Gene zu regulieren. Proteom- und Metabolomdaten zeigten, dass das Cra-Regulationssystem die Wachstumsbelastung überwinden kann, indem es die Enzymexpression verlangsamt und dadurch die vollständige Nutzung von Metaboliten verhindert. Diese verzögerte Zeit ermöglichte eine adaptive Reaktion und eine allmähliche Steigerung der Produktsynthese (d.h. Glycerin und Carotinoide). Das beobachtete adaptive Verhalten führt zu einer Erhöhung der Expression von Glukose-Transportern und glykolytischen Enzymen, wodurch die Fitness und Produktivität des Wirts in den Glycerin- und Carotinoid-Überproduktionspfaden verbessert wird. Die Cra-Regulierung wurde bei mehreren Arten von Promotoren, einschließlich pBAD-Promotor, pTetR und konstitutiven Promotoren (Kapitel 4), durchgeführt, was zeigt, dass diese Regulierung eine universelle dynamische Kontrolle ermöglicht.
In Kapitel 5 haben wir GFP genomisch in die intergenische SS9-Region integriert und es als Reportersystem zur Messung von Belastung und Fitnessdefekten verwendet. In diesem System nimmt das GFP-Signal ab, wenn Überproduktionspfade zu viele zelluläre Ressourcen verwenden, weshalb der GFP-Gehalt pro Zelle die zelluläre Fitness widerspiegelt. Darüber hinaus war es empfindlich genug, um die metabolische Belastung auch bei Fehlen eines Wachstumsphänotyps zu erkennen.
In Kapitel 6 kombinieren wir den Arginin-Syntheseweg mit dem CRISPRi-System, um den TF des Stoffwechselwegs, ArgR, herunter zu regulieren. Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine ähnliche Produktivität wie bei einem überproduzierenden ArgR-Deletions-Stamm, aber mit einer weiter verbesserten Wachstumsrate erreicht werden kann. Das Ergebnis zeigt erneut, dass das durch TF-Feedback regulierte System in der Lage ist, die Enzymmenge für eine ausgewogene Ressourcennutzung zu verändern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Einbeziehung der TF-basierten Regulation in jeden entworfenen Kreislauf den Wirtsstoffwechsel und die Produktion mehrerer hochwertiger Chemikalien ausbalancieren kann, ohne das Wirtswachstum zu verzögern. Dies ist ein Vorteil im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren, das ein komplexes Enzymscreening umfasst, um optimierte Enzymmengen zu erhalten. In dieser Arbeit wird daher eine neue dynamisch gesteuerte Rückkopplungsschleifenstrategie vorgestellt. Mit ihrer Fähigkeit, ein Gleichgewicht zwischen Wirtsstoffwechsel und Produktbildung aufrechtzuerhalten, ohne die Wirtszellen zu belasten, kann diese Strategie nicht nur als wettbewerbsfähige und einfache Lösung zur Verbesserung der Produktivität eines Bakterienstammes dienen, sondern kann auch in großtechnischen Anwendungen weiter ausgebaut werden.
2021-12-02
Publikationsserver der Universitätsbibliothek Marburg
Universitätsbibliothek Marburg
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Transkriptionelle Regulation des Escherichia coli-Stoffwechsels und künstlicher Stoffwechselwege
opus:9377
2020-09-03
2021-12-02
German
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Wang, Chun-Ying
Wang
Chun-Ying
Transcriptional regulation of Escherichia coli metabolism and engineered metabolic pathways
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