Bedeutung der Einflussfaktoren Schmerz und Medikation in Bezug auf die Länge der Hospitalisationsphase und der perioperativen Rekonvaleszenz nach proximalen Femurfrakturen
Die proximale Femurfraktur ist eine typische Verletzung des alten Menschen mit weltweit steigender Inzidenz aufgrund des demografischen Wandels. Neben der ökonomischen Herausforderung für die Gesellschaft stellt das Trauma für die meist multimorbiden Patienten häufig eine schwere Belastung dar. Inzw...
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Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2020
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Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Die proximale Femurfraktur ist eine typische Verletzung des alten Menschen mit weltweit steigender Inzidenz aufgrund des demografischen Wandels. Neben der ökonomischen Herausforderung für die Gesellschaft stellt das Trauma für die meist multimorbiden Patienten häufig eine schwere Belastung dar. Inzwischen wurde wissenschaftlich belegt, dass eine lange akutstationäre Verweildauer mit einem erhöhten Risiko für postoperative Komplikationen und Mortalität assoziiert ist, allerdings wurde bisher noch kein optimaler Entlasszeitpunkt bestimmt. Mit der Absicht Patienten so früh wie möglich zu entlassen, müssen die Einflussfaktoren einer verlängerten Hospitalisation eruiert werden. Sowohl große perioperative Schmerzen als auch die Polypharmazie stehen in Verbindung mit einer erhöhten Komplikationsrate. Ziel dieser Studie war es den Einfluss der Faktoren Schmerz und Medikation auf die Verweildauerlänge zu untersuchen.
In der prospektiven Beobachtungsstudie wurden im Universitätsklinikum Marburg von November 2013 bis November 2014 alle Patienten mit operativ versorgter proximaler Femurfraktur über die gesamte Liegedauer evaluiert. Erhoben wurden unter anderen der BMI, die ASA-Klasse und der MMST. Der tatsächliche Entlasszeitpunkt wurde einem hypothetischen, frühestmöglichen Entlasszeitpunkt gegenübergestellt und deren Differenz ermittelt. Die Schmerzerhebung erfolgte täglich durch eine numerisch-kombinierte Schmerzskala. Es wurde die Medikationshöhe bei Aufnahme und Entlassung sowie deren Differenz ermittelt. Zudem wurden die Medikamente in sechs Gruppen eingeteilt und numerisch aufgeführt. Eine Polypharmazie wurde mit der Einnahme von >5 Medikamenten definiert.
Das durchschnittlich 81,9 (±7,6) Jahre alte Patientenkollektiv von 135 eingeschlossenen Studienteilnehmern war zu 73% weiblichen Geschlechts. Der tatsächliche Entlasszeitpunkt lag bei 14,4 (±5,1) Tagen, während der fiktive, frühestmögliche Entlasszeitpunkt nach 10,7 (±5,1) Tagen erreicht wurde. Ein hochsignifikanter Unterschied (p<0,01) mit einer Differenz der beiden Zeitpunkte von 3,7 (±3,7) wurde bestätigt. Die SxA betrugen 3,0 (±3,2), während die SxER mit 1,8 (±2,5) am niedrigsten und die SxEB mit 3,5 (±2,6) am höchsten lagen. Die MedA betrug 6,7 (±4,2); die MedE 9,7 (±3,0). Perioperativ kam es bei 82,1% zu einer Medikamentenerhöhung, einer Polypharmazie von 47,4% und einer exzessiven Polypharmazie von 50,4%. Bis auf eine Ausnahme nahmen alle Patienten kardiovaskuläre, metabolisch/hormonelle und Neuropharmaka ein. Eine Korrelation zu der Verweildauerlänge zeigte sich weder bei den perioperativen Schmerzen noch bei der Medikation.
Das untersuchte Gesamtkollektiv passt anhand der erhobenen Alters- und Geschlechtsstrukturen sowie der Multimorbidität gut in das typische Profil der Patienten mit proximaler Femurfraktur. Die hohe Diskrepanz der Entlasszeitpunkte weist auf die Notwendigkeit einer Anpassung des Entlassmanagements hin. Angesichts der unterschiedlichen Genesungsverläufe von Patienten kann jedoch kein allgemeiner, konkreter Entlasszeitpunkt festgelegt werden. Insgesamt fielen die SxA und die SxEB zwar geringer aus als in vergleichbaren Studien, allerdings lässt sich nicht erschließen, ob dies aus einer besseren Analgesie oder anderen Faktoren resultiert. Das höchste Schmerzlevel fand sich bei SxEB, weshalb besonders während der postoperativen Mobilisation auf eine adäquate Analgesie geachtet werden sollte. Die MedA und MedE entsprachen zusammenfassend zwar weitestgehend vergleichbaren Studien, jedoch kam es zu einer perioperativen Medikamentenerhöhung, einem vermehrten Gebrauch von UAW- und AMI-auslösenden Substanzklassen sowie einer beinahe einheitlichen Polypharmazie. Damit stellte das untersuchte Kollektiv eine Hochrisikogruppe dar. Der fehlende Zusammenhang der Verweildauerlänge zu den perioperativen Schmerzen und der Pharmakotherapie dieser Studie im Vergleich zu anderen, erfordert weitere Studien mit großer Stichprobengröße und einem Design, welches es ermöglicht die Kausalität weiterhin zu untersuchen.
Ziel zukünftiger Forschungen sollte es sein, qualitative Entlasskriterien oder ein Assessment zu entwickeln, anhand derer ein patientenindividueller optimaler Entlasszeitpunkt ermittelt werden kann. Die Identifikation weiterer Einflussfaktoren könnte bei der Entwicklung des optimierten Entlassmanagements helfen. Eine Optimierung könnte so langfristig das Patientenoutcome verbessern sowie die ökonomisch-logistische Belastung dieses Traumas verringern. |
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Physical Description: | 118 Pages |
DOI: | 10.17192/z2020.0453 |