Dopaminerge Stammzellen im rostralen Migrationsstrom der Maus
Ursache des idiopathischen Parkinson-Syndroms (IPS) ist ein fortschreitender Verlust dopaminerger Neurone der Substantia nigra pars compacta (SNpc), welcher im Gehirn betroffener Patienten zu einem Dopaminmangel führt. Heutige Therapieoptionen sind rein symptomatisch und zumeist auf den medikam...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2020
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Ursache des idiopathischen Parkinson-Syndroms (IPS) ist ein fortschreitender
Verlust dopaminerger Neurone der Substantia nigra pars compacta (SNpc),
welcher im Gehirn betroffener Patienten zu einem Dopaminmangel führt.
Heutige Therapieoptionen sind rein symptomatisch und zumeist auf den
medikamentösen Ersatz des Neurotransmitters Dopamin (DA) beschränkt. Da
die medikamentöse Therapie mit zahlreichen Nebenwirkungen assoziiert ist und
ihre Wirksamkeit mit der Zeit nachlässt, wird seit Jahren nach alternativen
Therapieoptionen gesucht. Unter anderem stellt die Implantation von
körpereigenen oder körperfremden dopaminergen Stammzellen einen
möglichen kurativen und somit interessanten Therapieansatz dar.
Im Gehirn adulter Säugetiere bleiben nur zwei Hirnregionen lebenslang zur
Neubildung von Neuronen (Neurogenese) fähig. Dies ist neben der
Subgranulärzone (SGZ) des Gyrus dentatus des Hippocampus die
Subventrikulärzone (SVZ) der Seitenventrikel des Telencephalons. Die in der
SVZ neugebildeten Neurone gehen aus neuralen Stammzellen (NSCs) hervor
und wandern entlang des rostralen Migrationsstroms (RMS) in den
olfaktorischen Bulbus (BO) ein. Im BO kommt es zur Ausdifferenzierung und
Integration der jungen Neurone entweder in die granuläre Zellschicht (GCL)
oder periglomeruläre Zellschicht (PGL), wobei circa 40% der neu
eingewanderten Neurone der PGL einen dopaminergen Phänotyp annehmen.
Ziel der vorliegenden Arbeit war die Identifikation dopaminerger Stammzellen
im SVZ-RMS-BO-System, da diese in zukünftigen klinischen Studien zu
Transplantationszwecken eingesetzt werden könnten. Zur Klärung dieser
Fragestellung diente ein Mausmodell bestehend aus 11 Tieren, bei dem der
RMS der Versuchsgruppe mittels einer physikalischen Barriere (PB)
mechanisch unterbrochen wurde. Teilungsaktive Vorläuferzellen konnten mit
Hilfe einer kontinuierlichen einwöchigen Infusion des Zytostatikums AraC
(Cytarabin) aus der SVZ und dem RMS eliminiert werden. Anschließend
wurden die durch Regeneration des Systems neugebildete Nervenzellen durch
Applikation des Thymidin-Analogons BrdU (Bromodeoxyuridin) markiert. Die
Versuchstiere wurden 55 (n=4) beziehungsweise 105 Tage (n=4) nach
Beendigung der AraC-Infusion geopfert. Die mitgeführten, nichtbehandelten
Tiere der Kontrollgruppe (n=3) erhielten nur BrdU-Applikationen und wurden
ebenfalls an Tag 105 geopfert. Post mortem erfolgte die Gehirnentnahme und
Gewebeaufarbeitung. Mit Hilfe einer immunhistochemischen BrdU-Färbung
konnten die neugebildeten Neurone nachgewiesen werden. Die
Funktionstüchtigkeit der PB als Grundlage des Versuchsaufbaus konnte
anhand der Untersuchung der SVZ bestätigt werden. Es zeigte sich
erwartungsgemäß, dass nach Ablation der Neuroblasten die Neurogenese in
der SVZ wieder aufgenommen wurde. Ebenso ließ sich ein vermehrter
Rückstau an neugebildeten Neuronen auf der unterbrochenen Seite in die SVZ
feststellen, wodurch die gewünschte Funktion der PB gezeigt werden konnte.
Anhand der immunhistochemischen Untersuchungen der GCL und PGL des BO
ließ sich eine signifikante Reduktion von neugebildeten Neuronen auf der
unterbrochenen Seite in der GCL, nicht jedoch in der PGL, feststellen. Damit
konnte gezeigt werden, dass diejenigen NSCs, welche Interneurone der GCL
hervorbringen, in der SVZ liegen, während NSCs, welche Interneurone
(inklusive dopaminerger Interneurone) für die PGL produzieren, im RMS rostral
der PB lokalisiert sein müssen. Mit Hilfe einer BrdU/NeuN-Doppelfärbung der
PGL konnte sichergestellt werden, dass es sich bei den neugebildeten Zellen
tatsächlich um Neurone und nicht etwa um reaktive Gliazellen handelte.
Anhand zusätzlicher Färbungen, speziell der dopaminergen Zellen in der PGL,
ließ sich eine gleichbleibende Anzahl an dopaminergen Neuronen bestätigen. In
der vorliegenden Arbeit konnte somit erstmals mit Hilfe einer mechanischen
Unterbrechung des RMS in einem Mausmodell die Lokalisation dopaminerger
Stammzellen im RMS nachgewiesen werden. Die Ergebnisse stimmen mit
denjenigen von verschiedenen Arbeitsgruppen überein und stützen die
Hypothese, dass es sich beim SVZ-RMS-BO-System um eine komplexe
proliferative Zone handelt. Es wird deutlich, dass NSCs eine inhomogene
Zellpopulation darstellen und somit abhängig von ihrer Regionalisierung
unterschiedliche Typen von Neuronen hervorbringen. Therapeutisch stellt die
Stammzelltherapie des zentralen Nervensystems (ZNS) einen neuen Ansatz
zur Behandlung des IPS sowie anderer neurodegenerativer Erkrankungen dar.
Da bisherige Quellen von dopaminergen NSCs unterschiedliche klinische und
ethische Einschränkungen aufweisen, stellt die Gewinnung dieser Zellen aus
dem RMS einen vielversprechenden neuen Therapieansatz dar, der in Zukunft
sowohl am Nagetier als auch am Menschen genauer untersucht werden sollte. |
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Physical Description: | 140 Pages |
DOI: | 10.17192/z2020.0391 |