Anodale transkranielle Gleichstromstimulation des linken dorsolateralen Präfrontalkortex bei Patienten mit leichter vaskulärer Demenz

In der vorliegenden Arbeit wurden erstmalig die Effekte anodaler transkranieller Gleichstromstimulation des linken dorsolateralen Präfrontalkortex auf kognitive Teilleistungen wie Arbeitsgedächtnis, Aufmerksamkeit und frontale Exekutivfunktionen bei Patienten mit leichter vaskulären Demenz untersuch...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: André, Sebastian Lucien
Beteiligte: Mylius, Veit (Pr. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2020
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:In der vorliegenden Arbeit wurden erstmalig die Effekte anodaler transkranieller Gleichstromstimulation des linken dorsolateralen Präfrontalkortex auf kognitive Teilleistungen wie Arbeitsgedächtnis, Aufmerksamkeit und frontale Exekutivfunktionen bei Patienten mit leichter vaskulären Demenz untersucht. Es wurden 21 Patienten in einer randomisierten, einfach verblindeten, placebokontrollierten Studie eingeschlossen. Die Einnahme antidementiver Medikamente war zugelassen. Die Diagnose „vaskuläre Demenz“ wurde anhand der Kriterien des „National Institute of Neurological Disorders and Stroke“ und der „Association Internationale pour la Recherche et l’Enseignement en Neurosciences“ vorgenommen. Als Voruntersuchungen wurden der „Mini-Mental-Status Test“ und die „geriatrische Depressionsskala“ verwendet. Die Probanden erhielten an vier aufeinanderfolgenden Tagen eine 20 minütige anodale Gleichstromstimulation des linken dorsolateralen Präfrontalkortex mit 2 Milliampere. Die Positionierung der Stimulationselektrode erfolgte auf Position F3 des elektroenzephalographischen 10-20 Systems. Die Kathode wurde über der kontralateralen Orbita platziert. Die Placebostimulation folgte demselben Studienprotokoll wie die Verumstimulation. Die kognitiven Testungen fanden vor und nach der ersten Stimulation, nach der letzten Stimulation und zwei Wochen nach Stimulationsende statt. Es wurden ein 2-back Test, ein Go/NoGo Test, ein Bildertest sowie, zur Betrachtung der kognitiven Gesamtleistung und des klinischen Verlaufs, der kognitive Teil der „Alzheimer’s Disease Assessment Scale“ durchgeführt. Als Selbstbeurteilungsinstrument der klinischen Zustandsänderungen fand der „Clinical Global Impression-Improvement“ Test Anwendung. In der deskriptiven Statistik zeigten sich keine Gruppenunterschiede bezüglich Alter, Punkte im Mini-Mental-Status Test und der geriatrischen Depressionsskala. Die statistische Auswertung erfolgte bei der 2-back Aufgabe, dem Bildertest und der Alzheimer’s Disease Assessment Scale durch Varianzanalysen mit Messwiederholung und entsprechenden Post-hoc Tests. Der Go/NoGo Test wurde aufgrund von nicht normalverteilten Variablen mit dem nicht-parametrischen Friedmann Test ausgewertet. Im Bildertest zeigte sich zwei Wochen nach Stimulation eine signifikante Zunahme der wiedererkannten Bilder bei der Verumgruppe im Vergleich zur Placebogruppe. In der 2-back Aufgabe sowie im Go/NoGo Test zeigten sich nur in der Verumgruppe verkürzte Reaktionszeiten, die im Go/NoGo Test auch zwei Wochen nach Stimulationsende noch nachweisbar waren. In der Alzheimer’s Disease Assessment Scale verbesserten sich beide Gruppen ungefähr im gleichen Umfang. Im Clinical Global Impression Test fanden sich minimale subjektive Verbesserungen, ebenfalls bei beiden Stimulationsmodalitäten. Zusammenfassend kann man bei anodaler Gleichstromstimulation eine Verbesserung in den kognitiven Teilfunktionen visuelle Wiedererkennung, Aufmerksamkeit und exekutiven Funktionen erkennen. Es verbesserten sich in den Tests insbesondere die Reaktionszeiten, was sich möglicherweise auch durch die Hauptsymptome der vaskulären Demenz, die psychomotorische Verlangsamung und eingeschränkten Exekutivfunktionen erklären lässt. Limitierend an dieser Studie war, dass sie einfach verblindet durchgeführt wurde, sowie die mit 21 Probanden recht kleine Anzahl an Studienteilnehmern. Die Verbesserungen im kognitiven Teil der Alzheimer’s Disease Assessment Scale können als möglicher Trainingseffekt aufgrund von mehrmaliger Testung im Studienverlauf gedeutet werden. Es wurde in dieser Studie jedoch kein gezieltes kognitives Training durchgeführt, was die Interpretation der Studie bezüglich eines möglichen kognitiven Trainingseffektes einschränkt. Weitere Studien könnten die gleichzeitige Anwendung von transkranieller Gleichstromstimulation und kognitivem Training bei Patienten mit vaskulärer Demenz untersuchen. Diese erste Studie mit transkranieller Gleichstromstimulation, die mit Patientin mit vaskulärer Demenz durchgeführt wurde, konnte zeigen dass die Methode auch bei dieser Erkrankung zu Verbesserungen in kognitiven Tests führen kann. Die transkranielle Gleichstromstimulation, die in dieser Arbeit bei den Patienten zu Hause durchgeführt wurde, zeichnet sich durch eine relativ einfache Anwendbarkeit und vielversprechende Studienergebnisse aus und ist ein Ansatz mit viel Potential für die Verbesserung der therapeutischen Möglichkeiten bei neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen. Bis zur breiten klinischen Anwendung bei Patienten mit kognitiven Beeinträchtigungen bleiben Fragen zur optimalen Stimulations- und Testmethodik offen. Diese können in Studien mit größerer Teilnehmerzahl anhand der vorliegenden vielversprechenden Ergebnisse auch bei vaskulärer Demenz weiter untersucht werden.
Umfang:103 Seiten
DOI:10.17192/z2020.0364