Matratzen im Krankenhaus - Grad der bakteriellen Kontamination und Potential von Abstandsgewirken aus hygienischer Sicht

Nosokomiale Infektionen sind ein weltweites Problem mit einer Prävalenz von 7,6 bis 10,1 %. Hieraus ergeben sich negative Auswirkungen für die Patienten insbesondere hinsichtlich Hospitalisierungsdauer und Mortalität. Eine Quelle nosokomialer Infektionen im Krankenhaus sind insbesondere die Patient...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Pipho, Alexander
Beteiligte: Mutters, Reinier (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2020
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Nosokomiale Infektionen sind ein weltweites Problem mit einer Prävalenz von 7,6 bis 10,1 %. Hieraus ergeben sich negative Auswirkungen für die Patienten insbesondere hinsichtlich Hospitalisierungsdauer und Mortalität. Eine Quelle nosokomialer Infektionen im Krankenhaus sind insbesondere die Patienten-betten, mit deren Oberfläche der Patient vergleichsweise häufigen und langen Kontakt hat. Das Ziel dieser Arbeit war es herauszufinden, welches Risiko von Matratzen-Encasings und den Matratzen selbst ausgeht. Zudem wurde untersucht, ob ein Ab-standsgewirke das Infektionsrisiko für Patienten verringern kann. Im ersten Teil der Untersuchung wurden dafür Abstriche von Encasings und Matratzen-oberflächen durchgeführt. Diese wurden dann im Labor auf mikrobiologisches Wachs-tum bebrütet. Nach Auswertung konnte somit ein Überblick über die aktuelle bakterielle Kontamination im laufenden Betrieb geschaffen. Mit diesem Vorgehen wurde dann zusätzlich untersucht, welche mikrobiologische Be-lastung auf Krankenhausmatratzen und auf den Encasings nach regulärer Endreinigung verbleibt. Darauf aufbauend sollte die Effektivität der Endreingung im direkten Ver-gleich einer Matratze und eines Encasings vor und nach Desinfektion bestimmt werden. Diese Untersuchung erbrachte jedoch keine aussagekräftigen Ergebnisse. In der Auswertung ergab sich, dass nur 65,3 % der Matratzen und 1,8 % der Encasings frei von Bakterien waren. In 9,1 % der Encasings und 2,5 % der Matratzen konnten Bakterien mit einer gesteigerten Pathogenität gegenüber Menschen nachgewiesen wer-den. Vergleichend zu den 1,8 % Bakterien-freien Encasings fanden sich 35,5 % Bakterien-freie Abstandsgewirke. Außerdem waren nur auf 3,2 % der Abstandsgewirke Bakterien mit erhöhter Pathogenität gegenüber Menschen nachweisbar. Das zentrale Problem von verbleibenden Bakterien auf den Encasings und im Matrat-zenkern, bei einer nicht optimalen Integritätskontrolle der Encasings, könnte ein Teilas-pekt der Erklärung sein. Eine Untersuchung der Dichtigkeit gegenüber Flüssigkeiten und Pathogenen unter Laborbedingungen nach verschiedenen Alterskategorien (z.B. Encasing im 1., 2., 4., 6. und 8. Jahr) wäre hier sehr aufschlussreich. Zudem wäre die Evaluierung wichtig, ob es sich bei den gefundenen Hautkeimen um solche der Mitar-beiter handelt, die während des Aufbereitungsvorgangs aufgebracht wurden oder trotz Aufbereitungsmaßnahmen vom Patienten stammen. Dazu könnten die bakteriellen Stämme des Personals mit den auf dem Encasing befindlichen verglichen werden. Klar formulierte und gut etablierten Handlungsanweisungen als Voraussetzung für die manuelle Aufbereitung könnten zur Verbesserung der Ergebnisqualität beitragen, sodass die Leitung der Bettenaufbe-reitungen Ihre Anstrengungen eine einheitliche und gut verständliche Handlungsanwei-sungen zu erarbeiten beibehalten und möglichst zeitnah umsetzen sollten. Als Grundlage sollte die von der Hygieneabteilung herausgegebene Handlungsanweisung dienen, die sich nah an der S1-Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizini-schen Fachgesellschaften orientiert. Mit dieser Vorgehensweise könnte der optische Zu-stand der Kerne verbessert werden und im Zuge dessen wahrscheinlich auch der hygie-nische Zustand. Die Handlungsanweisungen sollten zudem in regelmäßigen Intervallen stattfindende optische und mikrobiologische Stichproben beinhalten. Auf die Frage, inwiefern Abstandsgewirke einen Beitrag zu einer hygienischeren Patien-tenversorgung leisten können, lässt sich mit der aktuellen Untersuchung bestätigen, dass diese deutlich häufiger keimfrei und nur selten mit Problemkeimen behaftet sind. Folg-lich ist eine Nutzung der Abstandsgewirke als hygienisch weniger problematische Fläche des direkten Patientenkontakts zu befürworten. Was in dieser Untersuchung nicht unter-sucht wurde, ist der direkte Nutzen für den Patienten. Die Abstandsgewirke sollten im Rahmen einer größer angelegten Studie, am besten im Rahmen einer Interventionsstu-die, unter anderem auf die Parameter Häufigkeit nosokomialer Infektionen, Kolonisie-rungsereignisse, Mortalität und Liegedauer hin untersucht werden. Im Rahmen dieser Arbeit zeigte sich zudem, dass es bis heute keine Empfehlungen hin-sichtlich der am besten zu verwendenden Desinfektionsmittel auf Encasings gibt. Eine Untersuchung verschiedener Wirkstoffe unter praxisnahen Bedingungen im Kranken-haus wäre wünschenswert. Zusammenfassend lässt sich aus der Untersuchung ableiten, dass Abstandsgewirke zur Patientensicherheit mittels verbesserter hygienischer Zustände beitragen können. Auf Grund der weniger oft nachgewiesenen Bakterien, insbesondere von Problemkeimen, ist anzunehmen, dass hierdurch die Rate an nosokomialen Infektionen verringert werden kann. Mit den aktuellen Daten lässt sich diese Aussage jedoch noch nicht abschließend beweisen, sodass weitere Untersuchungen mit dem Schwerpunkt auf Patienten-zentrierte Endpunkte wie Entwicklung der Rate an nosokomialen Infektionen, Entwick-lung der Mortalität und Dauer des Krankenhausaufenthaltes durch Implementierung der Abstandsgewirke nötig sind. Dies sollte am besten im Rahmen von randomisierten und doppelblinden Studien erfolgen.
Umfang:114 Seiten
DOI:10.17192/z2020.0205